Ein Haushalt für den Zusammenhalt in unserer Bevölkerung

Typ: Rede , Datum: 13.09.2018

Rede des Bundesministers Horst Seehofer, anlässlich der Aussprache über den Haushaltsentwurf 2019 des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat

  • Ort

    Berlin

  • Rednerin oder Redner

    Horst Seehofer, Bundesinnenminister

Es gilt das gesprochene Wort.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt des Innenministeriums war schon im letzten Jahr ein Haushalt der Superlative. Er steigt jetzt noch einmal, um 1 Milliarde Euro auf über 15 Milliarden Euro. Wenn Sie das so verabschieden, dann sage ich schon im Vorhinein herzlichen Dank.

In diesem gewaltigen Haushalt gibt es drei Bereiche, die ich heute in den Mittelpunkt stellen möchte, drei ausgesprochene Ausrufezeichen.

Das Erste ist der Wohnungsbau. Meine Damen und Herren, bezahlbarer Wohnraum ist die soziale Frage unserer Zeit.

Deshalb bin ich froh, dass sich die Regierung auf ein umfassendes Paket für Mieter und Investoren verständigt hat. Da geht es nächste Woche Schlag auf Schlag. In der nächsten Woche ist der Start des Baukindergeldes: 12 000 Euro pro Kind, auf zehn Jahre verteilt, rückwirkend ab 1. Januar dieses Jahres.

Es ist ein Programm, das den Familien die Tür zu ihren eigenen vier Wänden öffnet.

Das Baukindergeld beginnt also nächste Woche. Ende nächster Woche, am Freitag, ist der Wohnungsgipfel im Kanzleramt, mit der Kanzlerin und den beteiligten Ministerien. Wir wollen dort den Schulterschluss mit den Ländern, Kommunen und Verbänden pflegen und einen Grundstein für die größte Wohnraumoffensive, die es je von einer Bundesregierung gab, legen. Wir wollen damit den Startschuss für Initiativen geben, die zum Bau von 1,5 Millionen neuen Wohnungen in dieser Legislaturperiode führen sollen. Ich bin schon lange in der Politik tätig, kann mich aber nicht erinnern, dass zu irgendeiner Zeit eine so umfassende Offensive gestartet wurde. Es sind Milliarden Euro zusätzlich für den sozialen Wohnungsbau.

Wir werden nächste Woche im Kabinett das Programm von Olaf Scholz beschließen, mit der Abschreibung für vier Jahre im freifinanzierten Wohnungsbau in Höhe von 5 Prozent zusätzlich.
Das Baukindergeld habe ich gerade angesprochen. Wir werden die Städtebauförderung auf hohem Niveau fortführen. Und die Kollegin Barley hat ja schon im Kabinett eine Novelle zum Mieterschutz beschließen lassen, die hier noch zu beraten und zu verabschieden ist. Dies alles, meine Damen und Herren, ist die richtige Antwort auf die soziale Frage unserer Zeit: bezahlbarer Wohnraum.

Das zweite Thema, das zweite Ausrufezeichen, das große Rückwirkung auf den Bundeshaushalt hat, sind unsere Antworten auf die Migration, europapolitisch wie hier in der Bundesrepublik Deutschland. Ich darf Sie unterrichten, dass von dem Masterplan zur Migration, den ich vorgelegt habe, bereits zwei Drittel der Maßnahmen entweder schon in der Umsetzung sind oder sogar schon abgeschlossen sind. Ich bitte Sie, das Parlament, die wichtigen Dinge, die auch gesetzgeberisch zu erfolgen haben, wie zum Beispiel Regelungen zu sicheren Herkunftsstaaten, auch zu unterstützen.

Ich darf Sie unterrichten, dass wir die von der Bundeskanzlerin vereinbarten Flüchtlingsabkommen abgeschlossen haben. Wir haben mit Spanien und mit Griechenland Flüchtlingsabkommen abgeschlossen.

Ich habe gerade erfahren: Das Abkommen mit Italien ist auch abgeschlossen. Es fehlen jetzt nur noch zwei Unterschriften: die von dem italienischen Kollegen und von mir. Um Reisekosten zu sparen, tauschen wir die Papiere aus - also wird es vielleicht noch ein paar Tage dauern -, damit wir nicht zur Unterschrift zusammenkommen müssen. Auch das ist ein Erfolg.

Wir haben die Zurückweisung an der deutsch-österreichischen Grenze für Menschen, die eine Einreisesperre haben, die Durchsetzung dieser Einreisesperre durch Zurückweisung an der Grenze. Auch das funktioniert.

Wir haben das BAMF personell und strukturell reformiert. Die Situation dort ist sehr geordnet, ist sehr motiviert. Da möchte ich mich beim ganzen Parlament bedanken, dass es über 1 600 zusätzliche Planstellen für das BAMF gab und über 4 000 befristete Arbeitsverträge in unbefristete umgewandelt wurden. Damit ist diese Behörde wieder richtig schlagkräftig.

Ich darf euch auch noch davon unterrichten, dass wir gerade dabei sind, bei der Bremer Außenstelle Vorkehrungen oder Maßnahmen zu treffen, dass die Bremer Außenstelle auch wieder ihre Tätigkeit aufnehmen kann - die war ja unterbrochen durch diese Untersuchungen -; auch darüber bin ich froh. Also ich darf dem Parlament sagen: Das BAMF ist auf dem besten Wege, eine ganz wichtige Aufgabe für unseren Staat zu erledigen. Ich danke auch den Mitarbeitern.

Wir werden jetzt, höchstwahrscheinlich noch im September, eine ganz wichtige Maßnahme treffen für legale Zuwanderung, nämlich das Fachkräftezuwanderungsgesetz. Wir sind da in den Endverhandlungen, auch in der Koalition. Ich denke, das wird uns im September gelingen. Dann werden wir, wie in der Koalition vereinbart, noch in diesem Jahr den Gesetzentwurf dafür vorlegen. Ich bin auch in Gesprächen mit der Wirtschaft; denn es ist ja im Interesse auch der Wirtschaft, Arbeitskräfte, die wir brauchen, auf einem legalen Weg in die Bundesrepublik Deutschland zu holen. Da kann uns die Wirtschaft durchaus unterstützen, wozu sie auch bereit ist.

Da möchte ich einen Vorschlag des Fraktionsvorsitzenden der FDP aufgreifen. Er hat gestern gesagt, es wäre ja erstrebenswert, in dieser ganzen Thematik der Zuwanderung den Versuch zu unternehmen, herauszufinden, ob es hier einen größeren gesellschaftlichen Konsens geben kann - auch zur Überwindung von Polarisierung. Wir werden uns also zuallererst eine Meinung in der Koalition bilden und einen Gesetzentwurf machen. Ich möchte Sie einladen, dass Sie sich daran beteiligen - ich hoffe, dass Sie das tun werden -, damit wir bei einer so wichtigen Frage vielleicht sogar Zustimmung über die Koalition hinaus erreichen.

Das dritte Thema mit Ausrufezeichen betrifft unsere Sicherheitsoffensive. Seit vielen Jahren wird - darauf lege ich Wert; wir beginnen nicht erst jetzt mit der Sicherheit - in der Bundesrepublik Deutschland eine Sicherheitsoffensive durch den Bund durchgeführt. Wir führen sie noch weiter. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass diese Offensive gewaltigen Erfolg zeitigt. Laut der Kriminalitätsstatistik des Jahres 2017 haben wir in der Bundesrepublik Deutschland die niedrigste Kriminalitätsrate und die höchste Aufklärungsquote seit 30 Jahren.
Das ist wichtig.

Wir haben in diesen Tagen wieder erlebt, dass ein starker Rechtsstaat eine starke Polizei braucht. Ich bin auch dem Bundespräsidenten dankbar, dass er vor einigen Tagen erklärt hat: Wir brauchen eine starke Polizei. - Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, um der Polizei auf verschiedenen Ebenen, den betroffenen Länderpolizeien aus Sachsen und Sachsen-Anhalt, aber auch der Bundespolizei und den Landespolizeien anderer Bundesländer, zu danken; denn bei allen Diskussionen, die wir hier geführt haben und führen, dürfen wir nicht vergessen, dass die Polizei einen sehr guten Dienst geleistet hat.

Meine Damen und Herren, ich möchte, obwohl ich es wiederholt öffentlich gesagt habe, auch gestern im Innenausschuss, noch einmal ganz klar sagen, was meine persönliche Linie und die Linie in meinem Haus ist: Bei uns gibt es null Toleranz für Rechtsradikalismus, null Toleranz für Antisemitismus, null Toleranz für Ausländerhetze und Ausländerhass. Wo immer so etwas stattfindet, wird es von uns ohne jeden Kompromiss verfolgt.

Wir haben gestern im Innenausschuss und vorher in anderer Besetzung im Parlamentarischen Kontrollgremium den Bericht und die Ausführungen des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gehört. Er hat umfassend und aus meiner Sicht überzeugend seine Handlungsweise dargelegt. Er hat manche Verschwörungstheorien überzeugend entkräften können.

Ich möchte auch sagen: Er hat überzeugend Position bezogen gegen den Rechtsradikalismus, immer und immer wieder.

Ich kenne ihn schon länger und weiß dies auch schon länger. Es ist aber wichtig, dass er dies gestern so eindeutig und wiederholt gesagt hat. Meine Damen und Herren, es ist kein Mangel, wenn der Präsident einer Behörde die Kraft aufbringt, Bedauern über die Wirkung eines Interviews zum Ausdruck zu bringen.

Deshalb hat - das möchte ich Ihnen sagen - Präsident Maaßen weiterhin mein Vertrauen als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als neue Bundesregierung sind ziemlich genau auf den Tag sechs Monate im Amt. Wir hatten uns ja den Vorsatz gegeben: Wir haben verstanden, und wir wollen die Spaltung der Gesellschaft überwinden. Wenn ich mir jetzt erlauben darf, die wichtigsten Maßnahmen dieser sechs Monate in Erinnerung zu rufen: Das war nicht nur erstaunlich viel, was wir diskutiert und entschieden haben, sondern es dient auch sehr dem Ziel, vor dem Hintergrund der sozialen Fragen die Polarisierung in unserer Gesellschaft zu überwinden.

Wir haben ein Rentenpaket mit einer Stabilisierung des Rentenniveaus auf viele Jahre, einer Verbesserung der Erwerbsunfähigkeitsrente und einer Verbesserung der Mütterrente verabschiedet. Wir haben ein Paket für die Arbeitslosenversicherung mit einer Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge um 0,5 Prozent und der Eröffnung von Fortbildungsmaßnahmen durch die Bundesagentur für Arbeit im Bereich der Digitalisierung verabschiedet.

Die Kollegin Barley hat eine wirksame Mieterschutznovelle vorgelegt, die die galoppierenden Mieterhöhungen, vor allem in den Ballungsräumen, dämpfen soll. Wir werden jetzt unsere Überlegungen zum Thema Fachkräftezuwanderung finalisieren und in einen Gesetzentwurf gießen, und wir haben im Bereich der Migration ein ganzes Stück mehr Ordnung geschaffen. Wir sind kurz vor dem Ziel. Wenn noch eine europäische Lösung zustande kommt, dann können wir sagen: Das ist das Regelwerk für die Zukunft.

Wenn ich das alles nach sechs Monaten im Zusammenhang betrachte, dann denke ich, dass diese Bundesregierung eine vorzügliche Arbeit geleistet hat.

Wir haben unseren Auftrag aus dem Koalitionsvertrag ernst genommen, nämlich auf die Menschen zu hören, in ihrem Sinne zu handeln und die sozialen Fragen unserer Gesellschaft zu beantworten, um dadurch - damit bin ich wieder bei meinem Aufgabenbereich - den Zusammenhalt in unserer Bevölkerung zu stärken.

Ich danke.