"Ich bin mir sicher, dass wir einige Topleistungen unseres Teams erleben werden"

Typ: Interview , Datum: 08.02.2018

Ein Interview mit Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière zu den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang

dpa

Das Interview führte: Andreas Schirmer

Deutschland gewann bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi nur 19 Medaillen, die wenigsten seit der Wiedervereinigung. Der DOSB steckt für Pyeongchang das Ziel 19 plus X Medaillen. Halten Sie dieses Ziel nicht für zu pessimistisch und sollte nicht nach den guten Resultaten in den beiden letzten Wintern mehr rausspringen? In Vancouver 2010 holte das Team Deutschland immerhin 30 Medaillen!

Zunächst einmal ist eine solche Zielvorgabe Sache des Sports. Die wissen es am besten. Natürlich wünsche ich mir ein besseres Abschneiden unserer Mannschaft als in Sotschi. Mich stimmen die guten Ergebnisse aus den letzten Wettkämpfen jedenfalls hoffnungsfroh. Es gab aber leider auch einige Verletzungen, wie die bitteren Kreuzbandrisse von Felix Neureuther und Svenja Würth. Unsere Athletinnen und Athleten sind aber insgesamt sehr gut vorbereitet. Ich bin mir sicher, dass wir in Pyeongchang einige Topleistungen unseres Teams erleben werden. Und ich selbst werde ab dem 12. Februar ja auch für ein paar Tage vor Ort sein, um Daumen zu drücken, mit zu fiebern und anzufeuern.

Russland darf mit 169 Athleten nach dem Skandal um Manipulation und Austausch von Doping-Proben im Analyselabor bei den Sotschi-Spielen sowie nachgewiesenen systematischem Sportbetrugs in Pyeongchang - unter neutraler Fahne und ohne Hymne - starten. Ist diese Entscheidung des IOC richtig, ebenso die, Russland bei gutem Benehmen schon bei der Schlussfeier wieder als vollwertiges Mitglied in die Olympische Familie aufzunehmen - der geht das doch zu schnell?

Die WADA und das IOC waren sehr konsequent in ihren Entscheidungen. Das russische Nationale Olympische Komitee von den Winterspielen auszuschließen, habe ich als klares und richtiges Signal des IOC empfunden. Wer systematisch dopt, hat keinen Platz in der olympischen Familie. Richtig ist es auch, dass sich das IOC auch um Einzelfallgerechtigkeit bemüht hat, indem es die sauberen russischen Athletinnen und Athleten, die die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, in Pyeongchang unter Olympischer Flagge starten lässt. Bei den gerichtlichen Entscheidungen des CAS ist ja das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ich persönlich kenne die Beweislage nicht. Insofern rate ich zu Zurückhaltung in der Bewertung. Auf jeden Fall rate ich zu Härte, nicht zu Milde.

Nordkorea nimmt an den Winterspielen in Pyeongchang teil, marschiert mit Südkorea gemeinsam bei der Eröffnungsfeier ein und bildet ein gemeinsames Frauen-Eishockeyteam. Kann das über die Spiele hinaus ein Chance sein, mit Nordkorea auch auf der Ebene der Politik konstruktiv ins Gespräch zu kommen. Oder könnte das böse Erwachen noch während der Spiele kommen? Kim Jong-un ist unberechenbar!

Es ist schon eine schöne Geste für den olympischen Gedanken, wenn die beiden Koreas vor dem Hintergrund der Olympischen Spiele das erste Mal seit zwei Jahren wieder direkt miteinander reden. Spürbarer kann die Olympische Idee ja kaum in Erscheinung treten. Natürlich kann diese Annäherung Gespräch auf politischer Ebene nicht ersetzen. Aber es bleibt ein kleiner Schritt der Entspannung. Ich hoffe insgesamt auf friedliche und faire Spiele.

Die deutschen Topsportler fordern immer vehementer, besser gefördert zu werden, um professionell und abgesicherter zu sein und um in der Weltspitze mithalten zu können. 650 bis 1000 Euro durch die Sporthilfe sei zu wenig. Ist die Kritik berechtigt und wird eine Lösung im Zuge der Leistungssportreform angestrebt?

Wir haben rund 958 Sportförderplätze in der Bundespolizei, der Bundeswehr und beim Zoll. Damit sind rund ein Viertel aller Athletinnen und Athleten durch unsere Maßnahmen umfassend abgesichert. Darüber hinaus stehen unsere Athleten und Trainer im Mittelpunkt der Spitzensportreform. Das haben wir immer wieder betont. Um sie herum soll ein optimiertes Fördersystem geschaffen werden. Natürlich geht es dabei auch um die wirtschaftliche Absicherung der Spitzensportler. Wir können über alles reden.

Aber bisher haben wir ein bewährtes System in der Aufteilung mit dem Sport: Der Bund fördert die Verbände und Strukturen, die Deutsche Sporthilfe fördert den einzelnen Sportler. Es gibt ja auch Kooperationen. Gemeinsam mit der Deutschen Sporthilfe unterstützen wir beispielsweise ehemalige olympische und paralympische Spitzensportler nach Beendigung ihrer aktiven Laufbahn beim Schritt in ihre berufliche Karriere.

Mindestens so wichtig wie die Unterstützung während der aktiven Zeit sind Perspektiven für die Zeit danach. Einen ersten umfassenden Ansatz gibt es da bereits mit unserem "BMI-Sprungbrett". Schließlich sind unsere Sportlerinnen und Sportler diejenigen, die uns über Jahre begeistert und unser Land hervorragend in der Welt vertreten haben.