Festakt anlässlich des Jubiläums 50 Jahre GSG 9 der Bundespolizei

Typ: Rede , Datum: 23.09.2022

Rede der Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

  • Ort

    World Conference Center, Bonn

  • Rednerin oder Redner

    Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Romann,

sehr geehrte Exzellenzen,

sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages,

sehr geehrter Herr Kommandeur Fuchs,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Gäste,

heute hier das 50. Jubiläum der Spezialeinheit GSG 9 zu feiern, ist etwas ganz Besonderes. Im August habe ich mich bei meinem Besuch in Sankt Augustin mit den „Neunern“ ausgetauscht. Die Spezialkräfte und ihr Kommandeur Jerome Fuchs haben mir eindrücklich von ihren schwierigen und gefährlichen Einsätzen berichtet, bei denen es um Leben und Tod geht. Und sie haben davon berichtet, was es heißt, jeden Tag sein Bestes zu geben – weil Durchschnitt nicht reicht. Den Spezialkräften der GSG 9 möchte ich deshalb gleich zu Beginn sagen: Ihre Professionalität ist Garant für unsere Sicherheit. Für ihren gefährlichen Dienst gebührt Ihnen daher die höchste Anerkennung!

Meine Damen und Herren,

„Es ist ein Moment, in dem Vergangenheit und Zukunft, Schmerz und Stolz, Erinnerung und Hoffnung miteinander verschmelzen“.

Diese Worte wählte der israelische Präsident Jitzchak Herzog bei seinem Besuch vor zwei Wochen in Berlin, am Tag vor der Gedenkfeier des Olympia-Attentats von 1972.
Am 5. September, vor zwei Wochen, haben wir uns gemeinsam in Fürstenfeldbruck an eine der schwärzesten Stunden der bundesdeutschen Vergangenheit erinnert. Der 5. September 1972 führte uns deutlich vor Augen, was passieren kann, wenn der Staat nicht vorbereitet ist, wenn der Staat nicht wehrhaft ist. Dem Ziel, sich mit fröhlichen Spielen deutlich von den Ereignissen in Berlin 1936 abzuheben, wurde die Sicherheit geopfert – Polizisten ohne Uniform im olympischen Dorf, unbewaffnet und schlecht vorbereitet. Kaum Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden. Der Versuch der Geiselbefreiung geriet so am Ende zur Katastrophe.

Es ist wichtig, die Ereignisse von damals lückenlos aufzuarbeiten und Lehren daraus zu ziehen. Diese Lehren gelten bis heute fort:

Wir müssen immer auch auf Worst-Case-Szenarien vorbereitet sein.

  • Wir müssen wehrhaft sein.
  • Wir müssen dazu bereit sein, notfalls auch Gewalt einzusetzen, um Schlimmeres zu verhindern und Menschenleben zu retten.
  • Wir müssen unsere Strategien und Konzepte stets und als dauernden Prozess kritisch hinterfragen und so auf der Höhe der Zeit bleiben.

Und dafür brauchen wir Spezialkräfte, die optimal für den Kampf gegen Terrorismus und schwerste Gewaltkriminalität ausgebildet sind. Die rund um die Uhr für die Rettung von Menschenleben bereitstehen. Solche Spezialkräfte gab es in Deutschland 1972 schlicht nicht.

Meine Damen und Herren,

wir haben gelernt. Das Ziel hieß: So eine Katastrophe darf nie wieder passieren. Und eine der ersten und wichtigsten Lehren war die Gründung der Grenzschutzgruppe 9, nur wenige Tage nach dem Attentat von München. Heute nun feiern wir zusammen ihr 50-jähriges Bestehen. Die Gründung der GSG 9 war damals die erste logische, sich aufdrängende Folge. Weil wir exzellent ausgebildete Spezialkräfte brauchen, um Menschenleben zu retten. Aber jedes Vorhaben hängt von Menschen ab. Von Menschen, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Die mit Mut und Entschlossenheit ein Ziel verfolgen.

Ein solcher Mensch war Ulrich Wegener – erster Kommandeur der neu gegründeten GSG 9. Ich freue mich sehr, dass wir heute seine Töchter hier begrüßen können! Ulrich Wegener persönlich wurde vom damaligen Bundesinnenminister Genscher die Aufgabe übertragen, eine Polizeieinheit aufzubauen, die auf Attentate und Geiselnahmen spezialisiert ist.

Ulrich Wegener erkannte schnell, dass er dafür Unterstützung von ausländischen Spezialeinheiten benötigte – von solchen, die im Anti-Terror-Kampf geschult waren. Und die Unterstützung holte er sich vor allem in Israel. „Wenn wir in Zukunft etwas gegen den internationalen Terrorismus erreichen wollen, dann müssen wir zusammenarbeiten“, waren seine Worte.

Ihm ist es zu verdanken, dass die Israelis, trotz der niederschmetternden Ereignisse von Fürstenfeldbruck, Vertrauen fassten und dabei geholfen haben, die GSG 9 mit aufzubauen. Ulrich Wegener wurde damit zu einem Wegbereiter internationaler Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich.

Ihre erste Bewährungsprobe bestand die neu gegründete Einheit fünf Jahre später auf dem Flugfeld vor Mogadischu. Alle 86 Geiseln wurden aus der entführten Lufthansa-Maschine Landshut befreit. Die weltweite Anerkennung war groß und natürlich auch die Erleichterung. Wesentlich trug zu diesem strategischen Erfolg sicherlich die Einstellung der damaligen Bundesregierung gegenüber ihren Sicherheitskräften bei: Sie vertraute auf deren Können und setzte sie entschlossen ein.

Mit diesen Ereignissen aus den 70er Jahren ist die GSG 9 bis heute untrennbar verknüpft. Aber ihre Aufgabe ist bis heute im Kern die gleiche geblieben. Für den Schutz und die Rettung von Menschenleben ist sie 24/7 im Training und im Einsatz; wenn erforderlich: weltweit.

Sie bekämpft Terrorismus, Extremismus und die Organisierte Kriminalität. Ob Islamisten oder Reichsbürger; Drogenhändler oder Waffenschieber; Menschenhändler oder Schleuser – so mancher von ihnen hatte in den vergangenen Jahren „Hausbesuch“ von den Beamten der GSG 9.

Die allermeisten Einsätze konnten ohne Schusswaffengebrauch erfolgreich durchgeführt werden. Aber nicht alle Einsätze verlaufen problemlos. In einigen wenigen Fällen haben Polizisten der GSG 9 ihr Leben verloren.

Am Sitz des BMI am Moabiter Werder in Berlin stehen drei Gedenksäulen – mit den Namen derer, die im Dienst für unser Land ihr Leben ließen. Darunter auch Angehörige der GSG 9. Heute gedenken wir auch Ihnen, die Leben retten wollten und dabei selbst getötet wurden. Ihnen ein würdiges Andenken zu bewahren, ist uns und vor allem mir als Bundesministerin des Innern Verpflichtung – auch dazu soll diese Veranstaltung heute dienen.

Meine Damen und Herren,

die GSG 9 ist heute eine der besten Spezialeinheiten der Welt. Sie bildet selbst in vielen Ländern der Welt aus, gibt ihr Wissen und ihre Erfahrung weiter. Ihre Arbeit ist lebenswichtig für die Demokratie in Deutschland. Ich danke Ihnen allen für Ihren oft so gefährlichen Dienst für unser Land. Und ich stehe voll und ganz hinter Ihnen.


Ich danke zudem all denen, die Ihre Einsätze ermöglichen. In erster Linie natürlich die anderen Organisationseinheiten der Bundespolizei, insbesondere innerhalb der Bundespolizeidirektion 11. Hier möchte ich vor allem Präsident Lindner besonders hervorheben und ihm herzlich danken!


Aber ich danke auch Ihren Familien. Wie schwer muss es sein, kein Wort über seinen beruflichen Alltag mit seinen Liebsten teilen zu dürfen. Wie schwer muss es sein, seine Angehörigen in einen Einsatz ziehen zu lassen – ohne zu wissen, wohin, wie lange und mit welchen Gefährdungspotential. Ich danke auch Ihnen, liebe Familien und Freunde, dass Sie unseren Beamten der GSG 9 den Rücken stärken für ihren gefährlichen Dienst an unserem Land.