Bundesinnenministerin Faeser setzt Kommission zur Aufarbeitung des Olympia-Attentats 1972 ein
Pressemitteilung 21.04.2023
Acht international renommierte Forscherinnen und Forscher werden das Attentat auf die israelische Mannschaft sowie dessen Vor- und Nachgeschichte umfassend wissenschaftlich aufarbeiten
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat heute die internationale Kommission zur Aufarbeitung des Attentats auf die israelische Mannschaft während der Olympischen Spiele in München 1972 eingesetzt. Die Kommission setzt sich aus acht international renommierten Forscherinnen und Forschern zusammen, die allesamt langjährige wissenschaftliche Expertise in dem Forschungsfeld besitzen. Die Kommission wird eine umfassende wissenschaftliche Darstellung und Bewertung der Ereignisse vornehmen. Das Institut für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ) wird ein begleitendes Forschungsprojekt durchführen und die Kommission bei ihrer Arbeit unterstützen. Mit der Einsetzung der Kommission erfüllt die Bundesregierung den letzten Teil, der mit den Angehörigen der Opfer vereinbarten Gesamtkonzeption zum 50. Jahrestags des Attentats.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Wir werden das unermessliche Leid der Angehörigen der Opfer des Münchner Olympia-Attentats von 1972 nie ungeschehen machen können. Das Attentat hat tiefe Wunden hinterlassen. Es ist beschämend, dass quälende Fragen viel zu lange offengeblieben sind. Es fehlte viel zu lange an Aufklärung, Aufarbeitung, Transparenz und der Übernahme von Verantwortung. Dem sind wir uns als heutige Bundesregierung sehr bewusst und haben deshalb gehandelt, um insbesondere die Familien der Opfer zu unterstützen und das Geschehene endlich umfassend aufzuarbeiten. Dazu habe ich heute eine Kommission aus acht herausragenden und international renommierten Forscherinnen und Forschern eingesetzt. Die Kommission wird auch die Geschichte vor und nach dem Attentat grundlegend untersuchen. Mir ist es besonders wichtig, dass auch der Umgang mit den Angehörigen nach dem Attentat und Fragen der Erinnerungskultur umfassend beleuchtet werden. Denn wir wollen und wir müssen daraus lernen. Wir müssen uns den Menschen, deren Leben durch Anschläge dramatisch verändert wurde, mit mehr Empathie und mehr Unterstützung zuwenden."
Ankie Spitzer aus dem Kreis der Angehörigen der Opfer des Olympia-Attentats: "
Wir begrüßen sehr, dass unserem Wunsch entsprochen wurde, die Archive zugänglich zu machen und eine Historikerkommission einzusetzen. Wir danken den renommierten Mitgliedern der Kommission für ihre Bereitschaft, das furchtbare Attentat und seine Nachgeschichte aufzuarbeiten. Das bedeutet uns Familien viel. Die Aufarbeitung wird hoffentlich zu historischer Gerechtigkeit beitragen. Wir danken den Personen und Einrichtungen, die dies ermöglicht haben, von ganzem Herzen!"
Beim Anschlag am 5. September 1972 stürmten Mitglieder einer palästinensischen Terrorgruppe das Quartier der israelischen Mannschaft im Olympischen Dorf in München. Sie erschossen zwei Mitglieder der israelischen Olympia-Mannschaft und nahmen neun weitere als Geiseln. Bei der am gleichen Tag fehlgeschlagenen Befreiungsaktion am Flughafen Fürstenfeldbruck wurden alle Geiseln, ein bayerischer Polizeibeamter sowie fünf der acht Attentäter getötet. Die drei überlebenden Attentäter wurden anschließend festgenommen und wenige Wochen darauf im Rahmen der Entführung der Lufthansa-Maschine „Kiel“ freigepresst. Trotz zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen sind auch heute noch Fragen zu den damaligen Vorgängen unbeantwortet. Anlässlich des 50. Jahrestags des Attentats hatte die Bundesregierung eine Kommission zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des Attentats beschlossen.
Die Mitglieder der Kommission sind:
- Prof. Dr. Ofer Ashkenazi
Professor für Geschichte und Direktor des Richard Koebner Minerva Center für Deutsche Geschichte an der Hebräischen Universität von Jerusalem - Prof. Dr. Michael Brenner
Professor für jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Direktor des Center for Israel Studies an der American University in Washington D.C. - Prof. Dr. Shlomo Shpiro
Direktor des Europa Instituts und Inhaber des Paterson Chair in Security and Intelligence an der Bar-Ilan University in Ramat Gan, Israel - Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze
Professorin i. R. für Zeitgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München - Prof. Dr. Petra Terhoeven
Professorin für Europäische Kultur- und Zeitgeschichte an der Universität Göttingen - Prof. Dr. Shulamit Volkov
Professorin em. für Moderne Europäische Geschichte an der Universität Tel Aviv - Prof. Dr. Klaus Weinhauer
Professor für Neuere Geschichte an der Universität Bielefeld - Prof. Dr. Christopher Young
Professor für Germanistik an der Universität Cambridge
Der Arbeit des Forschungsprojektes und die Ergebnisse werden transparent für die Öffentlichkeit dokumentiert. Über den Verlauf des Forschungsprojekts werden auch Expertinnen und Experten mit weiterem Fachwissen zu unterschiedlichen Themen einbezogen. Im Herbst 2023, im zeitlichen Umfeld des 51. Gedenktages des Anschlags, ist die erste Tagung zum Projekt geplant.