Plenardebatte zur 1. Lesung des "Gesetzes zur besseren Rückführung"
Rede 30.11.2023
Rede von Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser
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Ort
Deutscher Bundestag
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Rednerin oder Redner
Bundesinnenministerin Nancy Faeser
Es gilt das gesprochene Wort.
Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
Deutschland hat eine erstaunliche Entwicklung gemacht. Von der Nation, die zwei Weltkriege und millionenfaches Leid verantwortete – hin zu einem Land, in dem Menschen Schutz suchen vor Krieg und Terror. Ein Land, das sich weltweit für Frieden einsetzt. Ein solidarisches Land.
Damit wir dieses Land sein können, braucht es klare Regeln und Gesetze. Regeln, die angewendet werden. Gesetze, die befolgt und kontrolliert werden. Dazu gehört auch, dass diejenigen, die in Deutschland kein Bleiberecht haben, unser Land wieder verlassen müssen – schnell und zuverlässig. Das ist eine der Voraussetzung dafür, dass Migration in der Gesellschaft insgesamt akzeptiert wird.
Deshalb haben wir bereits spürbar gehandelt: Die Zahl der Abschiebungen ist in diesem Jahr schon um 27 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Dennoch gibt es weiter erheblichen Änderungsbedarf. Denn dass Ausreisepflichtige Deutschland verlassen müssen, ist eine Selbstverständlichkeit. Eigentlich. Doch in der Praxis gibt es immer wieder Schwierigkeiten, diese Selbstverständlichkeit umzusetzen – das ist übrigens auch in vielen anderen europäischen Staaten der Fall. Deshalb beraten wir heute das umfangreichste Gesetz zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen von Rückführungen, das eine Bundesregierung jemals vorgelegt hat. Mit diesem Gesetz schaffen wir die notwendigen Voraussetzungen, um Ausweisungen und Rückführungen konsequent umzusetzen.
Konkret vorgesehen ist, den Ausreisegewahrsam von 10 auf 28 Tage zu verlängern, um den Behörden mehr Zeit für die Abschiebung zu geben. Ebenfalls vorgesehen ist, Straftäter und Gefährder konsequenter und schneller abzuschieben. Das gilt besonders für die Organisierte Kriminalität. Dafür erleichtern wir die Möglichkeit, Mitglieder krimineller Vereinigungen auszuweisen. Denn wer in kriminellen Netzwerken operiert, muss die Folgen spüren. Auch was das Aufenthaltsrecht angeht. Der Rechtsstaat darf sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen.
Das gilt umso mehr im Umgang mit dem islamistischen Terrorismus und seinen Unterstützern. Sie müssen wir besonders scharf ins Visier nehmen, gerade angesichts der entsetzlichen Hamas-Morde vom 7. Oktober. Ich will es auch heute noch einmal deutlich sagen: Wer Verbrechen und Terrorakte bejubelt, wer jüdisches Leben bedroht, wer Israels Existenz- und ja, auch Israels Selbstverteidigungsrecht bestreitet, stellt sich gegen die Grundwerte unserer Verfassung und gegen die Staatsräson unseres Landes! Wir werden den Kampf gegen Antisemitismus deshalb weiter mit aller Härte führen und auch die notwendigen rechtlichen Konsequenzen ziehen.
Um Rückführungen und Abschiebungen effektiver durchführen zu können, müssen wir verhindern, dass Ausreisepflichtige untertauchen. Deshalb schaffen wir – unter strengen, rechtsstaatlichen Voraussetzungen – zusätzliche Möglichkeiten, Wohnungen und auch Gemeinschaftsunterkünfte zu betreten und zu durchsuchen.
Wir wollen verhindern, dass Abschiebungen scheitern, indem geltendes Recht missbraucht wird. Etwa durch offensichtlich aussichtslose Asylfolgeanträge. Zukünftig genügt – selbstverständlich nach sorgfältiger Prüfung – die Mitteilung des BAMF, dass es kein weiteres Asylverfahren geben wird, um eine Abschiebung durchzuführen.
Das Gesetz zielt zudem darauf ab, Schleuser härter zu bestrafen und auszuweisen: Diesem menschenverachtenden Geschäft werden wir einen Riegel vorschieben! Wenn Schleuser mindestens zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurden, wiegt das Ausweisungsinteresse künftig besonders schwer. Eine Abschiebung wird dann leichter. Auch das Strafmaß bei Schleusungsdelikten wird erhöht. Und wir schließen eine Regelungslücke: Künftig soll auch die Schleusung von Kindern strafbar sein. All diese Maßnahmen sind nötig, um irreguläre Migration wirksam zu begrenzen.
Sie sind aber auch nötig, um das individuelle Grundrecht auf Asyl zu schützen, meine Damen und Herren!
Dieses Recht wollen wir bewahren. Und jene, die ein Recht auf Asyl in Deutschland haben, wollen wir gut in unsere Gesellschaft integrieren. Dafür stärken wir die Integrationskurse. Dafür wollen wir Asylsuchenden und Geduldeten einen früheren und leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen. Frühestens nach drei und spätestens nach sechs Monaten in Deutschland soll es möglich sein, eine Arbeit aufzunehmen. Auch geduldeten Menschen sollen künftig im Regelfall eine Beschäftigungserlaubnis bekommen. Denn Arbeit ist ein entscheidender Faktor für Integration.
Meine Damen und Herren,
der Bund muss einen rechtlichen Rahmen schaffen, der es den Ländern ermöglicht, Rückführungen möglichst effektiv zu vollziehen. Als wir den vorliegenden Gesetzesentwurf erstellt haben, sind wir deshalb von Anfang an umfassend darauf eingegangen, was Länder und Kommunen brauchen. Wir haben sie frühzeitig und intensiv eingebunden. Und ich möchte mich herzlich bei allen bedanken, die an diesem wichtigen Gesetzesvorhaben mitgewirkt haben!
Meine Damen und Herren,
ich bin überzeugt: Wenn wir Schutzsuchenden auch in Zukunft helfen wollen, müssen wir die Rechtsordnung schützen, die uns das ermöglicht. Wer kein Recht hat zu bleiben, muss Deutschland wieder verlassen. Diesen Grundsatz müssen wir durchsetzen können. Denn andernfalls überfordern wir unser Gemeinwesen und schaden den berechtigten Anliegen jener, die wirklich unseren Schutz brauchen.
Meine Damen und Herren,
ich bitte um Unterstützung des vorliegenden Gesetzes.
Vielen Dank.