FAQ - Desinformation im Kontext des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine

Typ: Häufig nachgefragt

Was ist Desinformation?

Desinformation ist falsche oder irreführende Information, die gezielt verbreitet wird. Dies ist zu unterscheiden von falschen oder irreführenden Informationen, die irrtümlich bzw. ohne Täuschungsabsicht entstehen und verbreitet werden.

Die Absender von Desinformation setzen darauf, die Empfänger zu täuschen und dazu zu verleiten, falsche und irreführende Informationen weiterzuverbreiten. Desinformation wird von nicht-staatlichen Akteuren aus dem In- und Ausland sowie von ausländischen staatlichen Akteuren aus unterschiedlichen Motivationen heraus eingesetzt.

Wird Desinformation von einem fremden Staat verbreitet, um dadurch illegitim Einfluss auf einen anderen Staat (oder auch einen Staatenverbund) auszuüben, handelt es sich um eine hybride Bedrohung. Beabsichtigt wird eine Verwirrung der Öffentlichkeit über die Faktenlage, Beeinflussung der öffentlichen Meinungsbildung, Verschleierung und Ablenkung von eigenen Aktivitäten, Emotionalisierung von kontroversen Debatten, Verstärkung gesellschaftlicher Spannungen und/oder das Schüren von Misstrauen in staatliche Institutionen und Regierungshandeln, mit dem Ziel der Stärkung der eigenen Position und Durchsetzung eigener Interessen.

Wie wird Desinformation als Mittel illegitimer Einflussnahme durch fremde Staaten eingesetzt?

Offene, pluralistische und demokratische Gesellschaften leben vom ungestörten Zugang zu Fakten und dem freien Meinungsaustausch. Verschiedene Akteure nutzen die Möglichkeiten des freien Meinungsaustauschs für die Verbreitung von Desinformation. Damit wird die Absicht verfolgt, das Vertrauen in staatliche Stellen zu untergraben und über polarisierende Themen gesellschaftliche Spaltungen zu provozieren oder zu vertiefen. Teilweise versuchen Staaten durch Desinformation auch, das gesellschaftliche Stimmungsbild in anderen Staaten zu ihren Gunsten zu beeinflussen oder die politische Willensbildung in den Zielstaaten gemäß ihrer eigenen politischen Agenda zu verändern oder zu hemmen.

Die digitale Vernetzung der Welt erleichtert es fremden Staaten, Desinformation und Propaganda schnell und sehr gezielt zu verbreiten. Beispielsweise werden aus politischen Motiven Informationen manipuliert oder aus dem Kontext gerissen, um öffentliche Debatten zu beeinflussen. Gerade aufgrund der Funktionsweise sozialer Netzwerke, die auf dem einfachen Teilen und Verbreiten von Informationen aufbaut, können sich falsche und irreführende Informationen schnell weiterverbreiten und sehr viele Menschen erreichen. Nutzerinnen und Nutzern, die solche Informationen in großem Umfang weiterverteilen, kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Außerdem gibt es zahlreiche gefälschte Nutzerkonten, die falsche oder irreführende Informationen auf den unterschiedlichen Plattformen weiterverbreiten. Mitunter erfolgt dies auch automatisiert über sog. "Bots".

Auch mittels Cyberangriffen können fremde Staaten Desinformationsaktivitäten vorbereiten und fortlaufend unterstützen. So können beispielsweise Konten in sozialen Medien übernommen und Daten von Politikern gestohlen werden, um sie manipuliert oder im falschen Kontext gezielt zu veröffentlichen.

Warum wurde dieses FAQ erstellt?

Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine verbreitet Russland systematisch Desinformation. Die Bundesregierung nimmt diese Bedrohung sehr ernst. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) möchte mit diesem Dokument hierfür sensibilisieren und eine Informationsgrundlage zum Umgang mit Desinformation zur Verfügung stellen.

Wie verbreitet Russland Desinformation?

Die russische Regierung nutzt schon seit Jahren ihre diplomatischen Kanäle, Netzwerke in den sozialen Medien und ihre staatlichen Medien, um Desinformation und Propaganda zu verbreiten, auch in Deutschland. Während deutsche Medien, einschließlich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sich durch journalistische Unabhängigkeit und gesetzlich verankerte Staatsferne auszeichnen, müssen russische Medien keine Staatsferne aufweisen. Russische Medienhäuser wie Russia Today (RT) oder Sputnik berichten nicht unabhängig journalistisch, sondern werden vom russischen Staat kontrolliert und auch unmittelbar für Desinformationsaktivitäten genutzt. Die russische Medienregulierung, die Gerichte und die Struktur der Sender gewährleisten keine redaktionelle Unabhängigkeit. Oftmals produzieren russische Medien Desinformation oder nutzen gezielt bereits im Raum stehende falsche und irreführende Information und erhöhen deren Reichweite, insbesondere über soziale Netzwerke. Bei der Verbreitung von Desinformation spielen auch sog. Trollfabriken, wie z.B. die Internet Research Agency in St. Petersburg, eine wichtige Rolle.

Welche Rolle spielt Desinformation im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine?

Am 24. Februar 2022 begann auf Befehl der russischen Regierung der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen die gesamte Ukraine, nachdem Russland bereits 2014 die Krim annektiert und einen gewaltsamen Konflikt im Donbass verursacht hatte. Seit dem 24. Februar 2022 dauert der Angriffskrieg Russlands mit unverminderter Härte an. Das Leid und die Zerstörung in der Ukraine sind enorm. Die genauen Opferzahlen sind unbekannt. Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer haben nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen bislang ihr Land verlassen und sind in die europäischen Nachbarstaaten geflüchtet. Millionen Menschen sind innerhalb der Ukraine auf der Flucht.

Die Mitgliedstaaten der EU und die NATO-Alliierten haben umfangreiche Sanktionen gegen Russland und Hilfsmaßnahmen für die Ukraine beschlossen. Dazu gehört umfassende politische, humanitäre, finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine. Deutschland ist, wie viele andere Staaten, solidarisch mit der Ukraine.

Vor diesem Hintergrund ist Deutschland ebenso wie seine Verbündeten in EU und NATO sowie Drittstaaten von Russlands illegitimer Einflussnahme betroffen, v.a. im Informationsraum. Russland verbreitet Desinformation u.a. über staatliche Auslandsmedien wie RT DE und Kanäle in sozialen Netzwerken. Auf diese Weise versucht die russische Regierung, die öffentliche Meinung in Deutschland und anderen Staaten zu ihren Gunsten zu beeinflussen und mögliche Spaltungslinien in der Gesellschaft zu verschärfen. Russland zielt damit auch auf eine Diskreditierung der Ukraine sowie des Westens.

Gleichzeitig adressiert der Kreml mit seiner Propaganda die eigene Bevölkerung, um die Invasion zu rechtfertigen und westliche Staaten als Aggressoren darzustellen. Dadurch soll eine hohe Zustimmung der russischen Bevölkerung zum Vorgehen der russischen Regierung in der Ukraine sichergestellt werden.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die gesamte Ukraine beobachtet die Bundesregierung ein erhöhtes Aufkommen von Desinformation durch russische offizielle Stellen, staatliche und staatsnahe Medien sowie Kreml-nahe Accounts in sozialen Medien. Seit der durch die Sanktionen bewirkten Einschränkung der Reichweite russischer staatsnaher Medien werden pro-russische Desinformation und Propaganda verstärkt über Accounts in sozialen Medien verbreitet. Dabei treten vermehrt offizielle russische Stellen als Desinformationsakteure in Erscheinung, die alle ihnen zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel nutzen, z.B. offizielle Pressestatements des Außenministeriums, eigene Kanäle in sozialen Medien wie insbesondere Telegram sowie Webseiten der russischen Botschaften weltweit. Teilweise werden diese Kanäle durch offizielle Kanäle anderer Staaten verstärkt.

Welche Narrative verbreitet Russland im Zusammenhang mit dem Krieg und wie sind diese einzuordnen?

Russland ist bestrebt, die politische und öffentliche Meinung in Deutschland und anderen Staaten durch die Verbreitung von Desinformation, Propaganda sowie durch weitere Versuche illegitimer Einflussnahme zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Im Fokus stehen zum einen Bemühungen der russischen Regierung, die Deutungshoheit über den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu erlangen. Zum anderen versucht der Kreml gezielt, Reaktionen der Staatengemeinschaft auf seinen völkerrechtswidrigen Krieg sowie die von der Öffentlichkeit getragene Unterstützung der Ukraine zu erschweren oder zu verhindern.

Dabei kann die Methodik von Desinformationsakteuren wie Russland in vier Kategorien eingeteilt werden: abstreiten, verzerren, ablenken und verunsichern.*

* In Anlehnung an das 4D-Modell des Forschers Ben Nimmo.

Die Grenzen zwischen den Kategorien sind nicht trennscharf. Viele Narrative können mehreren Kategorien zugeordnet werden.

Nach der ersten Methode, dem "Abstreiten", versucht der Akteur, für ihn nachteilige objektive Informationen mit fadenscheinigen Gründen abzutun, mit dem Ziel, die Vertrauenswürdigkeit der Quelle zu beschädigen und Unsicherheit zu erzeugen. So streitet die russische Regierung jegliche Verantwortung für die militärische Eskalation ab und behauptet vielmehr, dass sie zum Krieg gezwungen worden sei. Russland versucht hierbei, Täter und Opfer zu vertauschen und Gründe für einen russischen Angriff zu konstruieren, die nicht existieren und/oder widerlegt sind. Russische Behauptungen über angebliche Gräueltaten der Ukraine gegen die eigene Bevölkerung im Donbass entbehren jeglicher Grundlage, wie die Berichte der Vereinten Nationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) belegen. Auch ist auszuschließen, dass eine Gefahr gegen Russland vom ukrainischen Staatsgebiet ausging. Russland wirft der Ukraine zudem vor, Massenvernichtungswaffen zu entwickeln – auch mittels angeblicher Unterstützung durch westliche Staaten. Es gibt jedoch keine nuklearen, chemischen oder biologischen Waffenprogramme der Ukraine. So hält sich die Ukraine an den Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NNV) und hat nach dem Ende des Kalten Krieges die von der Sowjetunion geerbten Nuklearwaffen an Russland abgegeben – im Gegenzug hatte sich Russland zur Achtung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine verpflichtet. Die Ukraine arbeitet eng mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zusammen und erfüllt alle IAEO-Auflagen. Es existieren und existierten auch keine westlichen Forschungseinrichtungen zur Entwicklung von nuklearen, chemischen oder biologischen Waffen in der Ukraine.

Nach der zweiten Methode, dem "Verzerren", versucht der Akteur, Informationen umzudeuten. Als Beispiel kann hier die russische Darstellung des Krieges in der Ukraine als vermeintliche "Spezialoperation" dienen. Der Begriff "Krieg" ist in diesem Kontext in Russland verboten. Angesichts des Einsatzes von weit mehr als 100.000 Soldaten zur Invasion der Ukraine sowie des Abschusses unzähliger Raketen u.a. auf zivile Infrastruktur betreibt Russland jedoch unzweifelhaft einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Außerdem behauptet die russische Regierung, dass die USA mit Hilfe der Europäer einen Krieg gegen Russland führen würden. Offizielle russische Stellen postulieren sogar, dass sich Russland gegen eine faschistische Allianz zur Wehr setzen müsse – wie im Zweiten Weltkrieg. Hierbei handelt es sich um eine besonders starke Verzerrung der Tatsachen.

Die dritte Methode, das "Ablenken", versucht die für Russland nachteiligen Informationen durch falsche Informationen zurückzudrängen und aus dem Fokus zu nehmen. Beispielsweise stellt die russische Regierung die Ukraine als vermeintlichen Aggressor oder Unrechtsstaat dar und behauptet, dass die Ukraine von einem neonazistischen Regime kontrolliert wird. Damit soll die Tatsache aus dem Fokus der Öffentlichkeit gedrängt werden, dass Russland einen demokratischen Staat mit einem Präsidenten jüdischer Herkunft völkerrechtswidrig angegriffen hat. Außerdem versucht Russland, die eigenen Kriegsverbrechen zu verschleiern, indem es der Ukraine u.a. vorwirft, die Massaker in den Vororten von Kyjiw selbst inszeniert zu haben. Dagegen gibt es nach Berichten unabhängiger Medien zahlreiche Belege über aktuelle Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine, insbesondere gegen die Zivilbevölkerung. Es sind u.a. mehrere Fälle dokumentiert, in denen russische Streitkräfte in besetzten Gebieten in der Ukraine Vergewaltigungen sowie Folterungen begangen und sowohl willkürlich als auch gezielt Zivilpersonen erschossen haben.

Die vierte Methode, das "Verunsichern", soll ein Bedrohungsszenario konstruieren. Dies soll Ängste in den jeweiligen Zielstaaten anfachen und deren politische Handlungsfähigkeit einschränken. Dazu gehört, dass die russische Regierung mit einer weiteren Eskalation gegenüber den Staaten droht, die sich für die Einhaltung des Völkerrechts einsetzen. Auch das Verbreiten des Narrativs einer möglichen atomaren Eskalation durch Russland gehört dazu. Zudem warnen russische Staatsmedien und Kreml-nahe Accounts fortwährend vor den drohenden Folgen einer Energie- und Wirtschaftskrise in Deutschland. Ziel ist es, Sorgen in der deutschen Bevölkerung vor einem wirtschaftlichen Niedergang zu schüren. Derartige Drohungen verringern jedoch nicht die politische Entschlossenheit Deutschlands und seiner Verbündeten in EU und NATO, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine u.a. mit harten Sanktionen zu begegnen. Russland behauptet, dass die Reaktion der Staatengemeinschaft auf den russischen Angriff auf die Ukraine durch vermeintliche "Russophobie" motiviert sei und versucht damit, den eklatanten Verstoß Russlands gegen das Völkerrecht in den Hintergrund zu drängen. Auch behauptet die russische Regierung, dass die westlichen Gesellschaften insgesamt „russophob“ geworden und russischstämmige Menschen im Westen nicht mehr sicher seien. Die überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland unterscheidet jedoch sehr klar zwischen den Ansichten und dem Handeln der russischen Regierung und den hier lebenden russischen Bürgerinnen und Bürgern oder Deutschen mit russischer Migrationsgeschichte. Zudem gibt es nur eine relativ geringe Zahl an strafrechtlich relevanten Ereignissen gegen russische Einrichtungen sowie russischstämmige Menschen in Deutschland. Die Bundesregierung legt großen Wert auf die Bekämpfung jeglicher Diskriminierung.

Inwiefern verbreiten inländische Akteure russische Desinformation?

Die russischen Staatsmedien adressieren gezielt inländische Akteure in Deutschland und in anderen Staaten. Die zentralen Rollen nehmen dabei RT DE sowie soziale Netzwerke und staatliche oder private Institute ein. Die von der russischen Regierung geförderten "Alternativmedien" werden u.a. von Akteuren aus den Phänomenbereichen Rechtsextremismus, Reichsbürger und Selbstverwalter sowie Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates genutzt. Auch in einschlägigen Telegram-Foren werden russische Desinformationsnarrative verbreitet. Teile der (ehemaligen) Corona-Protestbewegung sind empfänglich für russische Desinformation und Propaganda und verbreiten diese weiter. Darüber hinaus können sich auch linksextremistische Gruppierungen von den russischen Narrativen angesprochen fühlen.

Die Reaktionen innerhalb der Szenen sind unterschiedlich: Überwiegend erfolgt eine pro-russische Positionierung, teilweise wird aber auch Position für die ukrainische Seite ergriffen.

Es ist davon auszugehen, dass die Verbreitung pro-russischer Narrative u.a. im verschwörungsgläubigen Milieu fortgesetzt wird. Die russischen Auslandsmedien in Deutschland knüpfen über ihre Kanäle in den sozialen Medien mit Hilfe des verwendeten Vokabulars bewusst an diese Milieus an.

In welchem Zusammenhang steht die russische Desinformation und Propaganda zu pro-russischen Demonstrationen in Deutschland?

In bestimmten Bevölkerungsgruppen existiert ein sowohl durch Tradition wie durch Ideologie geprägtes pro-russisches Grundverständnis, das von der Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse in Russland, aber auch von einer grundsätzlichen Ablehnung bzw. Skepsis gegenüber westlichen Werten, insbesondere der pluralistischen Demokratie, genährt wird. Diese Gruppen verschließen sich der Tatsache, dass die russische Regierung mit ihrer Propaganda Unwahrheiten verbreitet. Im Gegenteil: Die russischen Narrative werden in diesen Gruppen unreflektiert aufgenommen und voller Überzeugung in die Öffentlichkeit getragen. So z.B. auf den pro-russischen Protesten in mehreren deutschen Großstädten.

Warum wurde die Verbreitung von RT- und Sputnik-Inhalten in der EU verboten?

Hintergrund der am 2. März 2022 in Kraft getretenen EU-Sanktionsmaßnahmen gegen die beiden russischen Sender RT und Sputnik ist, dass diese Sender unter direkter oder indirekter Kontrolle der russischen Regierung wesentlich dazu beigetragen haben, die militärische Aggression gegen die Ukraine und die Destabilisierung ihrer Nachbarstaaten medial zu unterstützen. Die Maßnahmen sollen gelten, bis Russland die Aggression gegen die Ukraine beendet und zudem die Durchführung von Propagandaaktionen gegen die EU und deren Mitgliedstaaten einstellt. Neben dem Verbot der Verbreitung von Inhalten der gelisteten Sender – das unmittelbar, ohne nationalen Umsetzungsakt gilt und in Deutschland weitgehend befolgt wird – ordnet die Verordnung die Aussetzung etwaiger Lizenzen der gelisteten Sender an. Letztere Anordnung ist in Deutschland mangels bestehender Lizenzen jedoch praktisch bedeutungslos. Über die genannten Regelungen hinaus wird die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten von RT und Sputnik nicht eingeschränkt. Weiterhin erlaubt sind etwa die Durchführung von Recherchen und Interviews.

Unabhängig von den EU-Sanktionen ist der Sendebetrieb von RT DE in Deutschland nach Einschätzung der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) in Ermangelung einer Sendelizenz unzulässig. Daher wurde ohne Einflussnahme der Bundesregierung bereits vor Erlass der EU-Sanktionen eine Untersagungsverfügung gegen RT DE erlassen.

Was tut die Bundesregierung gegen Desinformation als Mittel illegitimer Einflussnahme fremder Staaten?

Kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die gesamte Ukraine wurde unter Federführung des BMI innerhalb der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe Hybride Bedrohungen (AG Hybrid) eine Unterarbeitsgruppe Russland/Ukraine (UAG RUS/UKR) eingerichtet, durch die ein enger ressort- und behördenübergreifender Austausch zur Erkennung und Abwehr hybrider Bedrohungen, insbesondere Desinformation, im Zusammenhang mit Russlands Krieg in der Ukraine sichergestellt wird. Im Mittelpunkt der Arbeit dieser Task Force gegen Desinformation stehen Maßnahmen zur Identifizierung russischer Narrative, zur Stärkung der faktenbasierten Kommunikation und zur Erhöhung der gesellschaftlichen Resilienz gegen Bedrohungen aus dem Informationsraum.

Das Auswärtige Amt (AA), das Bundespresseamt (BPA) sowie das BMI und seine nachgeordneten Behörden beobachten den Informationsraum im Kontext des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine aufmerksam hinsichtlich dort kursierender falscher oder irreführender Informationen und tauschen sich hierzu auch fortlaufend mit weiteren Ressorts und Behörden von Bund und Ländern aus.

Im Vordergrund steht immer die proaktive faktenbasierte und zielgruppengerechte Kommunikation zur aktuellen Lage und zu den ergriffenen Maßnahmen.

Neben angemessenen reaktiven Maßnahmen, insbesondere der Richtigstellung von Falschinformationen, sind Prävention und der Aufbau von gesamtstaatlicher und gesellschaftlicher Resilienz von Bedeutung. Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema "Desinformation" und eine stärkere Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger bei der kritischen Überprüfung von Informationen und Quellen insbesondere in sozialen Netzwerken sind fester Bestandteil dieser gesamtstaatlichen Aufgabe. Nachrichten- und Medienkompetenz müssen gezielt in allen Altersgruppen gefördert und ausgebaut werden. Die Bundesregierung unterstützt dazu verschiedene Projekte zur Stärkung der Nachrichtenkompetenz sowie zum Schutz und zur strukturellen Stärkung des Journalismus. Die unabhängigen Medien leisten u.a. mit ihren Faktenchecks einen sehr wichtigen und wertvollen Beitrag. Auch die Faktenprüfung durch unabhängige Forschungseinrichtungen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) begrüßt die Bundesregierung ausdrücklich.

Darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung u.a. mit einer Soforthilfe für geflüchtete Medienschaffende aus der Ukraine, Russland und Belarus für die Stärkung von Exilmedien ein, die mit kritischer und unabhängiger Berichterstattung über ihre Heimatländer oft eine besonders hohe Glaubwürdigkeit besitzen und aktiv Desinformation entgegentreten.

Neben diesem breiten gesamtgesellschaftlichen Ansatz gegen illegitime Einflussnahme fremder Staaten ist die Kooperation mit Partnerstaaten und in internationalen Netzwerken, wie z.B. dem G7 Rapid Response Mechanism (RRM), ein weiterer wichtiger Baustein. Besondere Bedeutung hat dabei auch die Kooperation in und mit der EU. Einerseits unterstützt die Arbeit von EU-Initiativen wie der Webseite euvsdisinfo.eu der East StratCom Task Force des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) die Arbeit auf nationaler Ebene. Andererseits bringt sich die Bundesregierung aktiv in der Arbeit auf EU-Ebene, insbesondere in der Ratsarbeitsgruppe zur Abwehr hybrider Bedrohungen, ein.

Die Vernetzung von Bund und Ländern einschließlich ihrer Kommunen und den Sicherheitsbehörden ist ein ebenso wichtiges Element, um Desinformation wirksam zu begegnen.

Alle politischen Ebenen sind gehalten, anschlussfähige Ansätze zur effektiven Bekämpfung von Desinformation zu verfolgen und entsprechende Strukturen zu etablieren, um gesamtgesellschaftlich wirksam zu sein. Hierfür können gute, international bewährte Beispiele genutzt und entsprechend angepasst werden. In einigen Bereichen kann Deutschland beispielgebend sein.

Eine wichtige Rolle bei möglichen Maßnahmen gegen die Verbreitung von falschen oder irreführenden Informationen nehmen auch die Betreiber sozialer Medien ein. Transparente Regeln in sozialen Netzwerken und deren konsequente Umsetzung durch die Betreiber sind sehr wichtig. Die Bundesregierung steht dazu in einem regelmäßigen Austausch mit den Plattformbetreibern.

Wie reagiert die Bundesregierung auf akute Desinformation?

Die Bundesregierung verfolgt den Ansatz, dass nicht jede falsche oder irreführende Information aktiv richtiggestellt werden muss, um nicht noch mehr Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Um zu entscheiden, ob und wie darauf reagiert werden sollte, muss die jeweilige konkrete falsche oder irreführende Information analysiert werden. Dabei spielen u.a. folgende Kriterien bzw. Fragen eine Rolle: Was genau liegt vor? Wer ist thematisch betroffen/zuständig? Handelt es sich um gezielt verbreitete falsche oder irreführende Information, also um Desinformation? Von wem kommt die Desinformation? Wo wurde die Desinformation veröffentlicht? Wie hoch ist das Gefährdungspotential u.a. durch Reichweite?

Grundsätzlich gilt: Je höher das Gefährdungspotential eingestuft wird, desto wichtiger ist es, schnell zu reagieren und entschieden gegenzusteuern. In entsprechenden Fällen kann sich die Bundesregierung für ein sog. Debunking, also das aktive Widerlegen falscher oder irreführender Information, entscheiden.

Wie kann man falsche und irreführende Informationen erkennen und sich vor Desinformation schützen?

1. Kritisch hinterfragen statt weiterleiten

Falsche oder irreführende Nachrichten, Bilder oder Videos werden von Privatpersonen oft nicht böswillig verbreitet, sondern weil die Menschen sich Sorgen machen. Im Zweifel führen solche Meldungen aber dazu, dass Verunsicherung geschürt oder Panik verbreitet wird. Je emotionaler oder dramatischer eine Meldung ist, umso häufiger wird sie verbreitet. Deshalb ist es wichtig, sich nicht daran zu beteiligen und Ruhe zu bewahren. Leiten Sie Inhalte daher nicht ungeprüft weiter. Teilen Sie keine Inhalte, die Ihnen zweifelhaft erscheinen.

2. Quellen und Absender der Nachricht prüfen

Es hilft immer, fragliche Nachrichten mit mindestens zwei weiteren Quellen zu vergleichen. Die aktuelle Nachrichtenlage bilden die Medienangebote der Nachrichtensender und Tages- und Wochenzeitungen ab. Bild- und Videomaterial aus den Kriegsgebieten überprüfen die Faktencheck-Abteilungen vieler Medien sehr aktuell und regelmäßig. Informieren Sie sich zudem auf den offiziellen Webseiten der Institutionen, aktuell zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine z.B. auf bundesregierung.de, sowie in den sozialen Netzwerken auf den jeweiligen Kanälen der Institutionen. Prüfen Sie immer, wer das Video bzw. das Bild oder die Nachricht veröffentlicht hat. Ist er oder sie der Urheber des Materials oder wurde es bereits mehrfach weitergeleitet? Die Angabe eines Klarnamens kann ein Indiz für die Echtheit eines Accounts sein. Auch mögliche Angaben der Plattformbetreiber zur Unabhängigkeit oder Regierungsnähe einzelner Accounts können eine Entscheidungshilfe darstellen. Halten Sie sich in den sozialen Netzwerken an die verifizierten Accounts der offiziellen Stellen und Institutionen (erkennbar an dem blauen Haken). Sehen Sie sich bei Webseiten das Impressum an. Es sollte eine für die Webseiteninhalte verantwortliche Person und eine vollständige Anschrift umfassen, nicht nur z.B. eine anonyme E-Mail-Adresse.

3. Faktenchecks nutzen

Öffentlich-rechtliche Medien und andere unabhängige Organisationen überprüfen einzelne Falschmeldungen und stellen sie richtig. Unter anderem dokumentieren und analysieren das unabhängige Recherchezentrum „Correctiv“ sowie Nachrichtenagenturen wie z.B. die Deutsche Presse-Agentur (dpa) aktuelle und international kursierende Desinformation und Falschmeldungen zum Krieg in der Ukraine.

Wo kann man mehr über den Umgang mit Desinformation erfahren?

Das BPA informiert auf der Seite der Bundesregierung zum Umgang mit Desinformation: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/umgang-mit-desinformation.

Das BPA informiert auf der Seite der Bundesregierung auch zum zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/krieg-in-der-ukraine.

Das BMI informiert über die aktuelle Bedrohungslage hinsichtlich Desinformation als Mittel illegitimer Einflussnahme fremder Staaten, also sog. hybrider Bedrohungen: Desinformation als hybride Bedrohung.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bietet auch hilfreiche Informationen zum Thema: https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/hintergruende/DE/spionageund-proliferationsabwehr/desinformation.html.

Umfangreiche Hinweise und Hintergründe zum Umgang mit Desinformation finden Sie auch auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB): https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/desinformation.

Die BpB hat zum Thema ebenfalls eine Podcast-Serie: https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/digitale-desinformation/desinformation-der-globale-blick.

Die BpB hat auch eine eigene Themenseite zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eingerichtet , auf der thematisch einschlägige BpB-Angebote (u.a. Artikel unabhängiger Journalisten und Wissenschaftler) gesammelt und präsentiert werden: https://www.bpb.de/themen/ europa/krieg-in-der-ukraine.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) finanziert im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" mehrere Projekte, die sich mit Desinformation und Verschwörungsideologien beschäftigen. Diese sind einzusehen unter: https://www.demokratie-leben.de/. Hervorzuheben sind die Projekte "Gegenmedien" des Zentrums Liberale Moderne, das Inhalte systemkritischer Medien analysiert und speziell zu Narrativen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine veröffentlicht hat: https://gegneranalyse.de, sowie das Desinformations-Analysetool von betterplace-Lab/Das Nettz. In Form einer interaktiven Karte beschreibt das Projekt den Herstellungs- und Verbreitungsprozess von Desinformation. Weitere Informationen sind einsehbar unter: https://kompetenznetzwerk-hass-imnetz.de/infografik-desinformation.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt mehrere Forschungsprojekte, die sich mit Desinformation befassen. Nähere Informationen finden sich unter: https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/2022/02/fake-newsbekaempfen.html.

Faktenchecks zum Thema finden Sie u.a. auch beim ARD-Faktenfinder: https://www.tagesschau.de/faktenfinder sowie auf weiteren Seiten öffentlichrechtlicher Medien auf Landesebene, wie z.B. dem BR, der ebenfalls einen Faktencheck anbietet: https://www.br.de/nachrichten/faktenfuchs-faktencheck.

Aktuelle Desinformation zum Krieg in der Ukraine deckt der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) in englischer Sprache auf: https://euvsdisinfo.eu/category/ukrainepage. Einzelne Texte sind auch auf Deutsch abrufbar: https://euvsdisinfo.eu/de. Auch in anderen Sprachen einschließlich Russisch und Ukrainisch stehen umfangreiche Informationen zur Verfügung.

In englischer Sprache informiert die United NationsEducational, Scientificand Cultural Organization (UNESCO), die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation, über Verschwörungsideologien und gibt praktische Hinweise, wie man gegen Desinformation vorgehen kann: https://en.unesco.org/themes/gced/thinkbeforesharing.

Alle FAQ "Desinformation im Kontext des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine" als Download