Deutschland gehört zu den sichersten Ländern der Welt. Damit dies so bleibt, setzen wir uns im Bundesministerium des Innern und für Heimat und in seinen Geschäftsbereichsbehörden intensiv mit den Gefahren auseinander, vor denen unsere Gesellschaft steht und vor denen sie in den nächsten Jahren stehen wird. Dazu zählt insbesondere die Bedrohung unserer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft durch den Terrorismus und Extremismus - sowohl im Bereich des islamistischen Extremismus, des Linksextremismus, der Reichsbürger und Selbstverwalter, der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates als auch des Rechtsextremismus.

  • Wie viele Extremisten gibt es laut Verfassungsschutzbericht 2023 in Deutschland?

  • 37.000

    Linksextremisten

  • 40.600

    Rechtsextremisten

  • 27.200

    Islamisten

  • davon

    11.200

    gewaltorientierte Linksextremisten

  • davon

    14.500

    gewaltorientierte Rechtsextremisten

  • davon

    10.500

    Salafisten

Wie kommt es zur Radikalisierung?

Radikalisierungen verlaufen individuell unterschiedlich, es gibt kein einheitliches Muster. Ein zentrales Element sind Überforderungen beziehungsweise die mangelhafte Bewältigung von altersphasentypischen Entwicklungsaufgaben. Betroffene Personen haben beispielsweise Schwierigkeiten mit sozialen Bindungen (Freunden/Eltern/Lehrern) oder haben keine belastbaren Bewältigungsstrategien gelernt.

Um Radikalisierungsentwicklungen besser verstehen zu können fördert das Bundesministerium des Innern und für Heimat zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung das phänomenübergreifende Forschungsprojekt Monitoringsystem und Transferplattform Radikalisierung (MOTRA). Das Projekt wird durch ein Konsortium durchgeführt, wobei das Bundeskriminalamt (BKA) koordiniert.

Präventions- und Aufklärungsarbeit

Dem Terrorismus und dem Extremismus nachhaltig zu begegnen, erfordert konsequentes Handeln der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern. Das allein reicht aber nicht aus: Wir müssen tätig werden, bevor Menschen Gewalt als Handlungsoption ansehen. Im Sinne eines ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes setzen Bund und Länder daher auch auf Maßnahmen der Prävention und Deradikalisierung. Solche Maßnahmen leisten einen wichtigen Beitrag, um Radikalisierungen zu verhindern oder radikalisierten Menschen ein Angebot zurück in die Gesellschaft zu unterbreiten. Vor allem junge Menschen müssen vor dem Abgleiten in die Radikalität und Extremismus bewahrt werden.

Bund und Länder setzen auf einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz und die Förderung zivilgesellschaftlicher Initiativen. Dabei ist es wichtig, lokal anzusetzen und den Betroffenen in ihrem persönlichen Lebensumfeld Hilfestellung und Rat anzubieten.

Präventions­maß­nahmen im Bereich Rechtsextremismus

Von zentraler Bedeutung ist die gesamt­gesell­schaftliche Anstrengung zur Ächtung rassistischer, antisemitischer und fremden­feind­licher Positionen und Aktionen. Das große zivil­gesell­schaftliche Engagement gegen Rechts­extremismus wird durch eine Vielzahl von Initiativen belegt.

Die Bundesregierung unterstützt im Rahmen verschiedener Bundesprogramme bürgerschaftliches Engagement für demokratische Werte und gegen extremistische Einflüsse in der Gesellschaft.

  1. So fördert das BMI mit dem Bundesprogramm "Zusammenhalt durch Teilhabe" die Arbeit von Verbänden und Vereinen in ländlichen oder strukturschwachen Gebieten der Bundesrepublik.
  2. Zivilgesellschaftliches Engagement wird auch durch weitere Aktivitäten und Fördermöglichkeiten der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) unterstützt

Innerhalb des Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) gibt es die "AG Deradikalisierung". Diese dient den beteiligten Behörden aus Bund und Ländern als Plattform für einen Austausch zu den Themen Prävention und Deradikalisierung

Verschwörungsideologien entkräften, Radikalisierung vorbeugen

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) haben ein gemeinsames Projekt zur Weiterentwicklung der Prävention von sowie Beratung zu Verschwörungsideologien im Zusammenhang mit extremistischen Einstellungen gestartet. Umgesetzt wird es seit dem 1. März 2024 durch einen Trägerverbund bestehend aus Violence Prevention Network, Amadeu Antonio Stiftung und modus – Zentrum für angewandte Deradikalisierungsforschung.

Zunächst wird eine Bestandsaufnahme der bestehenden Angebote unternommen werden, mit dem Ziel ein möglichst klares Bild der Anforderungen und Herausforderungen zu erhalten. Das Projekt soll zudem die Vernetzung der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Beratungs- und Informationsangebote fördern. Unter den relevanten Akteuren im Themenfeld soll ein steter Austausch und Wissenstransfer sichergestellt werden, der sich an dem neuesten Stand der Wissenschaft orientiert und den Austausch über Qualitätsstandards einschließt. Danach soll eine bundesweit erreichbare Anlaufstelle für Betroffene und insbesondere deren soziales Umfeld entstehen, die Hinweise gibt und Kontakte vermittelt.

Prävention und Deradikalisierung im Bereich des islamistischen Extremismus

Das BMI engagiert sich seit Jahren intensiv in den Themen Prävention und Deradikalisierung im Phänomenbereich islamistischer Extremismus. Grundlage ist die Überzeugung, dass der Kampf gegen den Terrorismus und Extremismus nicht allein mit sicherheitsbehördlichen Mitteln gewonnen werden kann. Maßnahmen der Prävention und Deradikalisierung sind fester Bestandteil unseres ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes.

Die Bundesregierung hat dieses Verständnis im Koalitionsvertrag für die neue Legislaturperiode bekräftigt und tritt sämtlichen Formen des Extremismus entschieden entgegen. Bei der Bekämpfung spielen Prävention und Deradikalisierungsprogramme eine entscheidende Rolle.

In Anbetracht der hohen Dynamik, in der islamistische Akteure und Gruppierungen ihre Mittel und Methoden weiterentwickeln, ist es essentiell, Ansätze der Deradikalisierungsarbeit kontinuierlich anzupassen. Praxisnaher Forschung kommt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Bedeutung zu. Das Bundesministerium des Innern, und für Heimat (BMI) hat sich, mit seinem Geschäftsbereich, in den vergangenen Jahren und in enger Abstimmung mit den Ländern als zentraler Dienstleister und Innovationstreiber in der Deradikalisierung im Phänomenbereich Islamismus etabliert. Über die Beratungsstelle Radikalisierung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hat das BMI ein bundesweites Grundangebot an Beratung, die Infrastruktur und eine bundesweite Plattform zum Informations- und Erfahrungsaustausch sowohl zwischen den zivilgesellschaftlichen und staatlichen Beratungsstellen als auch zwischen den Ländern geschaffen. Der Bund vernetzt, koordiniert, unterstützt und initiiert Maßnahmen der stetigen Weiterentwicklung der Deradikalisierungsarbeit (durch Projektförderung). 

Das BMI und sein Geschäftsbereich sind bei der Islamismusprävention mit allen relevanten Ebenen vernetzt. So ist im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Geschäftsstelle der Arbeitsgruppe Deradikalisierung (AG Derad) des Gemeinsamen Terrorismus Abwehrzentrum von Bund und Ländern (GTAZ) verortet. Die AG Derad dient als Kommunikations- und Kooperationsplattform für behördliche Expertinnen und Experten des Bundes und der Länder der Weiterentwicklung von Konzepten und operativen Handlungsansätzen mit Bezug zu Deradikalisierung sowie der Stärkung des praxisnahen Erfahrungs- und Informationsaustauschs.“

Aussteigerprogramme

Ergänzend zu den oben genannten Präventionsmaßnahmen gibt es sogenannte Aussteigerprogramme. Diese bieten Hilfesuchende eine Vielzahl individueller und unterstützender Maßnahmen, mit dem Ziel, den Ausstieg aus der extremistischen Szene zu fördern und zu begleiten. Grundlegend ist hierfür die Bereitschaft des oder der Ausstiegswilligen, im Rahmen des Programms tatsächlich aus der extremistischen Szene auszusteigen.

Seit 2001 gibt es ein Aussteigerprogramm, in dem Experten Ausstiegswillige aus dem Rechtsextremismus beraten und betreuen. Das Programm richtet sich an Menschen, die in den Einflussbereich rechtsextremistischer Gruppierungen geraten sind und sich daraus lösen wollen, dies aber aus eigener Kraft nicht schaffen. Durch den Aktionsplan gegen Rechtsextremismus wurde das Aussteigerprogramm um den Phänomenbereich der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates erweitert.

Ein solches Aussteigerprogramm gibt es auch für den Bereich Linksextremismus. Dies bietet hilfesuchenden Personen eine Vielzahl von unterstützenden Maßnahmen an, um sich aus dem linksextremistischen, insbesondere gewaltbereiten Umfeld zu lösen.

Stand: 02.09.2024