Politisch motivierte Kriminalität in Deutschland erreicht neuen Höchststand

Typ: Meldung , Schwerpunktthema: Sicherheit , Datum: 21.05.2024

Antisemitische und rechtsmotivierte Straftaten massiv angestiegen.

Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist im Jahr 2023 erneut gestiegen – und zwar um knapp zwei Prozent auf 60.028 Delikte. Damit befindet sich die politisch motivierte Kriminalität (PMK) auf dem höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Jahr 2001. Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, haben die Statistik politisch motivierte Kriminalität heute vorgestellt. (zur Pressemitteilung)

  • Politisch motivierte Kriminalität 2023

  • 60.028

    Straftaten(neuer Höchststand)

  • 1,89 %

    mehr als im Vorjahr

  • 3.561

    Gewalttaten 11 % geringer als im Vorjahr

  • 1.458

    Straftaten im Bereich religiöse Ideologie über 200 % mehr als im Vorjahr

  • 28.945

    rechte Straftaten über 23 % mehr als im Vorjahr

  • 7.777

    linke Straftaten 11 % mehr als im Vorjahr

Die meisten Straftaten sind rechtsmotiviert

Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Straftaten um ca. 23 Prozent auf 28.945 Straftaten. 1.270 dieser Straftaten waren Gewaltdelikte, das entspricht einer Steigerung um 8,6 Prozent gegenüber 2022. Dazu Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Wir sehen einen neuen Höchststand von Straftaten, die sich gegen unsere offene und freiheitliche Gesellschaft richten.“

Besonders auffallend ist, dass die Straftaten gegen Geflüchtete deutlich zugenommen haben. Die Polizeibehörden registrierten 2.488 Straftaten gegen Asylbewerber und Asylbewerberinnen, darunter 321 Gewalttaten. Insgesamt ist das ein Anstieg um 75 Prozent.
Es wurden auch 179 Straftaten gegen Asylunterkünfte registriert. Das ist eine Steigerung von ca. 50 Prozent zum Vorjahr. Die Straftaten gegen Asylbewerber oder ihre Unterkünfte sind fast zu 90 Prozent politisch rechtsmotiviert.

Dass vom Rechtsextremismus nach wie vor eine besonders hohe Gefahr ausgeht, zeigt sich auch in der Betrachtung der Opferstatistik: 41 Prozent der Opfer von politisch motivierten Gewalttaten wurden von rechtsmotivierten Tätern verletzt. Das ist mit Abstand der größte Teil.

aktuelles Zitat:

Bundesinnenministerin Faeser
"Wir müssen unmissverständlich zeigen, dass der Rechtsstaat diese Gewalt nicht hinnimmt. Die Justiz ist hier ebenso in der Verantwortung wie die Polizei."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Verdoppelung antisemitischer Straftaten

Die Entwicklungen im Nahen Osten nach den Anschlägen der Terrororganisation Hamas gegen den Staat Israel vom 7. Oktober 2023 haben erhebliche Auswirkungen auf die Straftatenentwicklung in Deutschland.

In Deutschland hat der Nahostkonflikt insbesondere zu einem massiven Anstieg antisemitischer Straftaten geführt. Diese Straftaten haben mit 5.164 Delikten einen neuen Höchststand erreicht. Dabei hat sich die Zahl gegenüber dem Vorjahr 2022 fast verdoppelt. Festzuhalten ist aber, dass die meisten antisemitischen Taten weiterhin der politisch rechts motivierten Kriminalität zuzurechnen sind.

Erst seit Oktober 2023 ist eine Zunahme von Straftaten durch ausländische Ideologie oder religiös motivierte Täter bzw. Täterinnen auffallend. Im Bereich religiöse Ideologie stiegen die Taten um mehr als 30 Prozent auf 5.170 Taten; im Bereich religiöse Ideologie gab es eine Steigerung um mehr als 200 Prozent. Der Großteil der registrierten Straftaten in beiden Phänomenbereichen wurde erst nach dem 7. Oktober 2023 begangen.

Mehr Gewalttaten und Hasskriminalität

Grundsätzlich zeigt sich, dass Gewalttaten in fast allen Bereichen deutlich zugenommen haben. Der Rückgang der politisch motivierten Gewalttaten um insgesamt ca. 12 Prozent auf 3.561 Delikte ist ausschließlich auf den Rückgang der Gewaltdelikte im Phänomenbereich PMK -sonstige Zuordnung - zurückzuführen.

Die Ministerin zeigte sich besorgt über die Eskalation der politischen Aggression mit immer stärkeren Einschüchterungsversuchen und Übergriffen gegen Bürgerinnen und Bürger, die sich politisch engagieren. "Gerade die, die sich im Ehrenamt für unsere Gesellschaft engagieren oder bei der Polizei und Rettungsdiensten für andere da sind müssen sehen, dass der Rechtsstaat diese Gewalt nicht hinnimmt," betonte die Ministerin. "Die Justiz ist hier ebenso in der Verantwortung wie die Polizei. Der Rechtsstaat muss deutliche Stopp-Signale setzen," ergänzte sie.

Im Bereich Hasskriminalität wurden 17.000 Fälle gezählt, das bedeutet eine Zunahme um knapp 48 Prozent. Dazu gehören u.a. 322 frauenfeindliche Straftaten, davon 29 Gewaltdelikte. Im Themenfeld "Geschlechtsbezogene Diversität" wurden 854 Straftaten erfasst, darunter 117 Gewaltdelikte und im Themenfeld "Sexuelle Orientierung" wurden 1.499 Straftaten erfasst, davon 288 Gewaltdelikte.

Linksmotivierte Straftaten sind ebenfalls um gut 11 Prozent auf 7.777 Straftaten gestiegen. Die Zahl der Gewaltdelikte ist auf insgesamt 916 Straftaten angestiegen. Der Anstieg etwa von Brandstiftungen um zwei Drittel auf 117 Delikte weist auf das erhöhte Gefährdungspotenzial der Szene hin.

Auch die Zahl der politisch motivierten Tötungsdelikte ist angestiegen. Wurden 2022 noch neun versuchte Tötungsdelikte gezählt, waren es 2023 siebzehn versuchte und drei vollendete Tötungsdelikte.

Weniger diffus ideologische Straftaten

Einen Rückgang von ca. 30 Prozent wurde im Themenfeld "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 2023 phänomenübergreifend verzeichnet. Delikte wie Beleidigung, Nötigung und Erpressung sind teilweise deutlich zurückgegangen, was darauf zurückgeführt werden kann, dass die Sicherheitsbehörden verstärkt mit Maßnahmen gegen Personen aus diesem Spektrum vorgegangen sind.

Mit dem Nachlassen des Protestgeschehens im Zusammenhang mit den Schutzmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie wurde im Phänomenbereich "sonstige Zuordnung" ein Rückgang der Straftaten um gut 30 Prozent auf 16.678 Straftaten verzeichnet werden.