Parlamentarischer Abend "Vereint in polarisierten Zeiten. Im Austausch für die wehrhafte Demokratie in ländlichen Räumen"

Typ: Rede , Datum: 19.02.2024

Grußwort von Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

  • Ort

    Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung (EWDE), Caroline-Michaelis-Str. 1, Berlin

  • Rednerin oder Redner

    Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

Es gilt das gesprochene Wort.

Lieber Herr Schuch,
liebe Frau Mandrysch,
lieber Micha Müller,
lieber Herr Lagemann,
lieber Herr Patzelt,
lieber Herr Ratschinski,
sehr geehrte Abgeordnete,
lieber Thomas Krüger,
liebe Gäste,

ich freue mich sehr, hier bei Ihnen zu sein und über das zu sprechen, was uns zusammenbringt und zusammenhält. Und über "Zusammenhalt durch Teilhabe", das Programm, das uns alle verbindet: Sie als koordinierende Träger, mein Ressort und mich, als Ministerin.

Vor allem freue ich mich, dass wir die Mittel für dieses wichtige Programm im Haushalt verstetigen konnten: "Zusammenhalt durch Teilhabe" bleibt das zentrale BMI-Programm für demokratische Teilhabe und gegen Extremismus in ländlichen und strukturschwachen Gegenden.

Denn gerade dort, wo gesellschaftliches Engagement es schwer hat, braucht es starke Partner, die für die Werte unseres Gemeinwesens einstehen. Partner, die als Leuchttürme vor Ort sichtbar machen, wie Demokratie konkret vermittelt und gelebt werden kann!

Mit Ihrer Arbeit sorgen Sie dafür, dass es diese Partner überall in unserem Land gibt! Indem Sie Richtung geben und vernetzen, indem Sie Entwicklungen anstoßen und unterstützen, indem Sie informieren und qualifizieren, sensibilisieren und motivieren. Mit Workshops, Events und Vernetzungstreffen, mit gemeinsamer Öffentlichkeitsarbeit und vielfältigen Weiterbildungsangeboten. Ich danke Ihnen für die jahrelange, wichtige und sicher nicht immer ganz einfache Arbeit.

Aktuell wird in ganz Deutschland sichtbar, wie viele Menschen sich für unsere Demokratie engagieren. Indem sie für unsere freiheitliche und demokratische Verfassung auf die Straße gehen. In Ost- und West, in Stadt und Land – getragen von unterschiedlichsten Teilen unserer Gesellschaft!

Dass jetzt gerade auch dort Menschen Flagge zeigen, wo allzu oft die Rechtsextremisten die Straße für sich reklamiert haben, ist ein beeindruckendes Signal und verdient unseren größten Respekt! Ich bin dafür sehr dankbar!

Und es zeigt auch, wie wichtig Programme wie "Zusammenhalt durch Teilhabe" sind – und die Menschen, die diese Programme mit ihrem Engagement tragen.

Denn unsere Demokratie steht unter Druck. Und das vor allem dort, wo gesellschaftliche Umbrüche die Menschen verunsichern. So wie in vielen ländlichen und strukturschwachen Räumen.

Rechtsextremisten nutzen diese Verunsicherung, um Ängste zu schüren und Hass zu säen, unsere Gesellschaft zu spalten, um Menschen auszugrenzen und gegeneinander aufhetzen. Es ist entscheidend, dass wir sie damit nicht durchkommen lassen! Dass wir die demokratischen Grundsätze verteidigen, auf denen unser Gemeinwesen fußt, dass wir alle Mittel der wehrhaften Demokratie mobilisieren, um sie zu bekämpfen.

Das schaffen Staat und Zivilgesellschaft nur gemeinsam.

Wir brauchen überall in Deutschland überzeugte Demokratinnen und Demokraten! Und deshalb ist der Beitrag so wichtig, den Ihre Verbände im Rahmen von „Zusammenhalt durch Teilhabe“ leisten – mit den von Ihnen ausgebildeten Demokratieberaterinnen und -beratern. Sie beziehen klar Position gegen Rechtsextremismus und Verschwörungsideologien. Sie setzen Beispiele, die Schule machen:

Wenn in der freiwilligen Feuerwehr jemand ist, der bei Nazisprüchen widerspricht.

Wenn im Verein jemand Stopp sagt, sobald über Homosexualität gewitzelt wird. Und auch, wenn innovative Projekte Brücken der Verständigung schlagen: Wie zum Beispiel die Caritas Münster, die Synagogenführungen anbietet und Menschen ins Gespräch mit jüdischen Gemeindemitgliedern bringt.

Demokratische Kultur wächst überall, wo sie gelebt und gepflegt wird. Auch demokratische Streitkultur. Sie zu fördern, ist deshalb ein wichtiger Punkt meines Aktionsplans gegen Rechtsextremismus. Ich habe ihn bereits im Frühjahr 2022 auf den Weg gebracht habe. Wir bekämpfen Rechtsextremismus ganzheitlich – präventiv und repressiv, mit den Mitteln politischer Bildung, mit Demokratieförderung, mit allem, was unseren Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden zur Verfügung steht.

Erst in der vergangenen Woche haben wir dazu ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgestellt. Es beinhaltet dreizehn Punkte: Zum Beispiel gehen wir verstärkt gegen die Finanzierungsquellen der extremen Rechten vor, wir stören ihre Vernetzungsarbeit und arbeiten daran, die Szene konsequent zu entwaffnen.

Wir investieren in den Kampf gegen Desinformations-Kampagnen – unter anderem mit einer Früherkennungseinheit, die mein Ministerium für die Bundesregierung aufbaut. Und wir schaffen eine Ansprechstelle für kommunale Amts- und Mandatsträger. Denn auch sie werden immer öfter von Rechtsextremisten gegängelt, bedroht und angegriffen. Sie brauchen – wie alle, die zum Ziel rechtsextremistischer Bedrohungen werden, die Unterstützung des Staates.

Genau wie die Zivilgesellschaft, die sich gegen Extremismus einsetzt. Darum haben wir als Bundesregierung das Demokratiefördergesetz eingebracht.

Es soll sicherstellen, dass Projekte zur Demokratieförderung verlässlich und bedarfsgerecht gefördert werden können. Denn die Menschen, die sich auf diesem wichtigen Feld engagieren, brauchen für ihre Arbeit Planungssicherheit! Deshalb ist es aus meiner Sicht unabdingbar, dass das   Demokratiefördergesetz endlich auch im Deutschen Bundestag beschlossen wird!

Ich habe großes Vertrauen ins Parlament, denn mit dem jüngst verabschiedeten Bundeshaushalt haben die Abgeordneten der Koalition klar Haltung gezeigt und unterstrichen: Trotz aller Sparzwänge werden die Programme zur Demokratieförderung fortgeführt. BMI und die Bundeszentrale für politische Bildung können die Vorhaben zur Stärkung der wehrhaften Demokratie, zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und zur Auseinandersetzung mit Verschwörungstheorien und Desinformation in gleicher Stärke wie bislang fortführen.

Niemand von uns kann in die Zukunft sehen. Aber ich bin sicher, dass es auch in den kommenden Jahren einen großen Bedarf für Demokratieförderung und politische Bildung geben wird. Sicher bin ich auch, dass das, was bisher geleistet wurde, gute Früchte trägt. "Zusammenhalt durch Teilhabe" lässt Gemeinschaft wachsen und das ganz konkret: Wenn zum Beispiel die freiwillige Feuerwehr – wie in Bad Hersfeld – mit der türkischen Gemeinde zusammenarbeitet oder sich – wie in Rüsselsheim – an interkulturellen Festen beteiligt.

Meine Damen und Herren,

dieser Abend ist eine gute Gelegenheit für Gespräche. Über Ihre Arbeit und was Sie brauchen, um sie auch in Zukunft erfolgreich zu leisten. Jedes dieser Projekte macht uns als Gesellschaft stärker. Danke dafür! Ich freue mich sehr auf den Austausch.