Konferenz "29. Deutscher Feuerwehrtag"

Typ: Rede , Datum: 21.06.2022

Rede der Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

  • Ort

    Hannover Messe

  • Rednerin oder Redner

    Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Banse,
sehr geehrte Herr Weil,
sehr geehrte Herr Onay,
liebe Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr,
meine Damen und Herren,

jeder von uns hat schon Dinge erlebt oder gesehen, die einen nur schwer wieder loslassen. Vor gut zwei Wochen stand ich Freitagabend mit Einsatzkräften an den Gleisen bei Garmisch-Partenkirchen. Dieses Bild der Zerstörung und die Gedanken an die Verletzten und tödlich verunglückten Menschen bewegt mich bis heute.

Zugleich denke ich an die vielen Einsatzkräfte, unter ihnen viele Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr, die sofort vor Ort waren, um zu helfen. Ihre Professionalität, ihre Empathie und ihre Ausdauer haben mich tief beeindruckt. In ihrem Arbeitsalltag werden Feuerwehrleute häufig mit Zerstörung, Leid und Not konfrontiert. Diese Eindrücke immer wieder zu verarbeiten, ist eine Herausforderung. Es ist deshalb wichtig, dass wir Einsatzkräfte immer wieder ermutigen, offen über ihre Erlebnisse und Gefühle zu sprechen. Denn wer vor und nach belastenden Erlebnissen Unterstützung erfährt, kann diese erfolgreicher bewältigen und widerstandsfähiger werden.

Hierzu informiert und berät auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe auf der Messe. Denn neben der körperlichen Unversehrtheit ist auch die psychische Gesundheit der Kameradinnen und Kameraden elementar. Nur wenn beides vorhanden ist, können unsere Einsatzkräfte die großen Herausforderungen stemmen.

Meine Damen und Herren,

schon bei der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr sind tausende Feuerwehrleute unter schwierigsten Bedingungen im Einsatz gewesen. Und leider müssen wir uns darauf einstellen, dass wir in Zukunft immer mehr Extremwetterereignisse erleben werden.Das haben wir erst an diesem Wochenende in Brandenburg gesehen, wo es gleichzeitig in mehreren in Waldgebieten auf einer Fläche von mehreren 100 Hektar gebrannt hat. Hunderte Menschen mussten ihre Häuser verlassen.

Die Einsatzkräfte, die diese Brände bekämpft haben und von denen viele noch immer vor Ort im Einsatz sind, leisten dort wirklich außerordentliches. Neben der lokalen Feuerwehr haben auch die Berufsfeuerwehren Potsdam und Cottbus, die Feuerwehr Berlin und die Brandschutzeinheiten benachbarter Gemeinden unterstützt. Auch Einsatzkräfte der Bundespolizei, der Bundeswehr und des THW haben geholfen. Ihnen allen möchte ich an dieser Stelle meinen ganz herzlichen Dank und meine große Anerkennung aussprechen.

Leider sind wir alle auf Grund des Klimawandels potentiell von solchen Ereignissen betroffen und deshalb auch gefordert: Wir müssen unser Land gemeinsam resilienter gegenüber Krisen und Klimafolgen machen. Wie das gelingen kann, ist ein Thema, dass auch Sie mit Ihrem Zukunftskongress am Donnerstag aufgreifen. Denn ein starker Bevölkerungsschutz ist wichtig für unser Ziel, gut mit Risiken und Katastrophenfolgen umzugehen.

Auch vor dem Hintergrund des schrecklichen Kriegs in der Ukraine muss der Bevölkerungsschutz in Deutschland einen höheren Stellenwert bekommen. Der Bund wird deshalb erheblich investieren, zum Beispiel beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Uns ist außerdem wichtig, dass wir bei laufenden Maßnahmen schneller vorankommen. Deshalb unterstützen wir den Ausbau kommunaler Sirenennetze in Deutschland. Und wir sorgen für moderne Warnsysteme, mit denen jeder präzise Warnungen direkt aufs Handy bekommt.

Meine Damen und Herren,

Schutz und Sicherheit in Deutschland ist ohne die haupt- und ehrenamtlichen Feuerwehrleute nicht denkbar. Mehr als eine Million Feuerwehrfrauen und -männer bilden das Rückgrat unserer Gefahrenabwehr und unseres Bevölkerungsschutzes.

Die Feuerwehr ist ein wesentlicher Bestandteil der Sicherheitsarchitektur in Deutschland. Mit ihren gut ausgebildeten Kräften vor Ort ist sie unverzichtbar! Und das ist deshalb so bemerkenswert, weil so viele der aktiven Feuerwehrleute in den Einsatzabteilungen ehrenamtlich tätig sind. Gerade die Freiwilligen Feuerwehren stehen vor großen Herausforderungen:

Nicht selten wird es zum Problem, wochentags genügend ehrenamtliche Feuerwehrleute am Gerätehaus zu versammeln. Ein entfernter Arbeitsplatz, ein verdichteter Alltag und der demografische Wandel machen es dem Ehrenamt nicht leicht. Politik, Zivilgesellschaft und ausdrücklich auch unterstützende Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass gute Einsatzbedingungen und effektive Nachwuchsarbeit dieses Ehrenamt sichern. Unsere gut ausgebildeten Feuerwehrleute sind wertvolle Beschäftigte und gleichzeitig unentbehrlich für unsere öffentliche Sicherheit!

Meine Damen und Herren,

ihre Einsatzorganisation und ihre Einsatzroutine macht die Feuerwehr zu einem wichtigen Partner auch für die anderen Akteure. Das verdanken wir auch Veranstaltungen wie dem Deutschen Feuerwehrtag. Ihm liegt der Gedanke zugrunde, voneinander und miteinander zu lernen und mit dem Fortschritt in Technik und Gesellschaft Schritt zu halten. Das Prinzip der lernenden Organisation hat also bei den deutschen Feuerwehren schon eine lange Tradition. Auch der 29. Deutsche Feuerwehrtag zeigt ein breite Palette brandaktueller Themen für Gegenwart und Zukunft: Sei es die Schaffung von resilienten Strukturen in der Gefahrenabwehr oder neue technische Innovationen.

Zugleich zeigt die Feuerwehr Flagge – mit ihrem Engagement für Toleranz, Vielfalt und gesellschaftlichen Zusammenhalt.  Hier beim Feuerwehrtag werden viele Projekte für eine lebendige Demokratie vorgestellt, die durch unser Bundesprogramm "Zusammenhalt durch Teilhabe" gefördert werden. Die Landesfeuerwehrverbände setzen sich mit diesen Projekten für ein solidarisches Miteinander und gegen Diskriminierung, Rassismus und Extremismus ein.

Für mich verkörpert die Feuerwehr vor allem große Hilfsbereitschaft und ein hohes Verantwortungsbewusstsein. Der Dienst in der Feuerwehr verlangt Fachwissen, Mut, Entschlossenheit, Urteilkraft und Einfühlungsvermögen. Viele Feuerwehrleute sind zudem ehrenamtlich im Einsatz. Umso bedrückender ist es, wenn es beim Deutschen Feuerwehrtag Symposien zum Thema "Gewalt gegen Einsatzkräfte" braucht. Ich will es einmal ganz deutlich sagen: Beleidigungen, Hass und Gewalt gegen Menschen, die Leib und Leben riskieren, sind absolut inakzeptabel!

Es ist daher wichtig, alle diese Delikte zur Anzeige zu bringen, damit die Täter strafrechtlich verfolgt werden können. Aber auch jede und jeder Einzelne muss Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft gegenüber unseren Einsatzkräften lautstark entgegentreten. Wir müssen dafür sorgen, dass die Einsatzkräfte ihren Dienst sicher ausüben können. Auch, damit mehr Menschen ihrem Beispiel folgen und sich in den Feuerwehren für unsere Sicherheit zu engagieren. Passend hierzu heißt das Motto des 29. Deutschen Feuerwehrtags "Sicherheit. Leben." Die Feuerwehr lebt und gestaltet unsere Sicherheit und unseren Zusammenhalt – und sie lädt uns ein, es ihr gleich zu tun!