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Typ: Artikel

Wichtige Begriffe kurz erläutert

Hier finden Sie - nach Schlagworten sortiert - Kurzinformationen rund um die vielfältigen Themen des Bundesministeriums des Innern.

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Die Angehörigen nationaler Minderheiten pflegen in Deutschland und anderen Ländern Europas über jahrhundertealte Sitten und Gebräuche. Ihre Sprache bedeutet für sie kulturelle Identität, die sie an ihre Kinder und Enkelkinder weitergeben wollen.

Gerade weil sie vielerorts Schwierigkeiten haben, ihre Sprache und Kultur zu pflegen, brauchen sie hierfür sowohl gesellschaftliche als auch staatliche Unterstützung. Die Förderung der nationalen Minderheiten ist daneben aber auch von großer politischer Bedeutung: Nicht nur ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass unzählige Konflikte, Krisen und Kriege in Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten wurzeln.

Der Schutz der geschichtlich gewachsenen Minderheiten und ihrer Sprachen trägt zur Erhaltung und Entwicklung kulturellen Reichtums bei. Kulturelle Vielfalt wiederum fördert Toleranz, welche unabdingbar für eine gelebte und lebendige Demokratie ist. Durch den Schutz nationaler Minderheiten wird daher auch der innerstaatliche Friede gewahrt und der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt.

Nationale Minderheiten in Deutschland

Als nationale Minderheit werden in Deutschland Bevölkerungsgruppen bezeichnet, die unter dem Schutz des Rahmenübereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten vom 1. Februar 1995 stehen. Das in Deutschland am 1. Februar 1998 in Kraft getretene Übereinkommen wird auf die die dänische Minderheit, die friesische Volksgruppe, die deutschen Sinti und Roma sowie das sorbische Volk angewandt.

Die Bundesregierung sieht als nationale Minderheiten jene Gruppen an, die folgenden Kriterien entsprechen:

  • ihre Angehörigen sind deutsche Staatsangehörige;
  • sie unterscheiden sich vom Mehrheitsvolk durch eigene Sprache, Kultur und Geschichte (eigene Identität);
  • sie wollen diese Identität bewahren;
  • sie sind traditionell in Deutschland heimisch;
  • sie leben innerhalb Deutschlands in angestammten Siedlungsgebieten.

Während die dänische Minderheit, die friesische Volksgruppe und das sorbische Volk traditionell in bestimmten, geografisch fest umrissenen Regionen Deutschlands siedeln, leben die deutschen Sinti und Roma traditionell – meist in kleinerer Zahl – nahezu in ganz Deutschland.

Deutsche Minderheiten

Die deutschen Volksgruppen in anderen Staaten Europas werden in der Regel als "deutsche Minderheit" bezeichnet. Einige dieser Staaten haben das Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten ebenfalls ratifiziert und die deutsche Minderheit unter dessen Schutz gestellt (z. B. Dänemark oder Rumänien).

In den Staaten Ostmittel-, Ost- und Südosteuropas (MOE-Staaten) sowie den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion leben insgesamt noch circa 1 Million Angehörige der deutschen Minderheiten. Die historischen Gründe für die Siedlung der Deutschen dort sind vielfältig und komplex. Es handelt sich vielfach um Nachfahren deutscher Auswanderer, die in mehreren Siedlungsbewegungen in die heutigen MOE- und GUS-Staaten, hier insbesondere die Wolgaregion, gekommen sind. Unter Stalin wurden viele von ihnen unter oft grausamen Bedingungen insbesondere nach Sibirien und Kasachstan deportiert, wo sie zum Teil heute noch leben. In Polen sind es die deutschen Staatsangehörigen, die nach der Abtrennung der ehemals deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie in ihrer Heimat geblieben sind bzw. deren Nachkommen.

Seit der Volksabstimmung zur Teilung Schleswigs im Jahre 1920 besteht auch eine deutsche Volksgruppe in Dänemark (Nordschleswiger). In Belgien gibt es eine deutschsprachige Gemeinschaft, die als autonome Gebietskörperschaft über weitgehend politische Eigenständigkeit verfügt. In Italien lebt die größte deutschsprachige Minderheit in der Provinz Bozen-Südtirol.

Die Angehörigen der deutschen Minderheiten haben – in vielen Siedlungsgebieten: trotz zahlreicher Schwierigkeiten – bis heute ihre deutsche Identität und Kultur weitgehend bewahrt.

Förderung für deutsche Minderheiten

Die von Deutschland gewährte Unterstützung für die deutschen Minderheiten in den MOE-Staaten sowie den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion ist Ausdruck einer besonderen historischen Verantwortung und Solidarität für die Deutschen, die wegen ihrer Volkszugehörigkeit während und infolge des Zweiten Weltkrieges besondere Lasten zu tragen hatten. Die besonderen Zuwendungen für die Deutschen dort sind somit Teil der Bemühungen der Bundesrepublik Deutschland um Bewältigung der Folgen des Zweiten Weltkrieges.

Gerade vor dem Hintergrund aktueller politischer Herausforderungen können die deutschen Minderheiten im Ausland wegen ihres Verständnisses der Kultur des Landes, in dem sie leben, sowie der deutschen Kultur eine Mittlerrolle übernehmen. Sie bilden Brücken zu Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ihrer Heimatländer und sind daher ein Element der bilateralen Beziehungen Deutschlands mit vielen Staaten.

Es ist daher ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung, die deutschen Minderheiten vor Ort in ihrem Selbstverständnis und ihrer kulturellen Identität und dem Erhalt ihrer Sprache zu bestärken.

Die Bundesregierung unterstützt die Angehörigen der deutschen Minderheiten aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, des Auswärtigen Amtes sowie – zusätzlich im Bereich der MOE-Staaten – der Beauftragten für Kultur und Medien überwiegend im Wege der Projektförderung.

Aus den Mitteln des Auswärtigen Amtes werden kulturelle, sprach- und bildungsfördernde Maßnahmen finanziert. Ein Großteil dieser Maßnahmen wird dabei von den Kulturmittlern des Auswärtigen Amtes durchgeführt (vor allem durch das Institut für Auslandsbeziehungen, das Goethe-Institut, die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen und den Deutschen Akademischen Austauschdienst). Ein weiterer Teil dieser Mittel wird über die deutschen Auslandsvertretungen vergeben. Die Förderung deutscher Minderheiten ist als integraler Bestandteil der allgemeinen deutschen auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zu sehen.

Die Beauftragte für Kultur und Medien fördert auf der Grundlage des § 96 Bundesvertriebenengesetz Projekte, die der Vermittlung, der wissenschaftlichen Erforschung sowie der Sicherung und dem Erhalt des kulturellen Erbes der historischen deutschen Ost- und Siedlungsgebiete im östlichen Europa dienen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat unterstützt vor allem gemeinschaftsfördernde, identitäts- und verbandsstärkende Maßnahmen, sozial-humanitäre Projekte, Maßnahmen in wirtschaftsbezogenen Bereichen sowie die Förderung des Aufbaus zukunftsfähiger Selbstverwaltungen. Dabei sollen die Projekte zur Akzeptanzförderung auch dem Umfeld zugutekommen. Die Maßnahmen erfolgen in enger Absprache mit den Angehörigen der deutschen Minderheiten vor Ort und im Einvernehmen mit den jeweiligen Regierungen der Herkunftsstaaten. Zu diesem Zweck bestehen zurzeit Regierungskommissionen mit Rumänien, der Russischen Föderation, Kasachstan, Kirgisistan und Usbekistan.

Die Bundesrepublik Deutschland fördert auch die Arbeit der deutschen Volksgruppe in Dänemark. Diese wird durch den Bund Deutscher Nordschleswiger vertreten. Über dessen institutionelle Förderung werden deutsche Schulen, Kindergärten, Bibliotheken und sonstige kulturelle Einrichtungen und Aktivitäten unterstützt.