Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet

Typ: Häufig nachgefragt

Ist die Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet nicht eine falsche Schwerpunktsetzung? Müsste nicht vielmehr die Produktion und damit der Missbrauch von Kindern vorrangig bekämpft werden?

Vorrangiges Ziel im Kampf gegen die Kinderpornografie ist und bleibt die Identifizierung von Tätern und Opfern in kinderpornografischen Darstellungen und damit insbesondere die Beendigung andauernder Missbrauchsfälle. Da zwischen Produzenten und Tätern - sofern diese nicht selbst die Produzenten sind - in der Regel eine Beziehung besteht, ist die Identifikation der Täter eine wichtige Spur zum Produzenten. Zu Zwecken der Täter/Opfer-Identifizierung werden u. a. entsprechende Informationen gesammelt und in einer Bildvergleichssammlung im BKA vorrätig gehalten.

Sind die Zugangssperren ein Ersatz für die mühsame Verfolgung der Täter im In- und Ausland?

Nein. Sperrungen sind Bestandteil einer Gesamtstrategie gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und seiner Darstellung im Internet. Sie sollen die Täterermittlung und die Schließung von kinderpornografischen Websites nicht ersetzen, sondern ergänzen.
Das BKA und die Landeskriminalämter (LKA) leisten im Inland hervorragende Arbeit. Die häufigen Meldungen in der Presse über ausgehobene Kinderpornografie-Ringe belegen das. Die Ermittler werden auch weiterhin konsequent daran arbeiten, die Täter im In- und Ausland zu ermitteln und diejenigen, die solches Material vom Ausland aus verbreiten, zu belangen. Zugangserschwerende Maßnahmen sind als flankierende Maßnahmen in einem Gesamtkonzept der Bekämpfung der Herstellung, Verbreitung und des Besitzes von Kinderpornografie sinnvoll, denn sie

  • stören nachhaltig die Erreichbarkeit der Webseiten,
  • erschweren ungewollte Konfrontation mit Kinderpornografie,
  • erschweren die Gewinnung neuer Kunden,
  • reduzieren Tätergewinne durch rückläufige Kundenzahlen,
  • verhindern fortgesetzte Viktimisierung/Traumatisierung der dargestellten Opfer.

Ist die Mühe nicht vergebens, weil man an die ausländischen Anbieter ohnehin kaum herankommt?

Das Anbieten kinderpornographischer Internetinhalte ist nahezu weltweit strafrechtlich relevant. Um die Täter zu verfolgen, haben wir das Instrument der internationalen Rechtshilfe. Da es aber in der Praxis langwierig und mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, die Anbieter und Täter des sexuellen Missbrauchs zu belangen, müssen auch die Zugangsanbieter zur Etablierung zugangserschwerender Maßnahmen im Inland in die Pflicht genommen werden, über die die große Masse des kinderpornografischen Materials zu den Nutzern gelangt. Damit sollen die ausländischen Anbieter auch wirtschaftlich getroffen werden, denn mit deutschen Kunden werden große Summen verdient. Wenn kein Geld mehr fließt, sinkt auch die Gefahr für die Kinder in anderen Ländern, von skrupellosen Geschäftemachern missbraucht zu werden.

Sind denn Webseiten überhaupt das Problem? Werden nicht Kinderpornos über geschlossene Foren, Peer-to-Peer Technologien oder anonyme Sharehoster getauscht?

Richtig ist, dass nach polizeilichen Erkenntnissen alle über das Internet verfügbaren Dienste von Pädophilen genutzt werden, um an kinderpornografisches Material zu gelangen. Zwar ist die genaue Verteilung auf die verschiedenen Dienste nicht bekannt. Bekannt ist allerdings aus Ermittlungsverfahren der Vergangenheit, dass die Verbreitung über Webseiten jedenfalls auch ein etablierter, zumeist kommerzieller Verbreitungsweg ist. Überdies kommt dieser Verbreitungsform allein wegen der für jedermann ohne besondere technische Kenntnisse frei zugänglichen Darstellungen eine besondere Bedeutung zu.

Sind Zugangssperren nicht leicht zu umgehen, indem die Anbieter ständig die Adressen wechseln?

Sofern eine entsprechende Webseite kommerziellen Hintergrund hat, besteht seitens des Anbieters ein Interesse, dass ihn seine Kunden einfach erreichen. Ein ständiger Adresswechsel verursacht Aufwände für Kunden und Anbieter. Es ist daher zu erwarten, dass insbesondere kommerzielle Anbieter zumindest über eine gewisse Zeit unter ein und derselben Adresse erreichbar sein werden. Zusätzlich sieht das Zugangserschwerungsgesetz eine tägliche Aktualisierung der Liste vor, um einer solchen Umgehung entgegenzuwirken.

Gibt es einen kommerziellen Markt für Kinderpornografie? Welche Summen werden umgesetzt?

Ja. Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist jedes Jahr durchschnittlich 150 Fälle der gewerbs- und bandenmäßigen Verbreitung von Kinderpornografie aus, welche von den aufnehmenden Polizeidienststellen der Staatsanwaltschaft zur weiteren Veranlassung vorgelegt wurden.
Hierbei handelt es sich meist um Webseiten, bei denen gegen ein Entgelt der Zugang zu kinderpornografischen Inhalten angeboten wird. Erkenntnisse aus Ermittlungsverfahren gegen die Betreiber zeigen, dass bei solchen Webseiten erhebliche Summen umgesetzt werden (2002: Einnahmen eines Verdächtigen von 5,5 Mio. US-Dollar, 2004: 1,3 Mio. US-Dollar pro Woche, 2007: 1,2 Mio. US-Dollar im Monat).

Gibt es einen kommerziellen Markt für Kinderpornografie? Welche Summen werden umgesetzt?

Technisch versierte Internetnutzer werden immer Wege finden, Zugangssperren zu umgehen. Selbst wenn man daher keine hundertprozentige Sperre erreichen wird, ist es jedoch unter präventiven Gesichtspunkten bereits als Erfolg zu werten, wenn der Zugang zu solchen Inhalten erschwert wird. Es ist davon auszugehen, dass dies jedenfalls im Hinblick auf die Mehrzahl der Internetnutzer der Fall ist.

Der grundsätzliche Erfolg eines solchen Systems lässt sich überdies an den positiven Erfahrungen anderer Länder belegen, die bereits derartige Zugangssperren eingerichtet haben.

Zudem würde mit der im Zugangserschwerungsgesetz vorgesehenen Anzeige der geplanten Stopp-Seite eine in kriminalpräventiver Hinsicht wesentliche Warnfunktion erfüllt. Der Nutzer, der versucht, auf eine gesperrte Seite zuzugreifen, bekommt die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens nochmals vor Augen geführt, was jedenfalls auf diejenigen, die nicht zu den „Hardcore-Nutzern“ zählen, durchaus eine abschreckende Wirkung haben wird.

In welchen Ländern werden die kinderpornografischen Webseiten hauptsächlich gehosted?

Nach den bisher gewonnenen Erkenntnissen wird ein Großteil der Seiten auf Computern in den USA und aus Russland vorgehalten.

Warum funktioniert das Löschen in diesen Staaten nicht – sind sie nicht alle Unterzeichnerstaaten der UN–Konvention?

Nach bisher vorliegenden Erkenntnissen sind vor allem infrastrukturelle Gründe in den jeweiligen Staaten für die Schwierigkeiten bei der Löschung verantwortlich. So kommen in den USA bspw. rund 15.000 Provider als Adressaten von Löschersuchen in Betracht. Um zukünftig die Zusammenarbeit mit hauptbetroffenen Staaten noch weiter zu verbessern, wurden mit den genannten Staaten Gespräche aufgenommen. Im Falle der Zusammenarbeit mit den USA leitet das BKA zur Beschleunigung der Verfahrensabläufe überdies seine Meldungen zusätzlich zum Interpol-Weg auch direkt an die zuständige US-Zentralstelle National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) weiter.

Kann man nicht durch einen direkten Zugang zu den Providern bessere Ergebnisse erhalten?

Der Ansatz, kinderpornografische Netz-Inhalte löschen zu lassen, ist Teil der seit Jahren durch das BKA praktizierten Strategie zur Bekämpfung kinderpornografischer Inhalte im Internet.

Im Fall von im Inland physikalisch gehosteten Inhalten nimmt das BKA hierzu direkten Kontakt mit den verantwortlichen Host-Providern auf. Im Regelfall erfolgt eine Löschung werktäglich binnen weniger Stunden. Für im Ausland gespeicherte Inhalte übermittelt das BKA in der Regel auf dem Interpol-Weg Meldungen mit der Bitte um Veranlassung der Löschung durch die jeweils zuständige staatliche Stelle. Zusätzlich übermittelt BKA diese Erkenntnisse über jugendschutz.net an die INHOPE-Partnerdienststellen (International Association Of Internet Hotlines), um über diesen Weg die Löschung der Inhalte zu erreichen. Eine daraus resultierende Steigerung der Löschquote lässt sich allerdings bisher nicht verzeichnen. Eine unmittelbare Inanspruchnahme ausländischer Provider scheidet mangels hoheitlicher Befugnisse im Ausland aus.

Stellt die Sperrung eine nach Artikel 5 Absatz 1 Satz 3 GG unzulässige Zensur dar?

Nein. Unzulässig ist allein ein staatliches Eingreifen vor der eigentlichen Veröffentlichung, die so genannte Vorzensur. Hier geht es jedoch um die Sperrung des Zugangs zu existierenden und damit der Öffentlichkeit bereits zugänglichen Angeboten im Internet. Es ist staatlichen Behörden daher unbenommen, das Anbieten solcher verabscheuungswürdigen und nach deutschem Recht strafbaren Inhalte zu unterbinden.

Verstößt die geplante Sperrung gegen das von Artikel 10 Abs. 1 GG geschützte Fernmeldegeheimnis des Nutzers, dem der Zugriff auf die gesperrte Webseite verwehrt wird?

Nein. Der bloße Aufruf eines öffentlich zugänglichen Angebots im Internet ist nicht durch Artikel 10 Abs. 1 GG geschützt. Allein in der Verhinderung des Zugangs zu einer bestimmten Information (hier mit kinderpornografischem Inhalt) liegt daher kein Eingriff in das Fernmeldegeheimnis, das allein die Vertraulichkeit des Kommunikationsmittels im Rahmen einer individuellen Kommunikation schützt.

Wie geht es weiter?

Dem Koalitionsvertrag entsprechend werden nach Ablauf eines Jahres Erfolg und Wirksamkeit der Maßnahmen zur Löschung kinderpornografischer Inhalte im Internet evaluiert. Auf der Grundlage einer soliden Tatsachenbasis wird sodann eine ergebnisoffene Neubewertung erfolgen.