Konferenz "Sport und Menschenrechte"
Rede 14.06.2022
Rede der Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser
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Ort
Bundesministerium des Innern und für Heimat
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Rednerin oder Redner
Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser
Sehr verehrte Damen und Herren,
lieber Herr Präsident Weikert,
liebe Teilnehmende,
ich freue mich sehr, dass Sie heute alle zu unserer Konferenz "Sport und Menschenrechte" gekommen sind, die das Bundesministerium des Innern und für Heimat gemeinsam mit Ihnen, Frau Amtsberg, veranstaltet. Es ist uns ein großes Anliegen, die Möglichkeit zum persönlichen Austausch zu diesem wichtigen sportpolitischen Thema zu bieten.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir hat der persönliche Austausch in den beiden letzten Jahren sehr gefehlt. Daher mein herzlicher Dank an Sie alle, dass Sie dafür zu uns nach Berlin gekommen sind! Bitte sehen Sie mir nach, dass ich wegen einer anderen Verpflichtung erst jetzt zu Ihnen sprechen kann.
Sport darf Menschenrechte nicht ausblenden
Meine Damen und Herren,
wir befinden uns mitten im Sportjahr 2022. Aber die herausragenden internationalen Sportereignisse dieses Jahres sind schon seit langem Gegenstand einer intensiven öffentlichen Diskussion – nämlich die olympischen Winterspiele und die Fußball-Weltmeisterschaft.
Die Gründe für diese Diskussion sind gravierend – nämlich schwere Menschen-rechtsverletzungen in den beiden Ausrichterländern China und Katar. Der Sport selbst wird dadurch in den Hintergrund gedrängt. Und das trifft dann leider auch die Athletinnen und Athleten, die sich mit Hingabe auf diese Wettkämpfe vorbereiten.
Nicht zuletzt dieser Umstand zeigt mehr als deutlich, dass der Sport bei seinen Aktivitäten die menschenrechtlichen Aspekte nicht ausblenden kann und darf! Dies gilt natürlich umso mehr, weil der Sport für sich in Anspruch nimmt, wichtige, für mich sehr positive gesellschaftliche Werte zu verkörpern. Diese Prämisse bildet deshalb auch den Ausgangspunkt für unsere heutige Konferenz.
Menschenrechtlicher Verantwortung künftig besser gerecht werden
Über die Ausrichtung der Fußball-WM und der olympischen und paralympischen Winterspiele wurde bereits vor zwölf bzw. sieben Jahren entschieden. Mit der heutigen Konferenz wollen wir erreichen, dass aus der berechtigten Kritik die richtigen Konsequenzen gezogen werden. Wir wollen, dass die Entscheiderinnen und Entscheider in Sport, Politik und Wirtschaft in Zukunft ihrer menschenrechtlichen Verantwortung gerecht werden.
Klar ist: Der Sport allein kann nicht alles Unrecht beseitigen. Aber er kann sich mit seiner weltweiten Popularität für Verbesserungen stark machen, Veränderungen anstoßen und Zeichen setzen. Und das sollte er auch tun, meine Damen und Herren!
UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte als Referenzrahmen
Sport und im sportlichen Umfeld vorzugehen, braucht es weder neue Gesetze noch neue Richtlinien. Denn die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte gelten auch für Sportverbände – wie ich höre, ist das ja heute schon mehrfach thematisiert worden.
Diese Leitlinien müssen schon bei Beginn des Vergabeverfahrens für eine Sportgroßveranstaltung zur Anwendung kommen – also vor der Auswahl des Ausrichterlandes. Und zwar transparent und nachvollziehbar. Diese wichtige Forderung ist übrigens auch im Koalitionsvertrag verankert und damit handlungsleitend für diese Bundesregierung.
Fortschritte in den vergangenen Jahren
Ich möchte positiv hervorheben, dass sich in den vergangenen Jahren schon einiges getan hat. Es ist mir wichtig, dass das im Rahmen dieser Konferenz sichtbar wird.
Ich danke deshalb den Verantwortlichen insbesondere in denjenigen Sportorganisationen, die den Themenkomplex Menschenrechte mit Engagement vorangebracht haben. Danke, dass Sie dabei auch in den Dialog mit Betroffenen, Nichtregierungsorganisationen und Sponsoren eingetreten sind.
Diesen Weg müssen wir gemeinsam weitergehen und ich lade alle anderen Verbände ein, diesem guten Beispiel zu folgen.
Auch in Deutschland sind menschen-rechtliche Aspekte relevant
Dabei muss klar sein, dass es nicht nur um herausragende Sportgroßveranstaltungen und die Arbeitsbedingungen auf Stadionbaustellen im Ausland geht – auch wenn sich der mediale Fokus häufig darauf verengt. Menschenrechte sind nicht nur für die große Sportpolitik relevant.
Die Achtung der Menschenrechte muss sich im Tagesgeschäft des Sports wiederspiegeln – auch in Deutschland. Wir können uns da nicht zurücklehnen. Auch bei uns gibt es menschenrechtliche Risiken, denen sich die Verantwortlichen stellen müssen!
Maßnahmen der Bundesregierung
Meine Damen und Herren,
ich möchte an dieser Stelle nicht nur andere zum Handeln auffordern. Auch wir als Bundesregierung sehen uns in der Pflicht, mit gutem Beispiel vorangehen.
Mit der UEFA EURO 2024 freuen wir uns auf eine internationale Sportgroßveranstaltung, die auch mit einer großen Aufmerksamkeit einhergehen wird. Gerade bei dieser Veranstaltung werden wir uns an unseren eigenen Maßstäben messen lassen müssen.
Aber auch über diese Leuchtturmveranstaltung hinaus ist es mir wichtig, dass der Schutz der Menschrechte bei Sportgroßveranstaltungen in Deutschland sichergestellt wird. Hier sind natürlich zuvorderst die deutschen Sportverbände und Veranstalter gefordert.
Darüber hinaus ich habe mein Haus beauftragt, ein Leitbild Menschenrechte bei Sportgroßveranstaltungen auszuarbeiten. Dieses Leitbild soll zukünftig bei allen internationalen Sportgroßveranstaltungen angewendet werden, die vom Bund substanziell gefördert werden.
Ein weiteres wichtiges Aktionsfeld mit Bezug zu den Menschenrechten, auf dem das Bundesinnenministerium voranschreiten wird, ist die Einrichtung eines Zentrums für Safe Sport. Denn leider wissen wir, dass sexualisierte Gewalt im Spitzen- und Breitensport kein Randphänomen ist.
Wir müssen alles dafür tun, dass es gar nicht erst zu gewalttätigen Übergriffen im Sport kommt. Wenn sie dennoch geschehen, müssen wir die Betroffenen bestmöglich unterstützen. Deshalb werden wir noch in diesem Jahr eine unabhängige Ansprechstelle für die Erstberatung von Betroffenen einrichten.
Und auch mein Aktionsplan gegen Rechtsextremismus umfasst Maßnahmen im Bereich des Sports. Sie sehen: Die Bundesregierung und auch ich persönlich als Sportministerin stehe für eine Sportpolitik, die die Dimension Menschen-rechte auf allen Ebenen im Blick hat.
Zum Abschluss möchte ich allen danken, die uns heute wichtige Impulse und Informationen gegeben haben und gleich noch geben werden. Lassen Sie uns gemeinsam weiter daran arbeiten, dass der Sport – national wie international – zu einem Bereich wird, in dem die Achtung der Menschenrechte vorbildhaft gelebt wird – im Großen wie im Kleinen!