"Jeder bewiesene Fall ist eine Schande. Jeder bewiesene Fall ist ein Fall zu viel!"

Typ: Meldung , Schwerpunktthema: Ministerium , Datum: 07.10.2020

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat den Lagebericht "Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden" vorgestellt

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat heute gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang den Lagebericht "Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden" vorgestellt. An der Pressekonferenz nahmen auch der Präsident des Bundeskriminalamtes Holger Münch und der Präsident des Bundespolizeipräsidiums Dr. Dieter Romann teil. 

Der Lagebericht wurde auf Initiative des Bundesinnenministers mit einem Betrachtungszeitraum vom 01. Januar 2017 bis 31. März 2020 vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erstellt. Alle Sicherheitsbehörden des Bundes (BfV, BPol, BKA, BND, MAD, Zollverwaltung und die Polizei des Deutschen Bundestages), alle Landesämter für Verfassungsschutz sowie auch die Landeskriminalämter und Landespolizeibehörden haben mitgewirkt und dazu beigetragen, dass erstmalig ein umfassender Überblick über rechtsextremistische Verdachts- und Vorfälle bei den Sicherheitsbehörden zusammengetragen werden konnte. 

Eingangs seiner Ausführungen betonte Bundesinnenminister Horst Seehofer: "Die geringe Zahl von erwiesen rechtextremistischen Fällen zeigt: Die ganz überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden steht fest auf dem Boden des Grundgesetzes. Es gibt kein strukturelles Problem." 

Noch bevor Thomas Haldenwang (Präsident BfV) die Zahlen im Einzelnen vortrug, zog der Bundesinnenminister aus dem Bericht folgende Schlussfolgerungen: 

  1. Die nun vorliegenden Fakten müssen analysiert, Hintergründe und Motivlagen hinterfragt und Meldewege untersucht und vor allem der Lagebericht inklusive einer Analyse fortgeschrieben werden. Hierbei spiele die beim BfV neu eingerichtete Zentralstelle zur Bekämpfung des Rechtsextremismus eine entscheidende Rolle.
  2. Der Bundesinnenminister werde dem Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus vorschlagen, eine umfassende Untersuchung zu Erscheinungsformen von Rassismus in allen Bereichen der Gesellschaft in Auftrag zu geben, ohne dies auf eine Berufsgruppe zu beschränken.
  3. Außerdem wird das Bundesinnenministerium eine Studie zu Motivationslagen von Polizeianwärtern, sich für den Polizeiberuf zu bewerben sowie zum Polizeialltag und der zunehmenden Gewalt gegen Polizeibeamte in Auftrag geben.

Seehofer wies auf die Vorbildfunktion des Öffentlichen Dienstes hin und stellte deutlich heraus: “Jeder bewiesene Fall ist eine Schande. Jeder bewiesene Fall ist ein Fall zu viel, der alle Beschäftigten der Sicherheitsbehörden in Mitleidenschaft zieht."

Der Minister stellte klar, dass sich die Bundesregierung einig sei, jeden Einzelfall konsequent aufzuklären und rigoros zu verfolgen. Es gelte der Grundsatz: Null Toleranz bei extremistischen Aktivitäten.

Die Zahlen im Einzelnen                                            

Die Bundessicherheitsbehörden leiteten im Erhebungszeitraum Ermittlungen in insgesamt 58 Verdachtsfällen ein und hatten insgesamt 62 Verfahren zur Folge, wobei aus einem Verdachtsfall mehrere Verfahren folgen können.

Die Verfahren verteilen sich auf

  • 38 disziplinarrechtliche Verfahren,
  • 23 Entlassungen aus dem Beamtenverhältnis oder Nichternennungen in das Beamtenverhältnis
  • sowie in einem Fall arbeitsrechtliche Maßnahmen bei einem Tarifbeschäftigten.

Von den 62 eingeleiteten dienst- und arbeitsrechtlichen Verfahren beziehungsweise Maßnahmen wurden 24 bereits mit einer Sanktionsmaßnahme beendet und sieben Verfahren wurden eingestellt.

Die andere Hälfte der Verfahren – in absoluten Zahlen 31 – sind noch nicht abgeschlossen.

Die 319 Verdachtsfälle bei den Sicherheitsbehörden der Länder führten zur Einleitung von 303 Verfahren – davon

  • 237 disziplinarrechtliche Verfahren,
  • 48 Entlassungen oder Nichternennungen in das Beamtenverhältnis
  • sowie in 18 Fällen zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen.

Von allen eingeleiteten Verfahren – eingerechnet der Vorermittlungen und Strafverfahren – wurden

  • 100 bereits mit einer Sanktionsmaßnahme beendet,
  • 67 Verfahren eingestellt
  • und 159 eingeleitete Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. 

Im Bereich des BMVg wurden im Zeitraum 1. Januar 2017 bis Januar 2020 46 einfache Disziplinarmaßnahmen, zehn gerichtliche Disziplinarmaßnahmen sowie 40 Strafverfahren eingeleitet. Von den Strafverfahren wurden 24 Verfahren eingestellt. In den Jahren 2018 und 2019 wurden insgesamt 70 Soldaten wegen rechtsextremistischer Verfehlungen entlassen. Mit Stand 9. April 2020 liefen noch 42 Entlassungsverfahren gegen Soldaten mit Bezug zum Rechtsextremismus.