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Typ: Häufig nachgefragt

Warum gerade jetzt eine solche Übung?
Ist die Bedrohungslage so ernst, dass eine mögliche Zusammenarbeit von Polizei und Bundeswehr absehbar notwendig wird?

Deutschland steht im Zielspektrum des Terrorismus und unterliegt damit eindeutig einem Gefährdungspotential, das sich jederzeit durch terroristische Taten konkretisieren kann. Die Bedrohungslage wird durch den Bundesinnenminister bereits seit Jahren als ernst eingestuft. Die zurückliegenden Anschläge in Europa, unter anderem auch in Deutschland, haben gezeigt, dass eine frühzeitige und intensive Vorbereitung der Sicherheitsbehörden unerlässlich ist.

Durch eine großflächige, lang andauernde und länderübergreifende Lage mit zeitgleich stattfindenden Terroranschlägen könnte in Deutschland eine katastrophenähnliche Situation entstehen, mit deren Bewältigung mit dem den Polizeien der Länder und des Bundes zur Verfügung stehenden Personalkörper bzw. der vorhandenen technischen Ausstattung an Grenzen kommt.
In diesen Fällen könnte eine Unterstützung der Polizeien durch die Bundeswehr in Betracht kommen. Insofern ist eine gemeinsame Übung notwendig, um das Zusammenwirken der Polizeien mit der Bundeswehr zu üben. Darauf und auf den Übungstermin im März 2017 haben sich der Bund und die übungsbeteiligten Länder geeinigt.

Wie realistisch und wie wahrscheinlich sind die Übungsannahmen für das Szenario?

Das Szenario wurde in dieser Art ausgestaltet, um die Grundvoraussetzungen für eine Unterstützung der Länderpolizeien durch die Bundeswehr zu schaffen und allen beteiligten Ländern die Möglichkeit zu bieten, Anträge nach Artikel 35(2) GG zu stellen.

Es gilt bei der Erstellung von Szenarien für Übungen immer die Maxime "Das Undenkbare denken": Radikalisierte Einzeltäter und terroristische Organisationen veränderten in der Vergangenheit mehrfach ihre Vorgehensweise und Strategien bei der konkreten Durchführung von Anschlägen. Fiktionen wurden teilweise zu bitterer Realität. Die Anschlagsplanungen und -ausführungen variierten dabei ebenso wie die eingesetzten Tatmittel und die logistischen Ausstattungsgrade.

Gab es jemals eine vergleichbare Übung?

Eine vergleichbare, länderübergreifende Stabsrahmenübung von Polizei und Bundeswehr hat es bisher nicht gegeben.

Unter welchen Umständen darf die Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden?

Der Einsatz der Streitkräfte im Inneren ist verfassungsrechtlich nur ausnahmsweise und nur dann zulässig, wenn das Grundgesetz selbst dieses ausdrücklich gestattet (Art. 87a Abs. 2 GG). Der verfassungsrechtliche Einsatzbegriff meint die Verwendung der Streitkräfte als "Mittel der vollziehenden Gewalt". Der Verfassungsvorbehalt betrifft demnach eine hoheitliche Verwendung von in der Regel bewaffneten Vollzugsorganen. Nicht unter den Einsatzbegriff fallen alle Formen technischer Hilfeleistung, die im Wege der Amtshilfe gemäß Art 35 Abs. 1 GG auch durch Streitkräfte geleistet werden können. Bisher haben die Streitkräfte im Inland ausschließlich im Rahmen von technischer Amtshilfe unterstützt. Die Verfassung ermöglicht den Einsatz der Streitkräfte im Spannungs- und Verteidigungsfall (Art. 87a Abs. 3 GG), im inneren Notstand (Art. 87a Abs. 4 i.V.m. Art. 91 Abs. 2 GG) und zur Unterstützung der zuständigen Innenbehörden bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen (Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG).

Wer erlaubt den Einsatz der Bundeswehr in einem vergleichbaren Szenario?

Das Übungsszenario sieht eine Unterstützung durch die Streitkräfte im Rahmen von Art. 35 Abs. 1 GG (Amtshilfe) und Art. 35 Abs. 2 Satz 2 (besonders schwerer Unglücksfall in einem Land) vor. Die Entscheidungsebene über ein Amtshilfeersuchen einer Behörde eines Landes an die Bundeswehr nach Artikel 35 Abs. 1 GG richtet sich nach Art und Umfang des Ersuchens. Sie reicht von den jeweils ersuchten Truppenteilen und Dienststellen bis zum BMVg. Dies gilt grundsätzlich auch für Hilfeleistungen der Streitkräfte bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen gemäß Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG. Werden jedoch Unterstützungsanträge über die Amtshilfe hinaus zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben mit öffentlich-rechtlichen Zwangs- und Eingriffsbefugnissen gestellt, wie es bei der Übung der Fall ist, entscheidet das BMVg über den jeweiligen Antrag.

Was darf die Bundeswehr bei einem Einsatz im Inneren in einer der Übungslage vergleichbaren Situation bzw. was sind die Grenzen des Einsatzes?

Zunächst kann die Bundeswehr den zuständigen Behörden Amtshilfe gemäß Art. 35 Abs. 1 GG leisten. Hierbei kann sie insbesondere technisch-logistische, sanitätsdienstliche und personelle Unterstützung leisten. Dabei dürfen die Streitkräfte nicht als Organ der vollziehenden Gewalt unter Androhung oder Anwendung hoheitlichen Zwangs eingesetzt werden.

Leisten die Streitkräfte bei einem besonders schweren Unglücksfall gemäß Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG Hilfe, dürfen diese auch unter Inanspruchnahme hoheitlicher Zwangs- und Eingriffsbefugnisse die wirksame Bekämpfung und Beseitigung des katastrophischen Schadensereignisses unterstützen. Die Streitkräfte sind hierbei befugt - soweit und solange erforderlich -, den durch das Ereignis veranlassten oder zumindest unmittelbar drohenden katastrophalen Schaden bzw. die Gefahr selbst mit den hierzu erforderlichen - im Ausnahmefall auch spezifisch militärischen - Einsatzmitteln zu bekämpfen. Dabei handeln die Streitkräfte unter der Gesamtleitung der Polizei. Die Eingriffsbefugnisse der Streitkräfte bei den Unterstützungshandlungen ergeben sich aus dem jeweiligen Landespolizeirecht.

Sind Bund oder Länder für die Bewältigung dieser Lage zuständig?

Grundsätzlich ist die jeweilige Landespolizei für die Bewältigung solcher Lagen, wie sie das Übungsszenario vorsieht, zuständig. Ihr obliegt die polizeiliche Einsatzführung. Darüber hinaus bleiben jedoch die allgemeinen Zuständigkeiten, beispielsweise die Gewährleistung der Sicherheit im Bahnverkehr oder die Durchführung von Grenzkontrollen durch die Bundespolizei, sowie die üblichen Verfahrensweisen zur gegenseitigen Unterstützung zwischen Bundes- und Landesbehörden weiterhin bestehen.

Warum erfolgt die Unterstützung der Länderpolizei nicht zunächst einmal durch die Bundespolizei anstelle der Bundeswehr?

Der Einsatz der Bundeswehr erfolgt als ultima ratio. Aufgrund der in der Übungslage angenommenen erhöhten Gefährdungslage im gesamten Bundesgebiet ist die Bundespolizei im originären Zuständigkeitsbereich umfänglich betroffen. Somit sind die Einsatzkräfte der Bundespolizei bereits gebunden. Das jeweilige Land entscheidet, ob es Unterstützung durch Kräfte der Bundespolizei gem. Art. 35 Absatz 2 GG i.V.m. § 11 BPolG oder der Streitkräfte anfordert.

Wird die Polizeiarbeit im Falle eines Terrorangriffs von der Bundeswehr übernommen?

Ganz im Gegenteil! Mit ihren besonderen Fähigkeiten, beispielsweise bei der Entschärfung von Sprengstoffen, stellt die Bundeswehr eine Unterstützung für die Polizei dar. Darüber hinaus kann die Bundeswehr bei Vorliegen der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen die Polizei in einzelnen Einsatzbereichen entlasten, wodurch wiederum Einsatzkräfte der Polizei für eine Schwerpunktsetzung in anderen Einsatzabschnitten, wie zum Beispiel der Fahndung nach flüchtigen Tätern, freigesetzt werden. So kann die Bundeswehr etwa kräfteintensive Objektschutzmaßnahmen an gefährdeten Objekten durchführen.

Wer hat bei einem gemeinsamen Einsatz von Polizei und Bundeswehr die Entscheidungsbefugnis? (Wer hat den Hut auf?)
Sind Soldaten direkt einer Polizeiführung unterstellt, oder agieren sie innerhalb ihres Auftrages autonom?

Die Zuständigkeit des jeweiligen Landesinnenministeriums für derartige Lagen bleibt auch bei der Unterstützung der Polizei durch die Streitkräfte nach Art 35 Abs 2 Satz1 GG unberührt. Die Streitkräfte werden nach Maßgabe der polizeilichen Einsatzführung verwendet. Die militärische Befehls- und Kommandogewalt bleibt aber unverändert bestehen d.h., die zur Hilfeleistung eingesetzten Bundeswehrangehörigen bleiben ihren Vorgesetzten in truppendienstlicher oder allgemeindienstlicher Hinsicht unterstellt. Dies ist in der Regel der militärische Führer vor Ort. Sind mehrere TrT/Dst zur Hilfeleistung vor Ort, legen diese zunächst die einheitliche Leitung fest, bis KdoTerrAufgBw einen Offizier mit der Leitung beauftragt, welcher auch eingesetzten Zivilbediensteten der Bw dienstliche Anordnungen/Anweisungen erteilt.
Über die institutionalisierte Zusammenarbeit hinaus werden bei derartigen Szenarien erforderliche Verbindungspersonen und Fachberater in die jeweiligen Stäbe entsandt.

Welche Unterstützungsmöglichkeiten für die Polizei kann die Bundeswehr in diesem Szenario anbieten?

Für das der Übung zugrundeliegende Szenario besitzt die Bundeswehr nachfolgende Fähigkeiten, die grundsätzlich als Unterstützungsmöglichkeit für die Polizei angeboten werden können:

  • Bewältigung eines Massenanfalls von Verletzten, Verwundeten oder Erkrankten,
  • Suche / Aufklärung,
  • Transport und Evakuierung,
  • Beraten, Erkennen, Bewerten, Abwehr und Untersuchung von Schäden und Folgewirkungen durch den Einsatz von ABC-Kampfmitteln,
  • Erkennen und Behandeln von Gesundheitsstörungen nach möglicher Exposition durch ABC-Ereignisse,
  • Beurteilen und Beraten bei Ereignissen mit Freisetzung radioaktiver Stoffe,
  • Kampfmittelabwehr, Kampfmittelaufklärung,
  • Sicherungs- und Überwachungsaufgaben,
  • Pionierunterstützung sowie
  • Bereitstellung von Unterbringungskapazität, Abstellflächen sowie Verpflegung und Marketenderwaren