Niedrigste Zahl an verübten Straftaten seit 1992
Pressemitteilung 08.05.2018
Polizeiliche Kriminalstatistik und Fallzahlen Politisch Motivierte Kriminalität 2017 vorgestellt
Bundesinnenminister Horst Seehofer und der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der Innenminister Sachsen-Anhalts, Holger Stahlknecht, haben heute gemeinsam in Berlin die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) sowie die Fallzahlen für die Politisch Motivierte Kriminalität (PMK) für das Jahr 2017 vorgestellt.
2017 hat die Polizei 5.761.984 Straftaten festgestellt. Ohne Berücksichtigung der rein ausländerrechtlichen Verstöße wurden 5.582.136 Straftaten erfasst, ein Rückgang um 5,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2016: 5.884.815).
Bundesinnenminister Seehofer erklärte dazu: "Die Zahl der in Deutschland verübten Straftaten ist mit etwa 5,76 Millionen Fällen die niedrigste seit 1992. Noch deutlicher zeigt sich die sinkende Kriminalität bei Betrachtung im Verhältnis zur Bevölkerungszahl: Die Häufigkeit von unter 7.000 Fällen pro 100.000 Einwohner wurde sogar im 30-jährigen Vergleich nie erreicht!"
Allgemeine Entwicklungen
Die folgenden Zahlen beziehen sich auf die bundesweit polizeilich registrierten Straftaten ohne ausländerrechtliche Verstöße.
Bundesinnenminister Horst und der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Holger Stahlknecht stellen die PKS 2017 vor (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Henning Schacht
Die Aufklärungsquote hat mit einem Wert von 55,7 Prozent den höchsten Stand seit Einführung dieser Angaben (Straftaten ohne ausländerrechtliche Verstöße) im Berichtsjahr 2005 erreicht (2016: 54 Prozent). Je nach Kriminalitätsbereich gibt es aber große Unterschiede. Beim Wohnungseinbruchdiebstahl ist sie trotz einer weiteren Steigerung von 16,9 Prozent auf 17,8 Prozent weiterhin gering, bei Tötungsdelikten liegt sie hingegen bei 95,6 Prozent.
Die Zahl der Tatverdächtigen liegt mit 1.974.805 Tatverdächtigen geringfügig unter der des Vorjahres (2016: 2.022.414). Die Mehrheit der Tatverdächtigen ist männlich (2017: 75,6 Prozent), und die Mehrheit wird nur mit einer Straftat im Jahr polizeilich erfasst (2017: 73 Prozent).
Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen an allen Tatverdächtigen beträgt - wie im Vorjahr - etwa 30 Prozent; die Zahl ist 2017auf 599.357 gesunken (2016: 616.230). Davon sind 27,9 Prozent Zuwanderer, dies entspricht einem Gesamtanteil von 8,5 Prozent (2016: 8,6 Prozent) an allen Tatverdächtigen.
Entwicklungen in einzelnen Deliktsbereichen
Bei der Diebstahlskriminalität ist ein Rückgang von 11,8 Prozent auf 2.092.994 Fälle zu verzeichnen. Dies liegt insbesondere am erheblichen Rückgang um 23,0 % (2017: 116.450 Fälle) beim Wohnungseinbruchsdiebstahl sowie um 22,7 Prozent (2017: 127.376) beim Taschendiebstahl.
Der IMK-Vorsitzende, Holger Stahlknecht dazu: "Dass ein konsequentes Vorgehen des Rechtsstaats zum Erfolg führen kann, zeigt uns die Entwicklung beim Wohnungseinbruchdiebstahl: In den vergangenen Jahren hatten wir leider einen besorgniserregenden Anstieg der Wohnungseinbrüche festgestellt. So wurden noch 2015 über 167.000 Wohnungseinbrüche in der PKS erfasst. Vielfältige Maßnahmen von Bund und Ländern haben dazu geführt, dass die Zahl in nur zwei Jahren um mehr als 50.000 Fälle gesunken ist, ein Rückgang um über 30 Prozent!"
Im Jahr 2017 wurden bundesweit 188.946 Fälle von "Gewaltkriminalität" (2016: 193.542 Fälle), darunter 137.058 Fälle von "gefährliche und schwere Körperverletzung" (2016: 140.033 Fälle) registriert. Im Vergleich zum Vorjahr ist die "Gewaltkriminalität" geringfügig um 2,4 Prozent gesunken.
In folgenden Deliktsbereichen sind die Fallzahlen gestiegen: Straftaten gegen das Waffengesetz (+ 10,3 Prozent auf 38.001 Fälle), Rauschgiftdelikte (+ 9,2 Prozent auf 330.580 Fälle) und bei der Verbreitung pornografischer Schriften (+ 12,9 Prozent auf 10.066 Fälle).
Im Bereich Wirtschaftskriminalität gab es im Jahr 2017 einen Anstieg um 28,7 Prozent auf 74.070 Fälle. Ursächlich hierfür ist ein komplexes Ermittlungsverfahren, das 2017 abgeschlossen wurde.
Entwicklungen bei der politisch motivierten Kriminalität
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist im vergangenen Jahr nach Anstiegen in den letzten vier Jahren erstmals wieder um 4,9 Prozent auf 39.505 Straftaten darunter 3.754 Gewalttaten (- 12,9 Prozent) zurückgegangen.
Während die Zahl der Straftaten im Phänomenbereich PMK -rechts- deutlich um 12,9 Prozent zurückgegangen ist, stieg die Zahl der Straftaten im Phänomenbereich PMK -links- um 3,9 Prozent (PMK -rechts-: 20.520; PMK -links-: 9.752).
Die am häufigsten verwirklichten Straftaten (mit 33,9 Prozent) sind Propagandadelikte (z. B. Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, §§ 86, 86a StGB). Im Bereich PMK -rechts- machen sie sogar mehr als die Hälfte aller Straftaten aus (58,6 %).
Die mit Abstand meisten Gewaltdelikte wurden im Bereich der PMK -links- registriert: Insgesamt 1.967, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 15,6 Prozent. Rechtsmotivierte Gewalttaten sind hingegen um 33,5 Prozent (auf 1.130) zurückgegangen.
Bundesinnenminister Seehofer und der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Stahlknecht bei der Pressekonferenz (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Henning Schacht
Bundesinnenminister Horst Seehofer erklärte dazu: "Trotz des Rückgangs der politischen motivierten Straftaten gibt es keinen Grund zur Entwarnung. Der Rechtsstaat muss und wird sich auch weiterhin mit allen Mitteln gegen jede Form von Extremismus und Terrorismus zur Wehr setzen.
Der Anstieg linksmotivierter Gewaltdelikte ist maßgeblich auf die beim G20-Gipfel begangenen Gewaltausbrüche zurückzuführen. Während des Gipfels kam es zu massiven Ausschreitungen in der Hamburger Innenstadt. Das Aggressionsniveau und die Bereitschaft, Leib und Leben der eingesetzten Polizeibeamten vorsätzlich zu gefährden, erreichte eine neue Dimension.
Es ist besonders verwerflich, dass Fotos von Polizisten, die in Hamburg im Einsatz waren, in diesem Frühjahr auf Plakaten im Internet und in linken Szeneläden veröffentlicht wurden. Dass sich die politische Linke davon nicht distanziert hat, finde ich schäbig. Wir haben dagegen ein deutliches Zeichen gesetzt und die Internetplattform "linksunten.indymedia" verboten.
Ich wünsche mir ein entschlosseneres Vorgehen auch der Länder und Kommunen gegen linksautonome Zentren. Für linke Gewalttäter darf es keine rechtsfreien Rückzugsräume und keine öffentliche Förderung geben."
Rückgang der Angriffe auf Asylunterkünfte
Deutlich zurückgegangen sind auch die Angriffe auf Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte. Gegenüber dem Vorjahr ist ein Rückgang um 68,6 Prozent auf 312 Straftaten zu verzeichnen (2016: 995). Damit hat sich der seit Februar 2016 rückläufige Trend weiter fortgesetzt. Die Zahlen liegen damit wieder auf einem ähnlichen Niveau wie vor der starken Zuwanderung in den Jahren 2015 und 2016.
Bundesinnenminister Horst Seehofer erklärte dazu: "Das ist auch ein Erfolg der Maßnahmen der Sicherheitsbehörden. So konnten zuletzt nach umfangreichen Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden der Gruppe Freital Sprengstoffanschläge auf Asylunterkünfte nachgewiesen werden. Ich begrüße es, dass im März 2018 acht Mitglieder der Gruppe wegen Gründung einer und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu langjährigen Haftstrafen zwischen 5 und 10 Jahren verurteilt wurden."
Straftaten im Phänomenbereich ausländische oder religiöse Ideologie
Im Phänomenbereich -ausländische Ideologie- fällt der überwiegende Teil der Straftaten in den Kontext "PKK/Kurden/Türkei". Gegenüber dem Jahr 2016 ist jedoch auch hier ein deutlicher Rückgang um 32 Prozent auf 1.028 Straftaten zu verzeichnen (2016: 1.518). Der Rückgang ist darauf zurückzuführen, dass es an möglichen Anlässen für politisch motivierte Straftaten fehlte.
Im Phänomenbereich -religiöse Ideologie- gab es im vergangenen Jahr 1.102 Straftaten. Dabei liegt bei 95 Prozent dieser Taten ein islamistischer Hintergrund vor.
Anstieg antisemitischer Straftaten
Antisemitische Straftaten sind um 2,5 Prozent gegenüber dem Jahr 2016 angestiegen (2017: 1.504; 2016: 1.468). Der weit überwiegende Teil dieser Straftaten ist nach wie vor dem rechten Spektrum zuzuordnen (94 Prozent).
Bundesinnenminister Seehofer erklärte: "In den letzten Wochen haben wir auch über die Medien verstärkt antisemitische Vorfälle wahrgenommen: In Berlin wurde eine Zweitklässlerin von älteren Schülern aus muslimischen Familien wegen ihrer jüdischen Religion beschimpft. Zwei Rapper haben mit judenfeindlichen Texten den Echo-Musikpreis gewonnen. Schließlich wurde ein junger Israeli mitten in Berlin am Prenzlauer Berg angegriffen, weil er eine Kippa trug.
So verwundert es nicht, dass erstmals die sogenannten "importierten antisemitischen Straftaten" wieder ansteigen – wenn auch auf niedrigem Niveau. Ich möchte an dieser Stelle aber klarstellen, dass von 1.504 antisemitischen Straftaten im Jahre 2017 annähernd 95 Prozent rechtsmotiviert waren.
Viele Opfer von antisemitischen Straftaten scheuen sich derzeit, die Taten bei der Polizei anzuzeigen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat deshalb Ende letzten Jahres ein Forschungsprojekt gestartet, um Zivilgesellschaft und Polizei zur Bekämpfung von vorurteilsgeleiteten Straftaten zusammenzubringen, Vertrauen zu schaffen und zu einer engeren Zusammenzuarbeiten zu motivieren.
Antisemitische Vorfälle, die nicht strafbar sind, aber das inter-religiöse und inter-kulturelle Zusammenleben gefährden, müssen dokumentiert und analysiert werden. Hier sind auch Schulen und Bildungsbehörden gefordert. Ich freue mich, dass der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland, Herr Dr. Felix Klein, hier schon in den wenigen Tagen seit seinem Amtsantritt am 1. Mai so deutliche Akzente für seine wichtige Arbeit gesetzt hat."
Straftaten von "Reichsbürgern und Selbstverwaltern"
Erstmalig wurden im Jahr 2017 auch Straftaten von "Reichsbürgern und Selbstverwaltern" in der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität erfasst. Angehörige dieses Spektrums haben im vergangenen Jahr insgesamt 911 Straftaten, darunter 144 Gewaltdelikte, begangen. Davon waren 380 Delikte politisch rechtsmotiviert; 531 Straftaten fielen in den Bereich "nicht zuzuordnen".
Das belegt die Ausgangsthese, dass "Reichsbürger und Selbstverwalter" ein ideologisch äußerst heterogenes Spektrum darstellen und nur ein Teil der Szene dem Rechtsextremismus zuzuordnen ist. Weil "Reichsbürger" den Staat und seine Rechtsordnung ablehnen, bildeten Widerstandsdelikte gegen Vollstreckungsbeamte einen Schwerpunkt der Delikte.
Auf der Website des Bundekriminalamtes finden Sie zahlreiche weitere Informationen zur PKS 2017 und den Statistiken der Vorjahre (z.B. Straftatenkatalog, Tabellen und Zeitreihen zu Fällen, Tatverdächtigen, Opfern und Belastungszahlen).