Eröffnung der Smart Country Convention

Typ: Rede , Datum: 18.10.2022

Rede der Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

  • Ort

    Messegelände Berlin

  • Rednerin oder Redner

    Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Raab,

sehr geehrter Herr Ecknig,

sehr geehrter Herr Staatssekretär Tursky, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Smart Country Convention,

meine sehr verehrten Damen und Herren, 

ich freue mich sehr, heute die Smart Country Convention eröffnen zu dürfen!

Mir war es ein besonderes Anliegen, dass mein Ministerium auch in diesem Jahr wieder die Schirmherrschaft über die Smart Country Convention übernommen hat– denn es ist eines meiner wichtigsten Ziele als Bundesinnenministerin, dass wir greifbare Fortschritte auf dem Weg zu einer modernen, digitalen Verwaltung machen.

Und die Ideen dafür, wie diese Fortschritte aussehen können, entstehen hier auf der Smart Country Convention. Hier kommen Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Hier tauschen sie sich über die neusten Entwicklungen der Digitalisierung aus. Hier stoßen sie gemeinsame Projekte an, die uns alle voranbringen. Deshalb freue ich mich sehr auf den Austausch mit Ihnen!

Meine Damen und Herren, 

diese Bundesregierung ist angetreten, um unseren Staat und seine Verwaltung nachhaltig zu modernisieren. Wir wollen einen Staat, der die Kooperation mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft sucht. Einen Staat, der mehr Transparenz und Teilhabe in seinen Entscheidungen bietet. Und vor allem: Einen Staat, der mit einer unkomplizierten, schnellen und digitalen Verwaltung das Leben der Menschen einfacher macht.

Das ist mein Leitbild, wenn ich über die Digitalisierung der Verwaltung spreche.  Digitalisierung ist dabei kein Selbstzweck: Sie kann helfen, auf viele der aktuellen Herausforderungen besser zu reagieren – zum Beispiel auf Pandemien, die Klimakrise oder den demografischen Wandel.

Um dieses Leitbild eines modernen digitalen Staates zu erreichen, braucht es politische Führung und ambitionierte Ziele. Deshalb habe ich im April dieses Jahres mein Digitalprogramm vorgestellt. Es liefert eine ehrliche Bestandsaufnahme und definiert Kern-Vorhaben, die wir nun mit aller Kraft umsetzen.

Ein ganz wichtiges Ziel meiner Digitalpolitik ist es, dass alle Verwaltungsleistungen jederzeit und von jedem Ort aus digital genutzt werden können. Ich weiß, dass wir davon noch ein ganzes Stück entfernt sind - auch weil wir hier einiges aufholen müssen, was in der Vergangenheit versäumt wurde.  Aber wir arbeiten jeden Tag mit Hochdruck daran, hier besser zu werden. Und gemeinsam Ländern und Kommunen haben wir auch schon einiges erreicht.

Eine Voraussetzung für digitale Verwaltungsleistungen, von der ich weiß, dass sie auch im diesjährigen Partnerland Österreich gerade umgesetzt wird, ist die digitale Identität. Deswegen arbeiten wir mit den österreichischen Kolleginnen und Kollegen zusammen, um digitale Identitäten grenzüberschreitend europaweit nutzbar zu machen. Denn damit die Verwaltung individuelle Services anbieten kann, muss die einzelnen Person eindeutig identifizierbar sein.

Aus dem kommerziellen Bereich kennen wir das Thema schon länger und wissen: das ist praktisch und erleichtert vieles. Nun wollen wir natürlich kein Online-Shopping anbieten, aber wir wollen Verwaltungs-dienstleistungen genauso leicht und intuitiv zugänglich machen.

Deshalb wird es für die sichere Identifizierung künftig in vielen Fällen ausreichen, wenn der Online-Ausweis einfach im Smartphone gespeichert wird. Schon jetzt sehen wir, dass der Online-Ausweis immer häufiger genutzt wird und immer mehr Menschen dem digitalen Ausweis vertrauen. Und dieses Vertrauen ist wichtig. Darauf können wir aufbauen.

Mir ist klar, dass wir an der ein oder anderen Stelle ein massives Umdenken bei den Bürgerinnen und Bürgern einfordern. Dieses Umdenken brauchen wir aber auch in der Verwaltung selbst! Im Koalitionsvertrag haben wir uns ausdrücklich dazu bekannt, dass die Verwaltung agiler, digitaler und interdisziplinärer werden muss. Das werden wir als Bundesregierung in der täglichen Arbeit von uns selbst auch konsequent einfordern.

Konkret heißt das zum Beispiel, für eine neue Form der digitalen Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung zu sorgen. Dafür haben wir die ressortübergreifende Plattform GovLab.DE für die Zusammenarbeit bei hochkomplexen Projekten aufgebaut. Dort werden Ressourcen, Infrastrukturen, Methoden und Fachexpertise bereitgestellt und gebündelt – und so schaffen wir es, das alte Silodenken der einzelnen Ressorts zu überwinden.

Und nicht nur auf der operativen Seite sorgen wir für Fortschritt. Für eine erfolgreiche Digitalisierung müssen auch Gesetze so gestaltet sein, dass sie digitale nutzer- und anwendungsfreundliche Prozesse ermöglichen. Deshalb führen wir einen Digitalcheck ein. Damit können Gesetze des Bundes digital und praxistauglich erarbeitet werden.

Meine Damen und Herren,

ein weiterer wichtiger Bereich in meiner Digitalpolitik ist der Zugang zu Daten und ihre Nutzung. Denn wer Zugang zu Daten hat und wer sie wie nutzen darf, ist eine Machtfrage, eine Frage der Gerechtigkeit und eine Frage der Teilhabe. In der Datenpolitik verfolgend wir vier übergeordnete Ziele:

  1. Wir wollen die Wertschöpfung durch die Nutzung von Daten erhöhen.
  2. Wir wollen die große Datenmacht einiger weniger Unternehmen in die Schranken weisen.
  3. Wir wollen die Grundrechte schützen.
  4. Und wir wollen das Gemeinwohl fördern, indem Daten zugunsten der Allgemeinheit eingesetzt werden können.

Der datenpolitische Anspruch dieser Bundesregierung ist ambitioniert: Der Koalitionsvertrag enthält zahlreiche datenbezogene Gesetzesvorhaben, wie zum Beispiel ein Datengesetz, ein Transparenzgesetz – und darüber hinaus noch viele weitere datenpolitischen Maßnahmen, zum Beispiel die Gründung eines Dateninstitutes.

Innerhalb der Bundesregierung gibt es aber nicht das eine Ressort, das für das Datenthema zuständig ist. Datenpolitik ist ein Querschnittsthema. Wir wollen die Datenpolitik in der Verwaltung und für die Verwaltung, aber auch für die Wirtschaft und die Gesellschaft gestalten. Mit meinen Zuständigkeiten für Open Data und Datenschutz, für die Datensicherheit, für die Informationsfreiheit und für Verwaltungsdaten, für Statistik und für Geodaten werde ich dafür sorgen, dass wir hier zügig vorankommen.

Meine Damen und Herren,

nur ein digital souveräner Staat kann frei und selbstbestimmt die Digitalisierung gestalten. Die digitale Souveränität sicherzustellen und zu festigen, ist ein weiteres zentrales Anliegen meiner Digitalpolitik.

Wir wollen und werden die Abhängigkeiten von großen Monopolanbietern reduzieren, indem wir verstärkt auf Open-Source-Lösungen, offene Schnittstellen und gemeinsame Standards setzen.

Denn die Abhängigkeit von Monopolisten und privaten IT-Anbietern schafft viele Probleme: Die Informationssicherheit ist eingeschränkt, oft besteht rechtliche Unsicherheit und die Kosten sind schwer kontrollierbar – um nur einige Baustellen zu nennen.

Gemeinsam mit Ländern und Kommunen haben wir deshalb eine "Strategie zur Stärkung der Digitalen Souveränität" beschlossen. Ein zentrales Element dieser Strategie ist der Aufbau des Zentrums für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung. Das Zentrum wird sicherstellen, dass moderne und leistungsfähige Open Source Software-Lösungen auf allen Ebenen verfügbar sind. Die konzeptionellen Arbeiten dafür sind abgeschlossen – wir starten also jetzt mit der Umsetzung und werden hier schon bald konkrete Ergebnisse sehen!

Meine Damen und Herren,

bei all diesen Fortschritten können wir aber auf eins nicht verzichten: Unsere Sicherheit. Unsere Netze, Daten und auch unsere kritischen Infrastrukturen müssen bestmöglich vor digitalen Angriffen geschützt sein.

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Putins in der Ukraine führt uns jeden Tag vor Augen, wie wichtig eine stabile Cybersicherheitsarchitektur ist. Denn Bedrohungen aus dem Cyberraum machen an keiner Grenze halt. Und die aktuelle Bedrohung der Cybersicherheit, insbesondere durch Russland, nehmen wir sehr ernst. Deshalb haben wir alle Schutzmaßnahmen seit Kriegsbeginn so deutlich hochgefahren.

Wenn wir Fortschritte bei der Cybersicherheit in Deutschland insgesamt erreichen wollen, müssen wir als Verwaltung ein Vorbild für andere Bereiche sein. Wir investieren deshalb kräftig in den Eigenschutz der Bundesverwaltung und bauen die IT-Sicherheitsarchitektur des Bundes um.

Damit das ganze Thema Cybersicherheit auf Dauer die nötige politische Priorität bekommt und zentral gesteuert wird, werden wir als Bund einen Chief Information Security Officer benennen. Außerdem bauen wir ein Kompetenzzentrum Operative Sicherheitsberatung des Bundes auf. Dieses Zentrum wird Behörden und Einrichtungen des Bundes dabei unterstützen, Vorgaben der Informationssicherheit umzusetzen.

Im Moment ist es leider so, dass wir in der Cybersicherheit bei der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern verfassungsrechtlich oft an Grenzen stoßen. Deshalb wollen wir das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zur Zentralstelle im Bereich der Cyber- und Informationssicherheit ausbauen. Damit können wir eine dauerhafte und institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern ermöglichen.  

Darüber hinaus brauchen wir im Bund gefahrenabwehrende Befugnisse, mit denen Cyberangriffe verhindert, beendet oder zumindest abgeschwächt werden können.

Wir wollen deshalb dem Bund die führende Rolle in der Abwehr von Cyber-Gefahren geben und das auch im Grundgesetz verankern.

Meine Damen und Herren,

insgesamt bin ich sicher: Wir sind auf dem richtigen Weg! Noch nie zuvor haben wir so viele Initiativen und Maßnahmen angestoßen, um die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung voran zu bringen.

Es wird sicher etwas dauern, bis wir tatsächlich dort sind, wo wir hinwollen. Wir haben eine ehrgeizige Agenda und viele ambitionierte Projekte vor uns. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir in dieser Wahlperiode auch viele Erfolge sehen werden.

Die Digitalisierung der Verwaltung ist ein Prozess, der niemals abgeschlossen ist. Es gibt keinen Punkt, an dem wir sagen können: Jetzt ist die Verwaltung in Deutschland digitalisiert. Vielmehr ist es so, dass es immer Veränderung und Weiterentwicklung geben muss und wird. Und dazu werden die nächsten Tage ganz sicher beitragen.

Ich möchte mich deshalb ausdrücklich bei der Bitkom bedanken, die diese Veranstaltung möglich gemacht hat. Für die kommenden Tage wünsche ich Ihnen allen viele fruchtbare Gespräche, neue Ideen und Kontakte und insgesamt ein gutes Gelingen.

Vielen Dank!