Bundestagswahlrecht

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Verfassung

Das deutsche Wahlrecht hält am Wahlsystem der personalisierten Verhältniswahl fest. Jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Erststimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten und eine Zweitstimme für die Wahl einer Landesliste.

Das deutsche Wahlsystem ist eine Kombination aus

  1. Personenwahl von Wahlkreisbewerbern in 299 Wahlkreisen nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl (mit der Erststimme) und
  2. der Verhältniswahl von Landeslisten der Parteien (mit der Zweitstimme)

Durch Anrechnung der in den Wahlkreisen von Wahlbewerbern der Parteien gewonnenen Direktmandate auf die Sitzzahl der Parteien wird der Grundcharakter der Verhältniswahl gewahrt.

Ergebnis des Verhältniswahl

Zur Vermeidung von Überhangmandaten und des Effekts des so genannten negativen Stimmgewichts wird das Ergebnis Verhältniswahl seit 2013 in zwei Stufen ermittelt:

In einer ersten Verteilung werden zunächst 598 Sitze den Landeslisten der Parteien aus festen Sitzkontingenten der Länder (nach dem Bevölkerungsanteil) zugeordnet. Dabei wird die Zahl der bei dieser Bundestagsgröße nicht anrechenbaren Direktmandate (Überhangmandate) ermittelt.

Für die zweite Stufe der Sitzverteilung wird die Sitzzahl des Bundestages so lange erhöht, bis für jede Partei nach dem Verhältnis der Zweitstimmen mindestens so viele Sitze anfallen wie in der ersten Verteilung zuzüglich der nach der ersten Stufe der Sitzverteilung auftretenden Überhangmandate. Dadurch wird erreicht, dass nach der Sitzzahlerhöhung alle Direktmandate angerechnet werden können, also keine Überhangmandate entstehen.

In der zweiten und nun maßgeblichen Verteilung wird dann die so ermittelte Sitzzahl des Bundestags erst auf die Parteien (Oberverteilung) und sodann innerhalb der Parteien auf deren Landeslisten verteilt (Unterverteilung). Dabei erhält jede Landesliste mindestens die Zahl der in den Wahlkreisen des Landes errungenen Direktmandate, so dass alle Direktmandate angerechnet werden können.

Wahl in den Wahlkreisen (§ 5 BWG)

In jedem der 299 Wahlkreise im Bundesgebiet wird je ein Abgeordneter gewählt. Gewählt ist, wer die meisten Erststimmen auf sich vereint (relative Mehrheitswahl). Die von Wahlbewerbern einer Partei errungenen Wahlkreissitze werden auf die von ihrer Partei in der Wahl nach Landeslisten im Land errungenen Sitze angerechnet.

Wahlkreisbewerber können von den Parteien aufgestellt werden. Dabei sind alle Mitglieder der Partei stimmberechtigt, die in dem Wahlkreis wahlberechtigt sind. Die Wahl von Wahlbewerbern ist frühestens 32 Monate nach Beginn der Wahlperiode, in der 17. Wahlperiode also seit dem 28. Juni 2012 für die Wahl am 22. September 2013 möglich.

Wahlkreisbewerber können außer von einer Partei auch von einer sog. Wählergruppe nominiert werden. Dazu müssen mindestens 200 Wahlberechtigte aus dem Wahlkreis den Wahlvorschlag persönlich und handschriftlich auf einem der vom Kreiswahlleiter gelieferten amtlichen Formblätter unterzeichnen (§ 20 Absatz 3 BWG, § 34 BWO). Jeder Wahlberechtigte darf höchstens einen solchen Wahlvorschlag unterzeichnen.

Die Wahlkreise werden für jede Bundestagswahl auf der Grundlage der Vorschläge der Wahlkreiskommission in der Anlage zum Bundeswahlgesetz neu verteilt. Sie werden strikt nach Bevölkerungsanteil auf die Länder verteilt und so zugeschnitten, dass sie von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl in den Wahlkreisen möglichst nicht mehr als 15%, keinesfalls aber mehr als 25% nach oben oder unten abweichen. Dabei sind die Landesgrenzen und wo möglich die Grenzen der Gemeinden, Kreise und kreisfreien Städte einzuhalten; die Wahlkreiskontinuität wird möglichst gewahrt.

Für die Bundestagswahl 2017 ist die neue Wahlkreiseinteilung durch das 23. Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes erfolgt (weitere Infos auch auf dem Internetangebot des Bundeswahlleiters).

Wahl nach Landeslisten (§ 6 BWG)

In der Verhältniswahl nach Landeslisten wird durch deren Anteil der gewonnenen Zweitstimmen über das bundesweite Stärkeverhältnis der Parteien im Bundestag und die Zahl der aus den Ländern in den Bundestag gewählten Abgeordneten entschieden. Parteien, die weniger als 5% der Zweitstimmen erhalten, bleiben unberücksichtigt.

Nachdem in der ersten Stufe der Sitzverteilung die Bundestagsgröße ermittelt wurde, werden in der zweiten Stufe die Sitze nach Zweitstimmenverhältnis an die Parteien (Oberverteilung) und in den Parteien auf die Landeslisten verteilt (Unterverteilung).

Von der auf jede Landesliste entfallenden Sitzzahl wird bei der Sitzvergabe zunächst die Zahl der in den Wahlkreisen des Landes errungenen Direktmandate abgerechnet. Die restlichen Sitze werden sodann aus der Landesliste nach der dort festgelegten Reihenfolge besetzt. Listenbewerber, die auch in einem Wahlkreis kandidiert und dort ein Direktmandat errungen haben, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt.

Landeslisten können nur von Parteien eingereicht werden. Über die Eigenschaft als Partei für die Wahl entscheidet der Bundeswahlausschuss (§ 18 BWG), wenn die Partei nicht aufgrund eigener Wahlvorschläge im Bundestag oder einem Landtag seit der letzten Wahl ununterbrochen mit mindestens 5 Abgeordneten vertreten war. Gegen eine ablehnende Entscheidung des Bundeswahlausschusses kann innerhalb von 4 Tagen Beschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben werden. Bis zur Entscheidung des Gerichts, längstens bis zum 59. Tag vor der Wahl ist die Beschwerdeführerin wie eine Partei zu behandeln, kann also Listen einreichen.

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