FAQ zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems
Typ: FAQ
Allgemeines
Die Präsidentin des Europäischen Parlaments und der Präsident des Rates haben am 14. Mai 2024 die Gesetzgebungsakte der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) unterzeichnet. Zuvor am selben Tag hat der Rat der Europäischen Union grünes Licht gegeben. Das Europäische Parlament hatte den Reformvorschlägen bereits am 10. April 2024 zugestimmt. Nach langjährigen und intensiven Verhandlungen ist es damit gelungen, das Reformvorhaben erfolgreich abzuschließen.
Die Rechtsakte sind am 11. Juni 2024 in Kraft getreten, damit hat die zweijährige EU-Umsetzungsfrist bis zur Anwendbarkeit der Rechtsakte Mitte 2026 begonnen.
Welche Rechtsakte gehören zur Reform des gemeinsamen Europäischen Asylsystems?
Zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gehören folgende Rechtsakte: Die Asylverfahrens-Verordnung, die Rückkehrgrenzverfahrens-Verordnung, die Verordnung über ein Asyl- und Migrationsmanagement, die EURODAC-Verordnung, die Screening- bzw. Screening-Folgeverordnung, die Krisen-Verordnung, die Aufnahme-Richtlinie, die Anerkennungs-Verordnung, die Resettlement-Verordnung sowie die EU-Asylagentur-Verordnung.
Die Asylverfahrens-Verordnung soll die bisherige Asylverfahrens-Richtlinie ablösen und die Asylverfahren innerhalb der EU stärker vereinheitlichen. Ziel der Verordnung ist es, dass die Asylverfahren in der EU effektiver, schneller und kohärenter werden. Als wesentliche Neuerungen sieht die Asylverfahrens-Verordnung z.B. eine verpflichtende Bereitstellung unentgeltlicher Rechtsauskunft im Verwaltungsverfahren durch die Mitgliedstaaten vor sowie die Einführung verpflichtender Verfahren an den europäischen Außengrenzen für bestimmte Personengruppen. In Ergänzung hierzu steht die Rückkehrgrenzverfahrens-Verordnung, die das Verfahren an der Grenze nach Ablehnung des Asylantrags im Verfahren an der Außengrenze festlegt.
Die Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement regelt einen breiten Ansatz zur Steuerung der Migrationsbewegungen nach und innerhalb Europas. Neben der Einführung eines gemeinsamen Rahmens für das Asyl- und Migrationsmanagement enthält die Verordnung auch Regelungen zur Reformierung der Zuständigkeitsverteilung des bisherigen "Dublin-Systems", also zur Frage, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist. Das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren wurde an einigen Stellen beschleunigt und neue Zuständigkeitskriterien geschaffen. Zugleich sollen die Mitgliedstaaten, die unter Migrationsdruck stehen, durch einen verpflichtenden und dauerhaften Solidaritätsmechanismus entlastet werden, der aber hinsichtlich der Wahl der Beiträge (Relocation, d.h. Übernahme von Personen, finanzielle oder alternative Beiträge) flexibel ist.
Die EURODAC-Verordnung enthält Regelungen zur Speicherung von personenbezogenen Daten von Asylantragstellern und weiteren, in der Verordnung konkret benannten Personengruppen in der EURODAC-Datenbank. Auf diese haben sämtliche Mitgliedsstaaten Zugriff. Dadurch soll z.B. der für die Prüfung eines Asylantrags zuständige Mitgliedstaat leichter festgestellt und irreguläre Sekundärmigration innerhalb der EU nachvollzogen und reduziert werden können. Zudem wird es zukünftig neue Möglichkeiten geben, Migrationsbewegungen einschließlich irregulärer Sekundärmigration innerhalb der EU statistisch zu erfassen.
Die Screening-Verordnung sieht als wesentliche Neuerung vor, dass alle Personen, die irregulär in die EU einreisen, ein effizientes und verpflichtendes Screening innerhalb einer kurzen, wenige Tage dauernden Zeitspanne durchlaufen. Ziel ist es zu kontrollieren, wer das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten betritt. Die Personen werden identifiziert, registriert, einer Sicherheits- und Gesundheitskontrolle unterzogen, auf besondere Schutzbedürftigkeit überprüft und schließlich dem passenden Verfahren zugeleitet. Die Screening-Folgeverordnung enthält Folgeänderungen zur Screening-Verordnung.
Die Krisen-Verordnung schafft erstmals einen Rechtsrahmen für die Mitgliedstaaten, um auf Krisensituationen und Situationen höherer Gewalt reagieren zu können. Der Begriff der Krisensituation umfasst sowohl außergewöhnliche Situationen von Massenankünften als auch Instrumentalisierungssituationen, in denen Personen durch Drittstaaten oder nichtstaatliche Akteure mit dem Ziel, die Union oder einen Mitgliedstaat zu destabilisieren, instrumentalisiert werden. Die Krisen-Verordnung enthält einen Maßnahmenkatalog, der je nach vorherrschender Situation herangezogen werden kann. Dadurch soll vermieden werden, dass sich Mitgliedstaaten in diesen Situationen eigene Regeln schaffen. Gleichzeitig wird damit die Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auch in diesen außergewöhnlichen Situationen sichergestellt.
Die Aufnahme-Richtlinie enthält Regelungen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, u.a. Zugang zum integrierten Schulsystem und zu Sprachkursen, zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung, aber auch Regelungen bzw. Voraussetzungen für Haft. Ziel der Richtlinie ist die Harmonisierung und Gewährleistung menschenwürdiger Aufnahmebedingungen (Mindeststandards) in den Mitgliedstaaten.
Die Anerkennungs-Verordnung soll einen einheitlichen internationalen Schutzstatus regeln und die Qualifikations-Richtlinie ersetzen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes oder des subsidiären Schutzes wird somit für alle Mitgliedstaaten gleich geregelt. Hierdurch sollen u.a. die Anerkennungsquoten und die Entscheidungspraxis innerhalb der EU vereinheitlicht werden. Auch diese Regelungen sollen zur Reduzierung irregulärer Sekundärmigration beitragen.
Mit der Resettlement-Verordnung soll das Thema Resettlement ("Neuansiedlung") und humanitäre Aufnahmen harmonisiert werden, indem EU-weit gültige einheitliche Regelungen für eine legale und sichere Einreise von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen festlegt werden. Es handelt sich dabei um ein migrationspolitisches Instrument, mit dem perspektivisch die irreguläre Migration in die EU verringert werden soll.
Zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gehört auch die EU-Asylagentur-Verordnung, mit der das ehemalige Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) in eine echte EU-Agentur umgewandelt wurde. Die Verordnung ist bereits im Januar 2022 in Kraft getreten und regelt u.a. einen Monitoringmechanismus, mit dem die EU-Asylagentur (EUAA) die operative und technische Anwendung des GEAS überwacht, um eine einheitliche Umsetzung des GEAS zu gewährleisten. Ein Teil dieses Mechanismus gilt ab dem Jahr 2024, der andere Teil ab Inkrafttreten der Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung.
Wie ist der Sachstand zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und ab wann gelten die Regelungen der neuen Rechtsakte?
Die Rechtsakte sind am 11. Juni 2024 in Kraft getreten, damit hat die zweijährige EU-Umsetzungsfrist bis zur Anwendbarkeit der Rechtsakte Mitte 2026 begonnen.
Hintergrund ist, dass die Mitgliedstaaten über ausreichend Zeit verfügen können müssen, um die neuen Regelungen umzusetzen.
Um die ordnungsgemäße Umsetzung zu unterstützen, sehen die Asylverfahrens-Verordnung sowie die Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung vor, dass sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene sog. Umsetzungspläne erarbeitet werden. Hierfür hat die Europäische Kommission in einem ersten Schritt einen unionsweiten Umsetzungsplan erstellt. Anschließend sollen auf dieser Grundlage nationale Umsetzungspläne durch die Mitgliedstaaten erstellt werden.
In Deutschland werden umfassende rechtliche und tatsächliche Anpassungen notwendig sein, um die GEAS-Reform umzusetzen. Zur Anpassung des nationalen Rechts an die Vorgaben der GEAS-Reform sind insbesondere das Asylgesetz und das Aufenthaltsgesetz anzupassen; andere Gesetze sind punktuell von Änderungen betroffen. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat prüft derzeit die entstehenden Handlungsbedarfe, um zeitnah die erforderlichen Schritte einzuleiten, damit die GEAS-Reform erfolgreich umgesetzt wird.
Am 6. November 2024 hat die Bundesregierung einen Entwurf für das GEAS-Anpassungsgesetz sowie das GEAS-Anpassungsfolgegesetz im Kabinett beschlossen. Die Gesetzesvorschläge enthalten die rechtlichen Anpassungen für die Umsetzung der GEAS-Reform in Deutschland. Für ein Inkrafttreten müssen im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch der Bundestag und beim GEAS-Anpassungsfolgegesetz zusätzlich der Bundesrat den Gesetzentwürfen der Bundesregierung zustimmen.
Ziel war und ist eine Balance zwischen Verantwortung und Solidarität. Hierfür hat sich die Bundesregierung von Anfang an nachdrücklich eingesetzt – sowohl während der Verhandlungen, als auch bei der Umsetzung der Reform.
Welche Bestandteile der GEAS-Reform müssen in deutsches Recht umgesetzt werden?
Die Änderungen des Europäischen Rechts im Zuge der GEAS-Reform werden weitreichende Auswirkungen auf die Praxis haben: Dort müssen die neuen Verfahren umgesetzt werden. Damit die zuständigen Behörden bei Bund, Ländern und Kommunen möglichst frühzeitig Klarheit und Rechtssicherheit haben und genügend Zeit für die operativen Vorbereitungen bleibt, muss das nationale Recht bereits deutlich vor Ende der Umsetzungsfrist an die GEAS-Reform angepasst werden.
Die GEAS-Reform enthält eine Richtlinie und zehn Verordnungen, deren Inhalte ab Sommer 2026 in allen EU Mitgliedstaaten gelten und daher von allen Mitgliedstaaten – auch Deutschland – vollständig angewendet werden müssen. Die Bundesregierung wird die rechtlichen Grundlagen des neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zügig implementieren. Zur Ermöglichung der Umsetzung in der Praxis legt sie bereits jetzt Entwürfe zur Anpassung des nationalen Rechts in der Zuständigkeit des Bundes an die Vorgaben der GEAS-Rechtsakte vor.
Als Zielstaat irregulärer Sekundärmigration sind für Deutschland insbesondere die umfassende Registrierung nach der EURODAC-Verordnung sowie funktionierende Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wichtig. Die verpflichtende Einführung des Asylverfahrens an der EU-Außengrenze ermöglicht eine besonders schnelle Durchführung von Asylverfahren für Personen, bei denen die Zuerkennung von Schutz unwahrscheinlich ist. Auch wenn die Bundesrepublik Deutschland landseitig nicht über EU-Außengrenzen verfügt, sind die Verfahren für EU-Außengrenzen an Flughäfen und Seehäfen einzuführen.
Zur Anpassung des nationalen Rechts an die Vorgaben der GEAS-Reform müssen insbesondere das Asylgesetz und das Aufenthaltsgesetz sowie das Asylbewerberleistungsgesetz geändert werden; auch andere Gesetze sind punktuell betroffen. Aufgrund des unionsrechtlichen Verbots, Vorschriften aus Verordnungen im nationalen Recht zu wiederholen (Wiederholungsverbot), müssen darüber hinaus entsprechende Regelungen in bestehenden Gesetzen gestrichen werden.
Welche Spielräume eröffnet GEAS bei der Umsetzung in deutsches Recht?
Die GEAS-Rechtsakte enthalten an einigen Stellen Regelungen, die durch die Mitgliedstaaten konkretisiert und ausgefüllt werden müssen. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat sich hierbei insbesondere am Ziel der Reduzierung von irregulärer Sekundärmigration orientiert.
Was sind die Schwerpunkte der Änderungen im deutschen Recht durch den Entwurf zum GEAS-Anpassungsgesetz sowie den Entwurf zum GEAS-Anpassungsfolgegesetz?
Die Gesetzentwürfe, mit denen Deutschland die Regelungen des neuen GEAS umsetzt, beinhalten unter anderem Folgendes:
- Asylgrenzverfahren: Nach der Asylverfahrens-Verordnung kann bei Einreise über die EU-Außengrenze, die in Deutschland lediglich an Flughäfen und Seehäfen stattfindet, in bestimmten Fällen eine Entscheidung über den Asylantrag im Asylgrenzverfahren erfolgen. In Ergänzung der unmittelbar geltenden Regelungen der Asylverfahrensverordnung enthält der Gesetzentwurf die künftig im Asylgrenzverfahren vorgesehenen Entscheidungsfristen für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Gerichte.Solidaritätsmechanismus: Zur Umsetzung des neuen Solidaritätsmechanismus nach der Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung sind Regelungen im Asylgesetz und im Aufenthaltsgesetz enthalten. Sollte Deutschland anderen Mitgliedstaaten Solidarität in Form von Personenübernahmen leisten, so können Antragsteller und Personen, denen bereits Schutz zuerkannt wurde, übernommen werden. Bei letztgenannter Personengruppe wird der im anderen Mitgliedstaat bereits gewährte internationale Schutz auch in Deutschland zuerkannt.
- Solidaritätsmechanismus: Zur Umsetzung des neuen Solidaritätsmechanismus nach der Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung sind Regelungen im Asylgesetz und im Aufenthaltsgesetz enthalten. Sollte Deutschland anderen Mitgliedstaaten Solidarität in Form von Personenübernahmen leisten, so können Antragsteller und Personen, denen bereits Schutz zuerkannt wurde, übernommen werden. Bei letztgenannter Personengruppe wird der im anderen Mitgliedstaat bereits gewährte internationale Schutz auch in Deutschland zuerkannt.
- Regelungen zu Haft: Die GEAS-Rechtsakte sehen an verschiedenen Stellen Möglichkeiten zur Beschränkung der Bewegungsfreiheit sowie zu Haft vor. Diese beziehen sich auf verschiedene Verfahrensstadien. Der Gesetzentwurf enthält die entsprechenden Regelungen für Maßnahmen im Rahmen der Überprüfung, des Asylverfahrens sowie des Rückkehrgrenzverfahrens. Die bereits im jetzigen Recht existierende Regelung zu Haft in Dublin-Verfahren bleibt bestehen. In allen Fällen ist die Haft stets durch eine Richterin oder einen Richter im Einzelfall anzuordnen und darf nur angeordnet werden, wenn ein gesetzlicher Haftgrund (z.B. Fluchtgefahr) besteht und ein milderes Mittel nicht zur Verfügung steht.
- Freiwillige Rückkehr und Rückführung: Mit der Abschiebungsandrohung ist durch das BAMF eine Frist zur freiwilligen Ausreise zu setzen. Bei Gefahren für Sicherheit und Ordnung soll es keine Ausreisefrist geben, sondern die schnellstmögliche Ausweisung und Rückführung erfolgen. Der Gesetzentwurf enthält zudem Regelungen für das Rückkehrgrenzverfahren. Das Rückkehrgrenzverfahren schließt sich an das Asylgrenzverfahren an, wenn im Asylgrenzverfahren kein Schutz gewährt wird. Es ist innerhalb von 12 Wochen durchzuführen und soll gewährleisten, dass Personen nach Abschluss des Asylgrenzverfahrens ohne weitere Verzögerung in die Herkunftsstaaten zurückgeführt werden.
Steht die GEAS-Reform und die Umsetzung in Deutschland in Kontext zu den Diskussionen um sog. Drittstaatsmodelle (Durchführung von Asylverfahren in Drittstaaten)?
Die Bundesregierung prüft derzeit, ob die Feststellung des Schutzstatus von Geflüchteten unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention zukünftig auch in sicheren Transit- oder Drittstaaten erfolgen kann.
Die Diskussionen um diese sog. Drittstaatenmodelle stehen auch im Kontext der Umsetzung der GEAS-Reform. Denn die Asylverfahrensverordnung ist Teil der GEAS-Reform und beinhaltet das Konzept des sicheren Drittstaats, wobei Voraussetzung das Bestehen eines sogenannten Verbindungselements zwischen der antragstellenden Person und dem Drittstaat (z. B. weil sich dort Familienangehörige der Person aufhalten oder die Person sich dort bereits niedergelassen hatte) ist. Die EU-Kommission ist verpflichtet, bis zum 12. Juni 2025 das Konzept des sicheren Drittstaats zu überprüfen und gegebenenfalls gezielte Änderungen vorzuschlagen. Folglich werden im Kontext der Umsetzung der GEAS-Reform zu dem Thema auf EU-Ebene weitere Beratungen stattfinden, in die sich die Bundesregierung einbringen wird.
Stehen GEAS und die deutschen Umsetzungsgesetze in Kontext zu den Diskussionen um die Möglichkeit von Zurückweisungen an der deutschen Grenze?
Einreiseverhindernde Maßnahmen richten sich auch künftig nach der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) und nationalem Recht. GEAS führt diesbezüglich zu keinen rechtlichen Änderungen.
Zur Asylverfahrens-Verordnung
Warum sollen Asylverfahren bereits an der Außengrenze stattfinden?
Nach der Asylverfahrens-Verordnung kann in bestimmten Fällen eine Entscheidung über den Asylantrag im Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen erfolgen. In einigen Fällen ist das Grenzverfahren auch verpflichtend durchzuführen. Ziel der Verfahren an den EU-Außengrenzen ist die schnelle, aber rechtsstaatliche Durchführung der Asylverfahren für Personen, die voraussichtlich keinen Anspruch auf internationalen Schutz in der EU haben.
Für welche Personen ist das Verfahren an der Außengrenze vorgesehen?
Neu eingeführt werden verpflichtende Grenzverfahren für bestimmte Personengruppen: für Personen, die die Behörden etwa über ihre Identität getäuscht haben, Personen, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellen und Personen aus Herkunftsstaaten, bei denen in Bezug auf deren Asylantrag eine durchschnittliche EU-weite Schutzquote von 20 % oder weniger vorliegt. Ausdrücklich vom Grenzverfahren ausgenommen sind unbegleitete Minderjährige, sofern sie keine Sicherheitsgefahr darstellen. Bei Personen mit besonderen Aufnahme- bzw. Unterbringungsbedürfnissen oder besonderen Verfahrensbedürfnissen wird das Grenzverfahren nicht durchgeführt oder beendet, wenn diese Bedürfnisse im Grenzverfahren nicht berücksichtigt werden können. Dies kann z.B. bei Schwangeren, Minderjährigen oder Menschen mit Behinderungen der Fall sein. Auch zwingende medizinische Gründe können zur Nichtanwendung des Grenzverfahrens führen. Den besonderen Bedürfnissen von Minderjährigen und ihren Familienangehörigen werden im Grenzverfahren durch Priorisierungen in zweierlei Hinsicht Rechnung getragen. Zum einen sollen Minderjährige und ihre Familienangehörige nicht vorrangig vom Grenzverfahren umfasst werden und zum anderen sollen ihre Verfahren schnellstmöglich bearbeitet werden, wenn sie doch dem Grenzverfahren unterfallen.
Wie wird sichergestellt, dass bei Durchführung des Grenzverfahrens keine Überlastung an den EU-Außengrenzen entsteht?
Zur Vermeidung von Überlastungen sieht die Asylverfahrens-Verordnung verschiedene Mechanismen vor, u.a. eine unionsweite angemessene Kapazität für die Durchführung von verpflichtenden Grenzverfahren in Höhe von 30.000 sowie eine jährliche Höchstzahl an Anträgen, die im verpflichtenden Grenzverfahren zu prüfen sind (ab Anwendung der Asylverfahrens-Verordnung sind unionsweit maximal 60.000 Anträge im Grenzverfahren zu prüfen, ein Jahr nach dem Geltungsbeginn der Verordnung maximal 90.000 Anträge und zwei Jahre nach Geltungsbeginn der Verordnung maximal 120.000 Anträge). Die Dauer des Grenzverfahrens beträgt grundsätzlich zwölf Wochen. Eine Verlängerung um weitere vier Wochen ist nur für den Fall einer vorherigen Übernahme der betreffenden Person im Rahmen des Solidaritätsmechanismus (Relocation) vorgesehen. Auch wird es eine Überwachung der Grenzverfahren geben, insbesondere mit Blick auf die Einhaltung von Grundrechten (Monitoring-Mechanismus).
Wie wird effektiver Rechtsschutz im Grenzverfahren gewährleistet?
Auch im Grenzverfahren werden menschen- und rechtstaatliche Grundsätze eingehalten. Gegen eine ablehnende Entscheidung über den Asylantrag besteht auch im Grenzverfahren die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf einzulegen. Wird ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt, kann eine Rückführung nur erfolgen, wenn hierüber eine ablehnende Entscheidung ergangen ist.
Besteht im Grenzverfahren für Schutzsuchende Zugang zu Nicht-Regierungsorganisationen und rechtlicher Beratung?
Die Mitgliedstaaten müssen im Grenzverfahren den Zugang von Nichtregierungsorganisationen und Rechtsanwälten gewährleisten, auch vor einer konkreten Mandatserteilung. Die Antragsteller haben zudem auch im Grenzverfahren einen Anspruch auf unentgeltliche Rechtsauskunft im Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung ihrer besonderen Situation, wenn sie keinen Rechtsanwalt beauftragt haben.
Setzt die Durchführung des Grenzverfahrens eine Inhaftnahme von Schutzsuchenden voraus?
Das Grenzverfahren und die damit einhergehende Fiktion der Nichteinreise nach dem Entwurf der Asylverfahrens-Verordnung sind nicht pauschal mit Haft gleichzusetzen. Vielmehr bedarf es auch im Grenzverfahren einer Anordnung der Haft im Einzelfall nach den Maßstäben der künftigen Aufnahme-Richtlinie.
In welchen Fällen sollen Asylanträge in Staaten außerhalb der EU geprüft werden?
Mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wird auch das sogenannte Sichere-Drittstaaten-Konzept überarbeitet. Kann eine Person wirksamen Schutz in einem Drittstaat erhalten, d.h. der Drittstaat die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert hat oder grundlegende Standards des Flüchtlingsrechts garantiert, und besteht zwischen dem Antragsteller und diesem Drittstaat eine Verbindung, etwa, weil sich dort Familienangehörige aufhalten oder die Person sich dort bereits niedergelassen hatte, kann der Asylantrag als unzulässig abgelehnt werden. Für die Beibehaltung des Verbindungselements hatte sich die Bundesregierung bereits in den Verhandlungen im Rat eingesetzt.
Es wird auch sichergestellt, dass kein Mensch in ein Land zurückgewiesen werden darf, in dem ihm politische Verfolgung oder eine unmenschliche Behandlung drohen (non-refoulement-Gebot). Außerdem muss stets im Einzelfall geprüft werden, ob das Konzept für den jeweiligen Antragsteller anwendbar ist.
Warum soll es beim Konzept des sicheren Drittstaats bereits ausreichen, wenn nur Teilgebiete eines Drittstaates sicher sind?
Die Möglichkeit der Einstufung nur von bestimmten Teilgebieten bzw. für bestimmte Personengruppen hat sehr hohe praktische Relevanz. Es sollen diejenigen geschützt werden, die auch tatsächlich diesen Schutz benötigen. In manchen Teilgebieten können beispielsweise Menschen mit einer bestimmten Glaubensrichtung ohne Furcht vor Verfolgung leben, aber als Mensch mit einer anderen Glaubensrichtung ist eine Angst vor Verfolgung real.
Zur Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung
Das sogenannte Gesamtkonzept für das Asyl- und Migrationsmanagement umfasst sowohl interne als auch externe Komponenten, durch die ein abgestimmtes Vorgehen von Europäischer Union und Mitgliedstaaten sichergestellt werden soll, ohne die jeweiligen Kompetenzen einzuschränken. Zu den internen Komponenten zählen etwa die enge Zusammenarbeit zwischen den Organen und Einrichtungen der Union, den Mitgliedstaaten und internationalen Organisationen oder ein effektives Außengrenzmanagement. Im externen Bereich geht es um den Aufbau und die Förderung von maßgeschneiderten Partnerschaften mit Drittstaaten. Betont werden insbesondere die Notwendigkeit einer integrierten Politikgestaltung und der Grundsatz der Solidarität und der gerechten Teilung der Verantwortung. Um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten ein effektives nationales Asyl- und Migrationsmanagement betreiben, sieht die Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement die Erstellung nationaler Strategien vor, die insbesondere präventive Maßnahmen zur Verringerung des Risikos von Migrationsdruck sowie Maßnahmen zur Notfallplanung enthalten. Aufbauend auf diesen nationalen Strategien soll die Europäische Kommission eine auf fünf Jahre angelegte europäische Strategie zur Asyl- und Migrationssteuerung erstellen, um eine kohärente Umsetzung der nationalen Strategien sicherzustellen. Ein wichtiger Baustein der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems sind auch die Nachfolgeregelungen der derzeitigen "Dublin-III-Verordnung", die regelt, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. Die aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Dublin-III-Verordnung haben gezeigt, dass das derzeitige System dysfunktional ist. Die Regelungen der Dublin-III-Verordnung wurden überarbeitet, damit sie in der Praxis besser funktionieren. Der häufig vorgebrachten Kritik an den bisherigen Dublin-Regelungen, dass sie zu einer einseitigen Belastung insbesondere der EU-Außengrenzstaaten führen, wird im Rahmen der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems Rechnung getragen, indem ein dauerhafter und verpflichtender europäischer Solidaritätsmechanismus eingeführt wird. Als Zielstaat irregulärer Sekundärmigration liegt ein Fokus Deutschlands auf funktionierenden Zuständigkeitsbestimmungsverfahren mit möglichst langen Zuständigkeiten und Überstellungsfristen. Hierfür hat sich die Bundesregierung in den Verhandlungen eingesetzt. Mit der Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung wird nunmehr ein vereinfachtes Notifizierungsverfahren eingeführt, das solche Verfahren beschleunigen soll, in denen Schutzsuchende bereits in einem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben. Darüber hinaus wurden einige Zuständigkeitsfristen verlängert, so dass zum einen Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten weniger schnell übergehen und zum anderen Überstellungen länger möglich sind, bspw. wenn sich Schutzsuchende diesen entziehen. Die mit der Aufnahme von Schutzsuchenden verbundenen Lasten müssen auf die Mitgliedstaaten fair verteilt werden. Erstmals wird auf europäischer Ebene ein dauerhafter und verpflichtender Solidaritätsmechanismus geregelt, bei dem die Wahl der Beiträge (Relocation, d.h. Übernahmen von Personen, oder alternative oder finanzielle Beiträge) den Mitgliedstaaten freisteht. Der Solidaritätsmechanismus beruht auf einem fairen Schlüssel (der Solidaritätsbeitrag wird als "fair share" bezeichnet und berechnet sich nach Bevölkerungszahlt/BIP) und soll sicherstellen, dass EU-Mitgliedstaaten, die unter Migrationsdruck stehen, von anderen EU-Mitgliedsstaaten entlastet werden. Auf Basis eines Vorschlags der Europäischen Kommission zum sogenannten Solidaritätspool soll nach der Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung eine EU-weite jährliche Mindestzahl in Höhe von 30.000 Relocations (Übernahmen von Personen) und finanzieller Beiträge in Höhe von 600 Millionen EUR festgelegt werden, um die Vorhersehbarkeit der zur Verfügung stehenden Solidarität zu gewährleisten. Basierend auf ihrem "fair-share" sind die beitragenden Mitgliedstaaten verpflichtet, den zu entlastenden Mitgliedstaaten, die unter Migrationsdruck stehen, Solidarität zu leisten, wobei es den beitragenden Mitgliedstaaten offensteht, die Art des Beitrags oder eine Kombination von Beiträgen frei zu wählen. Sollte es der Bedarf des unter Migrationsdruck stehenden Mitgliedstaats erfordern, können die zu leistenden Solidaritätsbeiträge auf Vorschlag der Kommission erhöht werden. Geraten Mitgliedstaaten, die Solidaritätsbeiträge leisten, selbst unter Migrationsdruck, können die Beträge reduziert oder sogar ausgesetzt werden, um ein Ungleichgewicht zwischen den Mitgliedstaaten vorzubeugen. Bei den vorgesehenen Solidaritätsbeiträgen (Relocation, d.h. Übernahmen von Personen, oder alternative oder finanzielle Beiträge) handelt es sich um gleichwertige Beiträge. Die zur Solidarität verpflichteten Mitgliedstaaten können neben Relocations oder finanziellen Beiträgen auch alternative Solidaritätsmaßnahmen leisten, die in erster Linie auf Kapazitätsaufbau, Dienstleistungen, Personalunterstützung, Einrichtungen und technische Ausrüstung (z.B. in den Bereichen Registrierung oder Aufnahme) ausgerichtet sind, sofern solche Solidaritätsmaßnahmen von den zu entlastenden Mitgliedstaaten benötigt werden. Diese Maßnahmen werden als finanzielle Solidarität betrachtet; ihr finanzieller Wert wird objektiv bemessen und umgerechnet. Werden solche Maßnahmen nicht von den zu entlastenden Mitgliedstaaten benötigt, werden sie in direkte Finanzbeiträge umgewandelt.Wie sieht der gemeinsame Rahmen für das sog. Asyl- und Migrationsmanagement aus?
Warum wurden die Regelungen zum Zuständigkeitsbestimmungsverfahren (ehem. "Dublin-III-Verordnung") angepasst?
Welche wesentlichen Änderungen gibt es beim Zuständigkeitsbestimmungsverfahren?
Wem und in welcher Form soll zukünftig Solidarität geleistet werden?
Wie viele Schutzsuchende werden im Rahmen des Solidaritätsmechanismus jährlich verteilt?
Handelt es sich bei den vorgesehenen Solidaritätsbeiträgen um gleichwertige Beiträge? Wie werden die alternativen Solidaritätsmaßnahmen gezählt?
Zur EURODAC-Verordnung
EURODAC soll zu einer echten Migrationsdatenbank ausgebaut werden, um unerlaubte Wanderungsbewegungen innerhalb der EU besser und vollständiger nachvollziehen zu können. Neben Schutzsuchenden und irregulär eingereisten Personen sollen in Zukunft auch Daten weiterer Personengruppen in EURODAC gespeichert werden. Ziel der Anpassungen ist es, die wirksame und effiziente Anwendung des zukünftigen Rechtsrahmens zu gewährleisten und irreguläre Sekundärmigration zu reduzieren. Zugleich soll die Interoperabilität mit anderen IT-Großsystemen der EU hergestellt werden. Die Mitgliedstaaten sollen mit den neuen Anpassungen zudem in die Lage versetzt werden, Kennzeichnungen in EURODAC vorzunehmen, wenn während der Überprüfung der Personen auf Grundlage anderer Rechtsakte Sicherheitsbedenken auftreten. Unter bestimmten Bedingungen kann ein Abgleich von Fingerabdruckdaten mit EURODAC-Daten auch zur Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten erfolgen. Durch die EURODAC-Verordnung werden neben Daten von Schutzsuchenden und Personen, die irregulär über die EU-Außengrenzen eingereist sind, zukünftig auch Daten von Personen in EURODAC gespeichert, die sich illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten, die aus Seenot gerettet oder im Rahmen eines nationalen oder EU-Resettlement-Programms aufgenommen wurden sowie von Personen mit temporärem Schutzstatus. Von Personen, die im Rahmen von Resettlement-Programmen aus Drittstaaten übernommen werden sollen, können die Daten bereits im Drittstaat genommen und mit den in EURODAC gespeicherten Daten abgeglichen werden. Dadurch erhalten die zuständigen Behörden bereits vor der Entscheidung über die Aufnahme ein umfassendes Bild über die Person, einschließlich möglicher Sicherheitsrisiken. Daten von Personen mit temporärem Schutzstatus sollen erst nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren nach Inkrafttreten der neuen EURODAC-Verordnung in EURODAC gespeichert werden. Diese Regelung soll von der Europäischen Kommission überprüft und ggf. angepasst werden. Ukrainische Kriegsflüchtlinge erhalten einen temporären Schutzstatus in der EU. Grundlage ist ein Beschluss nach der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz im Jahr 2022. Daten von Ukrainerinnen und Ukrainern werden allerdings derzeit nicht in EURODAC gespeichert, weil nach der bisherigen EURODAC-Verordnung nur Daten von Asylantragstellern gespeichert werden. Die Daten temporär schutzberechtigter Ukrainerinnen und Ukrainer werden zurzeit in einer speziellen Plattform auf EU-Ebene gespeichert. Wird in Zukunft und nach Ablauf der dreijährigen Übergangsfrist erneut ein Beschluss nach der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz gefasst, sollen die Daten der hiervon erfassten Personen allerdings ebenfalls in EURODAC gespeichert werden (vorbehaltlich einer etwaigen Anpassung durch die Europäische Kommission). EURODAC wird damit zu einer umfassenderen Migrationsdatenbank aufgewertet. Auch die biometrischen Daten von Kindern ab einem Alter von sechs Jahren sollen künftig in EURODAC gespeichert werden. Durch diese Änderung wird das neue System dazu beitragen, die Sicherheit von Kindern zu verbessern, indem Straftaten zum Nachteil von Kindern aufgedeckt und verhindert werden. EURODAC soll dazu beitragen, Fälle von Menschenhandel und Ausbeutung aufzudecken und Familienbeziehungen herzustellen, falls ein Kind vermisst wird.Welche Ziele werden mit den Anpassungen der EURODAC-Verordnung verfolgt?
Welche Personengruppen werden in Zukunft in EURODAC eingespeichert?
Werden die Daten ukrainischer Staatsangehöriger, die seit Beginn des russischen Angriffskriegs aus der Ukraine vor dem Krieg in die EU geflohen sind, in EURODAC gespeichert?
Werden Daten von Kindern in EURODAC gespeichert?
Zur Screening-Verordnung
Eine wesentliche Neuerung der GEAS-Reform sind verlässliche Kontrollen an den EU-Außengrenzen und im Inland. Dabei handelt sich um ein für alle Mitgliedstaaten verbindliches Überprüfungssystem für unerlaubt eingereiste Personen, unabhängig davon, ob diese einen Asylantrag gestellt haben. Die Überprüfung umfasst die Identifizierung von Personen, Gesundheits- und Sicherheitskontrollen, die Abnahme von biometrischen Daten und die Registrierung in der EURODAC-Datenbank. Außerdem wird geprüft, ob es Anzeichen dafür gibt, dass die Personen besonders schutzbedürftig sind, etwa weil sie Opfer von Folter geworden sind. Im Anschluss werden die überprüften Personen unverzüglich an die Behörde weitergeleitet, die für die folgenden aufenthalts- oder asylrechtlichen Entscheidungen zuständig ist. Für das Screening sind enge Fristen vorgegeben: Wo eine Präzisierung oder Ergänzung des nationalen Rechts im Zusammenhang mit der durch die GEAS-Reform eingeführten Überprüfung erforderlich ist, wurden mit dem Entwurf des GEAS-Anpassungsgesetzes entsprechende Regelungsvorschläge im Aufenthaltsgesetz aufgenommen. Das Screening muss im Inland nachgeholt werden, wenn es noch nicht (z.B. in einem anderen Mitgliedstaat) erfolgt ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die erst im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats angetroffene Person die Außengrenze überschritten hat, um erlaubt (z.B. mit einem Visum) einzureisen. Die maximale Dauer des Screenings beträgt in diesen Fällen drei Tage. Durch das Screening vor der Einreise wird sich schneller feststellen lassen, welches das richtige Verfahren für die Drittstaatsangehörigen ist (reguläres Asylverfahren, Grenzverfahren oder Rückführungsverfahren). Sicherheitsrisiken können frühzeitig identifiziert und über europäische Datenbanken mit anderen Mitgliedstaaten geteilt werden. Gesundheitliche Bedürfnisse und Vulnerabilitäten können durch vorläufige Gesundheitskontrollen frühzeitig erkannt und Personen schnell versorgt oder aus Gründen der öffentlichen Gesundheit isoliert werden. Durch den Entwurf der Verordnung werden gemeinsame Standards geschaffen, die auch die Einhaltung der Grund- und Menschenrechte sicherstellen. Im Screening sollen die Grundrechte der betroffenen Personen mithilfe eines von den Mitgliedstaaten einzurichtenden unabhängigen Überwachungsmechanismus geschützt werden. Während der Überprüfung und während des Asylgrenzverfahrens sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die unerlaubte Einreise zu verhindern. Den zu überprüfenden Personen und Asylantragstellern ist daher vorzuschreiben, dass sie sich an einem bestimmten Ort, der für die Überprüfung und für das Asylgrenzverfahren bestimmt wurde, aufzuhalten haben. Die zu überprüfenden Personen und Asylantragsteller unterliegen somit einer eingeschränkten Bewegungsfreiheit, die aber keine Freiheitsentziehung (Haft) darstellt. Für die Überprüfung an der Außengrenze betrifft dies, da Deutschland nur Luft- und Seewege als Außengrenze hat, nur Drittstaatsangehörige, die unerlaubt über einen Flughafen oder Hafen aus einem Drittstaat einreisen wollen. Eine Unterbringung wird für solche Fälle nur ausnahmsweise in Betracht kommen, weil die Überprüfung in der Regel innerhalb weniger Stunden abgeschlossen werden kann. Auch für die Unterbringung im Asylgrenzverfahren gelten die hohen Unterbringungsstandards der Aufnahme-Richtlinie. Unterbringungseinrichtungen müssen darüber hinaus die besonderen Bedürfnisse vulnerabler Personen, einschließlich Minderjähriger, Menschen mit Behinderungen und älterer Menschen berücksichtigen, damit deren Anträge im Asylgrenzverfahren geprüft werden können. Sofern dies nicht gewährleistet werden kann, muss der Antrag im regulären Asylverfahren bearbeitet werden. Die betroffene Person darf die Einrichtung dann verlassen, ihr wird die Einreise in das Bundesgebiet gestattet. Zudem gelten besondere Anforderungen für Familien mit Minderjährigen. Die Modalitäten der Unterbringung während der Überprüfung und des Asylgrenzverfahrens sind nicht mit Haft gleichzusetzen. Während der Überprüfung an der Außengrenze bleibt die betroffene Person zwar unter Kontrolle der Grenzbehörde, wird aber nicht an der Abreise in einen Drittstaat außerhalb der EU gehindert. Regelmäßig handelt es sich daher nur um eine freiheitsbeschränkende Maßnahme. Bei der Überprüfung im Inland sieht der Entwurf des GEAS-Anpassungsgesetzes für den Fall der Notwendigkeit des Festhaltens der zu überprüfenden Person eine entsprechende Regelung zur Freiheitsbeschränkung vor. Nur wenn ein gesetzlicher Haftgrund vorliegt, können Personen, die überprüft werden oder sich im Asylgrenzverfahren oder im Rückkehrgrenzverfahren befinden, inhaftiert werden. Dies gilt auch für das reguläre oder beschleunigte Asylverfahren. In allen Fällen muss Haft im Einzelfall durch eine Richterin oder einen Richter angeordnet werden. Möglich ist dies nur, wenn kein milderes Mittel zur Verfügung steht. Eine Inhaftierung ist möglich, um die Durchsetzung einer ebenfalls an hohe Anforderungen geknüpften Beschränkung der Bewegungsfreiheit zu gewährleisten, um die Durchführung der Überprüfung oder des Asylgrenzverfahrens zu sichern, wenn die Gefahr besteht, dass sich der Antragsteller dieser oder diesem entzieht, oder um zu verhindern, dass der Antragsteller eine Vollstreckung der Rückkehrentscheidung im Rückkehrgrenzverfahren vereitelt. Außerdem kann Asylverfahrenshaft angeordnet werden, wenn von dem Antragsteller eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht. Inhaftierte Personen sind grundsätzlich in spezielle Hafteinrichtungen zu nehmen. Falls dies ausnahmsweise nicht möglich ist, sind sie getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. Minderjährige dürfen nur in Ausnahmefällen und nur dann in Haft genommen werden, wenn dies ihrem Wohl dient. Im Fall von begleiteten Minderjährigen kann dies der Fall sein, wenn sich ein Elternteil bzw. die Betreuungsperson in Haft befindet. Unbegleitete Minderjährige können nur zu ihrem Schutz inhaftiert werden. Der Entwurf eines GEAS-Anpassungsgesetzes enthält die entsprechenden Regelungen zur Ausgestaltung der in der GEAS-Reform enthaltenen Maßnahmen im Rahmen der Überprüfung, des regulären oder beschleunigten Asylverfahrens oder des Asylgrenzverfahrens und des Rückkehrgrenzverfahrens, um die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien im Einzelfall sicherzustellen.Was ist unter dem sog. Screening zu verstehen und wann kommt es zur Anwendung?
Wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Screening an der Außengrenze umgangen wurde, muss es dann im Inland nachgeholt werden?
Welche Vorteile bietet das Screening?
Gibt es im Screening-Verfahren einen Monitoring-Mechanismus?
Wie ist die Unterbringung während des Screening- und des Asylgrenzverfahrens geregelt?
Sind beim Screening- und beim Asylgrenzverfahren freiheitsbeschränkende oder freiheitsentziehende Maßnahmen vorgesehen?
Zur Krisen-Verordnung
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es immer wieder zu unvorhergesehenen Situationen kommen kann, in denen in relativ kurzer Zeit besonders viele Menschen Schutz in der EU suchen oder in denen es besondere Situationen gibt, die die ganze Welt betreffen, wie etwa die Corona-Pandemie. Um diesen besonderen Situationen gerecht werden zu können, bedarf es bestimmter Regeln, die die Mitgliedstaaten anwenden können, etwa weil sie es nicht schaffen, alle Ankommenden im Rahmen der üblichen Fristen zu registrieren. Die Regelungen der Krisen-Verordnung geben für diese besonderen Situationen einen Rahmen vor, um zu vermeiden, dass sich die Mitgliedstaaten in solchen Situationen eigene Regeln schaffen oder das Asylsystem überlastet wird. Die Anwendung der Instrumente nach der Krisen-Verordnung erfolgt in einem zweistufigen Verfahren. Zunächst obliegt es der Europäischen Kommission, festzustellen, ob eine Krisensituation vorliegt, anschließend legt der Rat mit qualifizierter Mehrheit fest, welche Instrumente der Krisen-Verordnung unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in der konkret vorliegenden Situation zur Anwendung gelangen sollen. Nach der Krisen-Verordnung werden den Mitgliedstaaten für bestimmte Krisensituationen Instrumente an die Hand gegeben, damit sie den hieraus entstehenden Herausforderungen besser begegnen können. Sie erhalten hierfür einen Maßnahmenkatalog, der von Abweichungen vom Grenzverfahren, über Verlängerung der Registrierungsfristen bis hin zu ergänzenden Solidaritätsmaßnahmen reicht. Ziel ist es, flexibel und bedarfsorientiert auf besondere Situationen zu reagieren, um die Funktionsfähigkeit des GEAS aufrecht zu erhalten. Auch in Krisensituationen soll die künftige Aufnahme-Richtlinie gelten, die Mindeststandards hinsichtlich Unterbringung, medizinischer Versorgung und Zugang zu Bildung regeln wird. Auch im Rahmen der Krisen-Verordnung gilt ein verpflichtender Solidaritätsmechanismus; dieser wird in bestimmten Situationen sogar um einen speziellen Solidaritätsplan ergänzt. Insoweit ist es auch möglich, dass diejenigen Mitgliedstaaten, die sich im Rahmen der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement zu Übernahmen von Personen (Relocation) bereit erklärt haben, über den "fair share" hinaus Personen übernehmen. So ist sichergestellt, dass belastete Mitgliedstaaten auch in Krisensituationen entlastet werden, wenn dies erforderlich ist. Leistet ein Mitgliedstaat allerdings Solidarität in Form von Übernahme von Personen über den "fair share" hinaus, werden diese Solidaritätsbeiträge in den darauffolgenden Jahren im Rahmen des regulären Solidaritätsmechanismus nach der Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung angerechnet. Darüber hinaus können auch finanzielle oder alternative Solidaritätsbeiträge in Krisensituationen geleistet werden.Welche Krisensituationen werden in der Krisen-VO geregelt und warum bedarf es besonderer Regelungen für Krisensituationen?
Wie wird eine Krisensituation festgestellt und wer entscheidet darüber?
Welche Maßnahmen können die Mitgliedstaaten in Krisensituationen ergreifen?
Werden grundlegende Standards auch in Krisensituationen gewährleistet?
Welche Solidaritätsmaßnahmen sind im Fall einer Krise vorgesehen?
Stand: 07.10.2024