Startschuss für die unabhängige wissenschaftliche Untersuchung der Sicherheitsgesetze
Pressemitteilung 10.01.2024
Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht erhält Zuschlag für die "Überwachungsgesamtrechnung"
Das Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht wird im Jahr 2024 die Sicherheitsgesetze in Deutschland evaluieren. Im Auftrag des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) und des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) hat das Beschaffungsamt des BMI dafür gestern den Zuschlag erteilt. Das Ergebnis wird eine "Überwachungsgesamtrechnung" sein, welche die bestehenden Befugnisse auf ihre tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen und auf ihre Effektivität hin untersucht. Das Vorhaben ist im Koalitionsvertrag vorgesehen.
Die Überwachungsgesamtrechnung umfasst eine wissenschaftliche und evidenzbasierte Untersuchung, die insbesondere aufzeigen soll, welche Auswirkungen die Überwachungsbefugnisse in den Sicherheitsgesetzen und deren praktische Anwendung auf Freiheit und Demokratie haben.
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin, Bundesministerium des Innern und für Heimat: "Zu unseren wichtigsten Aufgaben gehört es, Freiheit und Sicherheit der Menschen in unserem Land in einem ausgewogenen Verhältnis zu gewährleisten. Die unabhängige, wissenschaftliche Überwachungsgesamtrechnung wird uns ermöglichen, die Sicherheitsgesetze auf ihre Effektivität hin zu untersuchen und letztlich auf ein noch festeres Fundament zu stellen. Ich freue mich, dass das Vorhaben mit der Erteilung des Zuschlags an das Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht nun umgesetzt wird. Die Ergebnisse werden wir bei der künftigen Sicherheitsgesetzgebung berücksichtigen."
Benjamin Strasser, Parlamentarischer Staatssekretär, Bundesministerium der Justiz: "Mit der heutigen Vergabe ist der Startschuss für die Überwachungsgesamtrechnung gefallen. Damit soll das Netz an Überwachungsbefugnissen auf wissenschaftlicher Grundlage ermittelt und analysiert werden. Die sorgfältige Analyse bereits vorhandener Datenerhebungen und ihres Zusammenwirkens ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von wesentlicher Bedeutung für den Gesetzgeber. Denn der Gesetzgeber muss bei der Erwägung neuer Befugnisse auch die Gesamtheit der schon vorhandenen Datensammlungen im Blick behalten und nötigenfalls Zurückhaltung walten lassen.
Die Überwachungsgesamtrechnung ist damit zugleich ein wichtiger Baustein der im Koalitionsvertrag vereinbarten Trendumkehr hin zu einer grundrechtsorientierten und evidenzbasierten Innen- und Rechtspolitik. In einem freiheitlichen Rechtstaat ist nicht nur die Verhältnismäßigkeit der einzelnen Überwachungsbefugnis entscheidend. Auch in der Gesamtheit darf es kein Übermaß an Überwachung geben.
Die Überwachungsgesamtrechnung wird dabei nur ein erster Schritt sein. Anschließend soll eine unabhängige Freiheitskommission etabliert werden. Sie soll zum Beispiel den Gesetzgeber beraten, wenn es um die Frage geht, ob neue Eingriffsbefugnisse wirklich notwendig sind."
Mit der Erteilung des Zuschlags kann mit den Arbeiten an der Überwachungsgesamtrechnung begonnen werden. Ein erster Zwischenbericht soll in einem halben Jahr vorgelegt werden. Die Überwachungsgesamtrechnung soll nach einer Bearbeitungszeit von einem Jahr abgeschlossen sein.
Die Überwachungsgesamtrechnung wird erstmals in einer Gesamtschau die bestehenden Eingriffsbefugnisse auf ihre tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen sowie auf ihre Effektivität hin untersuchen. Sie wird damit ein wichtiges Hilfsmittel bei der künftigen Gesetzgebung im Sicherheitsbereich sein. Zugleich kann die Überwachungsgesamtrechnung auch von der Freiheitskommission, deren Errichtung ebenfalls im Koalitionsvertrag vorgesehen ist und die bei zukünftigen Sicherheitsgesetzgebungsvorhaben beratend tätig werden soll, für die Erfüllung ihrer Aufgaben genutzt werden.
Die Bundesregierung wird parallel zur Durchführung der Überwachungsgesamtrechnung durch das Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht ihre konzeptionellen Überlegungen zur Errichtung der Freiheitskommission fortführen.