Aushändigung der Einsatzmedaille "Fluthilfe 2021"

Typ: Rede , Datum: 19.10.2022

Rede der Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

  • Ort

    Bundesministerium des Innern und für Heimat, Berlin

  • Rednerin oder Redner

    Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Einsatzkräfte,

sehr geehrter Herr Präsident der THW-Bundesvereinigung Gerster, lieber Martin,

sehr geehrter Herr Präsident Friedsam,

sehr geehrter Herr Präsident Tiesler,

sehr geehrter Herr Präsident Romann,

sehr geehrter Herr Präsident Münch,

meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste,

ich heiße Sie herzlich willkommen hier im Bundesinnenministerium und freue mich sehr, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind!

Wir sind heute zusammengekommen, um diejenigen zu ehren, die während der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr Außerordentliches geleistet haben, um anderen zu helfen.

Anderen helfen, das klingt erstmal sehr einfach, geradezu selbstverständlich. Und ja, dass wir uns gegenseitig helfen, das ist ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Ein Grundpfeiler für gute Nachbarschaft, für Freundschaften und für den Zusammenhalt in unserem Land.

Aber dann gibt es auch noch die Hilfe, die eben nicht selbstverständlich ist. Hilfe, die weit über die normale Hilfsbereitschaft hinausgeht. Hilfe, bei der Menschen an ihre eigenen Grenzen und sogar darüber hinaus gehen, um andere zu retten.

Und diese Art von Hilfe, diese außergewöhnliche Hilfe, haben Sie während der Flutkatastrophe im Juli 2021 geleistet, liebe Einsatzkräfte.

Sie haben geholfen, als tausende Menschen die wohl schlimmsten Stunden ihres Lebens erlebt haben.

Sie haben geholfen, als Straßen zu reißenden Flüssen wurden. Als die unglaubliche Kraft des Wassers alles mit sich gerissen hat: Häuser, Brücken, Schulen, Autos – und auch Menschen.

Sie haben geholfen, als viele bis zum Hals im Wasser standen. Ihr Zuhause verloren haben. Dabei zusehen mussten, wie ihre wirtschaftliche Existenz überflutet wird. Und zum Teil schwer verletzt wurden.

Ob als Helferin und Helfer des Technischen Hilfswerks, als Angehörige des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, des Bundeskriminalamtes oder der Bundespolizei, ob bürgerschaftlich engagiert oder privat:

Sie haben Menschenleben gerettet. Sie standen den Betroffenen zur Seite. Sie haben die Menschen mit Lebensmitteln versorgt. Sie haben organisiert, koordiniert und Unglaubliches geleistet bei der Identifizierung von Flutopfern. Bei der psychosozialen Unterstützung der Überlebenden. Bei der technischen Beratung, bei der Unterstützung verschiedener Einsatzabschnitte und bei der Sicherung existentieller Grundbedürfnisse. Bei der Vernetzung von Hilfsangeboten, bei den Aufräumarbeiten, bei der Wiederherstellung kritischer Infrastruktur. Bei Logistik, Brückenbau und in unzähligen weiteren Bereichen!

Es ist ganz sicher so, dass Helfen ein wichtiger Teil Ihrer persönlichen Überzeugung ist, Ihres Berufes und Ihres ehrenamtlichen Engagements.

Aber das, was Sie während der schrecklichen Flutkatastrophe im letzten Jahr geleistet haben, geht weit darüber hinaus.

Polizeihauptmeisterin Meike Reichelt aus Swisttal zum Beispiel hatte in der Flutnacht Dienst. Sie musste einen Einsatz organisieren, um zu verhindern, dass immer mehr Regenwasser in das Polizeigebäude eindringt. Danach hat sie dafür gesorgt, dass evakuierte Familien aus den umliegenden Ortschaften in diesem Gebäude aufgenommen werden konnten.

Parallel dazu hat sie durch Kontakte zur Landespolizei NRW ein Boot organisiert, mit dem die ganze Nacht Menschen gerettet werden konnten. Das ist ein wirklich bemerkenswerter Einsatz!

Auch Lukas Pütz vom THW Schleiden war beim ersten Alarm sofort vor Ort. Ohne zu zögern hat er mit seinem eigenen Traktor Sand vom Baustoffhandel geholt, damit der THW-Ortsverband die Sandsäcke befüllen konnte. Dann hat er die Sandsäcke mit seinem Radlader weitertransportiert.

Er hat die ganze Nacht unermüdlich dabei geholfen, die Menschen aus ihren Häusern zu evakuieren. Er hat dabei geholfen, Straßenzüge und Keller auszupumpen. Er hat gemeinsam mit seinem Ortsverband Übergänge und Wandabstützungen gebaut. Für diese beeindruckenden Hilfeleistungen darf ich ihn heute ehren.

Das sind nur zwei Beispiele für Einsatzbereitschaft und Zivilcourage unter den schwierigsten Bedingungen, liebe Helferinnen und Helfer. Ich bin beeindruckt davon, wie Sie sich für Ihre Mitmenschen eingesetzt haben – teilweise bis zur vollkommenen Erschöpfung.

Meine Damen und Herren,

wir haben aus der Flutkatastrophe im letzten Jahr gelernt. Der Schutz unserer Bevölkerung bekommt nun endlich die politische Priorität, die er schon längst hätte haben müssen. Viele Maßnahmen sind bereits auf den Weg gebracht, im Sinne eines echten Neustarts: Wir bündeln Kompetenzen im Gemeinsamen Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz. Wir beschaffen moderne Warnsysteme. Und wir stärken das ehrenamtliche Engagement. Denn dieser Neustart geht nur gemeinsam mit allen im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz Aktiven.

Die Flutkatastrophe und der Wiederaufbau werden uns alle noch lange beschäftigen. Aber am heutigen Tag blicken wir auch zurück auf beeindruckende Aufbauleistungen. Auf ganz viel Zusammenhalt, gegenseitige Anteilnahme und Unterstützung. Auf eine Zeit, in der so viele Menschen über sich hinausgewachsen sind.

Mehrfach war ich vor Ort in den Flutgebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Die meisten Helferinnen und Helfer, mit denen ich dort gesprochen habe, haben mir gesagt: „Helfen ist doch unser Job.“ Aber ich finde, es ist viel mehr als das. Es ist die Bereitschaft, für andere über die eigenen Grenzen zu gehen.

Deshalb zählt jede und jeder Einzelne von Ihnen. Sie haben geholfen: Selbstlos, couragiert, vorbildlich. Sie haben Trost gespendet und den Flutopfern beigestanden in den vielleicht schwersten Stunden ihres Lebens.

Meine Damen und Herren,

alles, was wir heute über die entsetzliche Flutkatastrophe sagen können, ist nur ein kleiner Ausschnitt. Weil das Ausmaß dieser Katastrophe so unvorstellbar ist. Aber genauso unvorstellbar ist das Ausmaß an Hilfe, die geleistet wurde.

Es war mir deshalb ein großes Anliegen, diese außergewöhnlichen Leistungen heute noch einmal so deutlich anzuerkennen und Ihnen stellvertretend für alle Helferinnen und Helfer im Namen der Bundesregierung zu danken. Sie alle sind während der Flutkatastrophe über sich hinausgewachsen. Und das werden wir Ihnen nie vergessen!

Als Anerkennung Ihrer Leistungen möchte ich Sie heute mit der Verleihung der Einsatzmedaille „Fluthilfe 2021“ ehren.