Taufe des Bundespolizeischiffes BP 84 "NEUSTADT"
Rede 10.06.2023
Rede der Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser
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Ort
Kreuzfahrt Terminal Warnemünde
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Rednerin oder Redner
Bundesinnenministerin Nancy Faeser
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Schwesig, liebe Manuela,
sehr geehrte Abgeordnete,
sehr geehrter Herr Amtskollege Pegel,
sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin von Rostock-Warnemünde, Kröger,
sehr geehrter Herr Bürgermeister der künftigen Namenspatin Neustadt in Holstein, Spiekermann.
Stellvertretend für die Bundespolizei begrüße ich ihren Präsidenten Herrn Dr. Romann, und den Präsidenten der Direktion Bad Bramstedt, Herrn Kriesamer, in dessen Verantwortungsbereich das Schiff zukünftig eingesetzt wird. Ich begrüße außerdem herzlich Herrn Harald Fassmer, von dessen Firma das Schiff gebaut wurde.
Besonders herzlich begrüße ich die künftige Besatzung der BP 84 mit ihrem Kommandanten, dem Ersten Polizeihauptkommissar Lange!
Ich freue mich sehr, dass wir zu diesem freudigen Anlass hier im Kreuzfahrt-Terminal Warnemünde zusammengekommen sind.
Die Ostsee gehört insgesamt zu den am meisten befahrenen Seegebieten der Welt.
Immer schon war der Ostsee-Raum geopolitisch bedeutsam. Aber seit dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine ist die Ostsee zu einem geopolitischen Hotspot geworden.
Immer mehr verschwimmen die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit.
Wir beschäftigen uns seit Beginn des Krieges intensiv mit Fragen, die bisher kaum aus sicherheitspolitischem Blickwinkel betrachtet wurden: mit Fragen der Energiesicherheit, dem Schutz unserer Handels- und Wirtschaftsstandorte, mit Sabotage und mit zielgerichteter Beeinflussung ganzer Gesellschaften im Informations- und Cyberraum.
In dieser weltpolitischen Lage ist der gesamte maritime Raum verwundbarer geworden – und das gilt wegen ihrer geographischen Lage insbesondere für die Ostsee.
Sehr deutlich haben wir das im letzten Jahr gesehen. Nach der Pipeline-Sabotage haben wir deshalb den Schutz unserer maritimen Infrastrukturen weiter verstärkt: Die Bundespolizei zeigt auf See mit sämtlichen verfügbaren Kräften und Schiffen Präsenz. Alles, was schwimmen kann, ist auf dem Wasser – im Dienste der Sicherheit unseres Landes!
Grenzschutz auf See - das bedeutet auch internationale Zusammenarbeit. Unsere 888 Kilometer lange Seegrenze ist zugleich eine Schengen-Außengrenze der EU. Um diese Grenze zu schützen, arbeitet die Bundespolizei See eng mit den Niederlanden, Dänemark und Polen zusammen. Sie verhindert unerlaubte Einreisen, sie bekämpft Schlepper- und Schleuserkriminalität.
Die Bundespolizei See nimmt aber noch weitaus mehr Aufgaben wahr:
Sie überwacht die Ausschließliche Wirtschaftszone auf Nord- und Ostsee.
Sie ermittelt bei Straftaten und Unfällen auf See und auf Offshore-Windanlagen.
Sie ermittelt bei Verstößen gegen den Umweltschutz.
Und: Seit 2010 bietet die Bundespolizei See im Piraterie-Präventionszentrum auch Austausch und Beratung an, um Piratenüberfälle zu verhindern.
Um all diese wichtigen Aufgaben erfolgreich bewältigen zu können, brauchen unsere Einsatzkräfte die bestmögliche Ausstattung. Deshalb freut es mich sehr, dass wir heute ein neues, hochmodernes Schiff der Potsdam-Klasse in den Dienst stellen können, um den maritimen Raum sicherer zu machen.
Die BP 84 wird das vierte Schiff dieser Klasse sein. Ihre drei Geschwister haben sich bereits erfolgreich bewährt: Der POTSDAM folgten zuerst die BAMBERG und dann die BAD DÜBEN.
Im Jahr 2020 hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der Bundespolizei dann die Mittel bewilligt, um noch ein viertes hochseetaugliches Einsatzschiff anzuschaffen.
Das haben wir unter anderem auch dem Einsatz von Bettina Hagedorn zu verdanken.
Herzlichen Dank, liebe Bettina, dass Du Dich für dieses Schiff persönlich so eingesetzt hast – auch im Namen der Bundespolizei!
Meine Damen und Herren,
die BP 84 wird nicht nur den maritimen Raum sichererer machen. Sie macht auch die Arbeit für ihre Besatzung sicherer.
Denn auf See treffen die menschengemachten Dienstpflichten auf die Naturgewalt des Meeres. Jeder Handgriff muss sitzen, denn davon hängen Menschenleben ab.
Das Team muss eingespielt sein und als Einheit funktionieren.
Oberster Grundsatz der Bundespolizei See ist: "Seeklar zu jeder Zeit". Und bei starkem Seegang gelten erstmal die Gesetze der Natur.
Dann macht es einen großen Unterschied, ob man 66 Meter unter den Füßen hat – wie bei den bisher bei der Bundespolizeiinspektion Neustadt beheimateten Einsatzschiffen der Bad Bramstedt-Klasse – oder die 86 Meter eines Schiffs der Potsdam-Klasse.
Dieses neue Schiff ist deutlich seegängiger. Es macht die Besatzung standfähiger und unabhängiger von Wetterbedingungen.
Sogar die Hubschrauber der Bundespolizei können direkt auf dem Schiff starten und landen. Das ist besonders dann ein gewaltiger Vorteil, wenn es um die Rettung von Menschenleben geht:
Die Einsatzkräfte müssen sich nicht mehr mit der aus Seenot geretteten Person abwinschen .
Für die Nicht-Seeleute unter uns:
Sie müssen sich nicht abseilen, sondern können einfach aus dem Helikopter an Bord gehen.
Um die Sicherheit weiter zu erhöhen, ist die BP 84 wie die anderen Schiffe der Potsdam-Klasse auch mit einer Bordkanone bewaffnet.
Damit sie diese Waffe warten und einsetzen kann, muss die Besatzung zusätzliches Training absolvieren. Mit der Schiffs-Ausstattung steigen also auch die Anforderungen an die Frauen und Männer, die sie bedienen.
Und diese Anforderungen sind ohnehin schon hoch: Deshalb sind Einsatzkräfte der Bundespolizei See nicht nur Polizeibeamtinnen und -beamte.
Sie sind auch Seeleute und haben deshalb auch Schiffstechnik und Nautik gelernt.
Zu den kriminalistischen Aufgaben kommen die vielen zusätzlichen Fähigkeiten, die auf dem Wasser nötig sind.
Um auf See zum Beispiel Menschenleben retten zu können, müssen sie zusätzlich all das können, was an Land die Feuerwehr macht:
Brände löschen, abwinschen, auf Kletterleitern anborden. Ob Feuer im Schiff oder „Mann über Bord“ – die Seeleute der Bundespolizei müssen für jeden erdenklichen Fall gewappnet sein.
Als wahre Allroundtalente sind sie
deshalb außerdem ausgebildet im Sanitätsdienst und im Flugdienst. Manche sind auch Köche. Und weil sie im Ernstfall auch Lecks abdichten können müssen, sind sie sogar auch Zimmerleute. Da fragt man sich als Landratte schon: Gibt es eigentlich etwas, das sie nicht können?
Die Einsatzkräfte der Bundespolizei See sind bei ihrer Arbeit hohen Belastungen ausgesetzt – sie müssen auf plötzliche Gefahrenlagen souverän reagieren, sie müssen mit Leid und Tod umgehen.
Und: sie müssen immer bereit sein, auch für unerwartete Einsätze.
Um für unsere Sicherheit zu sorgen, bringen Bundespolizistinnen und Bundespolizisten große persönliche Opfer.
Denn der Dienst auf See ist kein Zuckerschlecken.
Die Bundespolizei See ist die einzige Polizeibehörde, die 24 Stunden am Tag auf See ist, bis zu sechs Tage am Stück. Zum Wachdienst und den körperlichen Belastungen kommt also auch die Trennung von der Familie.
Man muss angesichts dieser besonderen Beschwerlichkeiten schon eine große Leidenschaft für den Dienst auf See haben, eine große Liebe zu diesen Aufgaben.
550 Polizeivollzugsbeamte zählt der Direktionsbereich See. Was sie in ihrem Berufsalltag leisten, ist außerordentlich. Da kann keine Fernsehserie mithalten, auch wenn "Die Küstenwache" im ZDF sehr unterhaltsam war.
Vor der Arbeit der echten Küstenwache habe ich höchsten Respekt.
Ich danke allen Seeleuten der Bundespolizei von Herzen für Ihren Dienst für unsere Sicherheit! Unser Land ist Ihnen zu großem Dank verpflichtet.
Liebe Bundespolizistinnen und Bundespolizisten,
liebe künftige Besatzung der BP 84,
dieses Schiff, das hier vor uns liegt, ist deshalb vor allem für Sie! Damit Sie Ihre Aufgaben noch besser bewältigen können.
Denn erst eine fähige Besatzung macht ein Schiff wertvoll.
Selbst ein teures Schiff ist nichts ohne die Menschen, die es fahren können. Ohne sie wären es nur Hunderte Tonnen schwerer Stahl – zwar mit beeindruckender Technik an Bord, doch diese Technik muss erst einmal bedient werden. Dafür ist ein enormer Aufwand an Ausbildung und Fortbildung nötig.
Erst durch Sie, liebe Besatzung, durch Ihren Einsatz und Ihre vielen beeindruckenden Fähigkeiten, ist dieses Schiff für unser Land ein Gewinn:
Sie arbeiten mit und auf diesem Schiff, für unsere Sicherheit auf See!
Ich freue mich sehr darauf, dass der Erste Kommandant, Herr Erster Polizeihauptkommissar Lange, uns später noch „sein“ Schiff zeigen wird.
Meine Damen und Herren,
das neue Einsatzschiff soll den Namen NEUSTADT tragen.
Und ich finde, dass sich damit auch ein Kreis schließt zur Geschichte der Bundespolizei See.
Denn der maritime Grenzschutz wurde 1964 auch deshalb neu aufgestellt, um Menschen retten zu können, die übers Meer aus der damaligen DDR flohen.
Dafür hat der damalige Bundesinnenminister Hermann Höcherl mit einem Erlass gesorgt.
Dieser Neuanfang des Bundesgrenzschutzes See fand in Neustadt in Holstein statt. Ein Schiff mit diesem Namen gab es dort auch schon mal: Fünf Jahre später, im Jahre 1969, lief der erste Schiffs-Neubau des Bundesgrenzschutzes See vom Stapel: Die BG 11 - NEUSTADT.
Die damalige NEUSTADT war als Patrouillenboot mit gut 38 Meter Länge und 7 Meter Breite deutlich kleiner als ihre große Schwester.
Trotzdem hatte sie mit 23 Mann Besatzung mehr Personal an Bord als die heutigen Schiffe.
Der Name NEUSTADT hat aber nicht nur historische Bedeutung für die Bundespolizei. Er weist auch von der Gegenwart in die Zukunft.
Denn eben dort, in Neustadt in Holstein, befindet sich neben dem Bundespolizeihafen auch das Maritime Schulungs- und Trainingszentrum der Bundespolizei.
Dieses Zentrum ist gewissermaßen die Quelle des Nachwuchses: Dort werden aus Bundespolizisten Seeleute. Dort werden all die anspruchsvollen Manöver eingeübt, die für den Dienst auf See wichtig sind.
Von der hohen Qualität dieser Ausbildung habe ich mich bei meinem Besuch im vergangenen Jahr selbst überzeugen können.
Meine Damen und Herren,
den Nachwuchs der Bundespolizei zu sichern, liegt mir sehr am Herzen. Das habe ich erst vor drei Wochen bei meinem Besuch der Ausbildungsstätte in Rotenburg wieder bekräftigt.
Und gerade wenn Bundespolizistinnen und Bundespolizisten in See stechen, brauchen sie dafür nicht nur eine hervorragende Ausbildung. Sie müssen für ihre Arbeit die bestmögliche Ausrüstung zur Verfügung haben!
Deshalb bin ich froh, dass die NEUSTADT nach den allerneuesten Standards der Schiffsbaukunst erbaut wurde, und dass sie Ihnen nun für Ihre wichtigen Einsätze zur Verfügung steht.
Neben dem Bundespolizeipräsidium danke ich den Beschäftigten der Firma Fassmer:
Sie haben ihr Wissen und ihre Erfahrung in den Bau dieses Einsatzschiffes eingebracht.
Ich wünsche der NEUSTADT und ihrer Besatzung allzeit gute Fahrt. Mögen Sie immer wieder unversehrt von ihren Einsätzen zurückkehren!
BP 84 Neustadt - Schiff (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Bundespolizei