Presserklärung des Bundesinnenministers

Typ: Pressemitteilung , Datum: 25.06.2020

Bundesinnenminister Horst Seehofer zur Diskussion um die Kolumne "All cops are berufsunfähig" in der Zeitung "die tageszeitung" (taz) vom 15. Juni 2020

"Seit längerer Zeit beobachte ich eine deutliche Zunahme von Fällen, in denen Polizistinnen und Polizisten sowie Angehörige von Feuerwehren und Rettungskräften in krasser Weise beleidigt, verächtlich gemacht und - teils durch Worte, teils durch Taten - Opfer von Gewalt werden. Die kritische Begleitung und Auseinandersetzung mit der Tätigkeit der Polizei durch die Medien ist in einer offenen Gesellschaft geboten und unerlässlich und selbst überzogene oder unsachliche Kritik müssen und können wir gut aushalten. Es gibt aber Grenzen des Umgangs miteinander, die in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht überschritten werden dürfen. Diese Grenzen gelten auch zum Schutze derjenigen, die sich tagtäglich für den Erhalt unserer freiheitlichen Gesellschaft einsetzen.

Deshalb sage ich klar und deutlich: Genug ist genug! Die aktuelle Situation verlangt eine klare politische Haltung: Die gesamte Bundesregierung steht hinter der Polizei!

Ich bin dem Herrn Bundespräsidenten außerordentlich dankbar, dass er sich mit der ganzen Autorität seines Amtes hinter unsere Polizistinnen und Polizisten gestellt hat, indem er erklärte: "Wer Polizistinnen und Polizisten angreift, wer sie verächtlich macht oder den Eindruck erweckt, sie gehörten "entsorgt", dem müssen wir uns entschieden entgegenstellen.“

Genau dies tue ich, indem ich mich gegen die Kolumne in der taz wende. Polizistinnen und Polizisten werden dort nicht nur pauschal in engsten Zusammenhang mit Nazis und Terroristen gebracht, die man "streng genommen […] nicht einmal in die Nähe von Tieren lassen“ würde, sie werden dort als auf "die Mülldeponie" gehörend beschrieben, wo sie "von Abfall umgeben sind" und sich "unter ihresgleichen" "bestimmt auch selber am wohlsten" fühlten.

Als Verfassungsminister stehe ich für die Verwirklichung einer Werteordnung ein, die die Würde des Menschen an oberste Stelle stellt. Die Kolumne ist in einer verächtlich machenden, entwürdigenden und menschenverachtenden Sprache geschrieben. Sprache ist verräterisch und die hier gewählte spricht einer ganzen Gruppe von Menschen pauschal ihre Menschenwürde ab. Ich darf und will mich nicht daran gewöhnen, dass dies als zulässige Form der Auseinandersetzung dargestellt wird. Als Innenminister sehe ich mich darüber hinaus auch in einer besonderen Verantwortung für diejenigen, die als Polizistinnen und Polizisten jeden Tag dafür einstehen, dass diese Gesellschaft in Frieden und Freiheit leben kann.

Nach sorgfältiger Abwägung komme ich zu folgendem Ergebnis:

Ich werde die Chefredaktion der Zeitung in das Bundesinnenministerium einladen, um mit ihr den Artikel und seine Wirkung zu besprechen. Außerdem werde ich mich an den Deutschen Presserat wenden, der für die Einhaltung ethischer Standards und Verantwortung im Journalismus sowie für die Wahrung des Ansehens der Presse eintritt. Ich werde den Presserat bitten, zu diesem Artikel, der in meinen Augen einen schweren Verstoß gegen den Pressekodex darstellt, klar Stellung zu beziehen. Schließlich bin ich der Auffassung, dass mit der Kolumne durch die menschenverachtende Wortwahl auch Straftatbestände erfüllt werden. Hierzu liegen bereits Strafanzeigen vor. Die Delikte sind teilweise bereits durch die Staatsanwaltschaft von Amts wegen zu prüfen.

Mir geht es bei der von mir angestoßenen Diskussion nicht um Strafverfolgung einer Person und schon gar nicht um einen Eingriff in die Pressefreiheit. Mir geht es im Gegenteil darum, dass wir dringend eine gesellschaftliche Diskussion darüber führen müssen, wie wir in dieser Gesellschaft miteinander umgehen und wo die Grenzen einer Auseinandersetzung sind. Ich bin dafür bekannt, Auseinandersetzungen – wo nötig – mit klaren Worten auszutragen. Aber wir müssen auf die Verrohung in unserer Gesellschaft reagieren. Und das beginnt mit der Wahl unserer Worte. Niemand hat das Recht, einen anderen Menschen in einer solchen Weise zu verletzen und ihm die Menschenwürde abzusprechen. Dafür stehe und kämpfe ich. Polizistinnen und Polizisten sind in unserem Land nicht Feindbild, sondern Vorbild."

Der Platz vor dem Dienstgebäude am Moabiter Werder

Bundesministerium des Innern und für Heimat
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