Staatsangehörigkeitsrecht

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Verfassung

Die Staatsangehörigkeit bezeichnet die Zuordnung eines Menschen zu einem bestimmten Staat, mit allen Rechten und Pflichten.

Jeder Staat regelt nach den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts und in dessen Grenzen selbst, wer seine Staatsangehörigen sind und ob und unter welchen Voraussetzungen seine Staatsangehörigkeit erworben wird oder verloren geht.

Aufgrund der nicht einheitlichen Regelungen in den einzelnen Staaten kann ein Mensch zwei oder mehrere (Doppelstaater, Mehrstaater) oder auch keine Staatsangehörigkeit (sog. Staatenloser) besitzen. In Deutschland gilt grundsätzlich das Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatigkeit, ausgenommen sind aber insbesondere Staatsangehörige der anderen EU-Mitgliedstaaten sowie der Schweiz.

Alle deutschen Staatsangehörigen sind automatisch auch Angehörige der Europäischen Union. Die deutsche Staatsangehörigkeit ist in Art. 116 Grundgesetz und dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. Sie wird durch Art 16 GG besonders geschützt.

Reformen des Staats­angehörigkeits­rechts

Das Staatsangehörigkeitsrecht wurde in den letzten Jahren durch eine Reihe von Gesetzesänderungen wesentlich reformiert.

Einführung des Geburts­ort­prinzips und weitere Reformen im Jahr 1999

Zum 1. Januar 2000 wurde neben dem bisher allein geltenden Abstammungsprinzip (ius sanguinis) das Geburtsortprinzip (ius soli) eingeführt (Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 -BGBl. I S. 1618).

Danach können unter bestimmten Voraussetzungen auch in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Damit war zunächst die Verpflichtung verbunden, sich mit Vollendung des 18. Lebensjahres zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit der Eltern zu entscheiden (Optionspflicht).

Die für einen Einbürgerungsanspruch erforderliche Dauer des rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland wurde zudem von 15 auf acht Jahre verkürzt.

Darüber hinaus müssen Einbürgerungsbewerber folgende Kriterien erfüllen:

  • ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache
  • Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes
  • Loyalitätserklärung

Zusammen­fassung der Einbürgerungs­vorschriften im Staats­angehörigkeits­gesetz

Zum 1. Januar 2005 wurden die wichtigsten Einbürgerungsvorschriften, die zuvor auch im Ausländergesetz normiert waren, im Staatsangehörigkeitsgesetz zusammengefasst.

Einführung des Einbürgerungs­tests

Zum 1. September 2008 wurde der Einbürgerungstest als weitere Einbürgerungsvoraussetzung eingeführt. Hierdurch wurde dem gewachsenen Stellenwert der gesellschaftlichen Integration Rechnung getragen.

Möglichkeit der Rück­nahme einer rechtswidrigen Einbürgerung

Der neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügte § 35 erlaubt die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung. Voraussetzung ist, dass diese durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt worden ist.

Fortfall der Options­pflicht für in Deutschland aufgewachsene Ius-soli-Kinder

Seit dem 20. Dezember 2014 müssen sich in Deutschland aufgewachsene Ius-soli-Kinder nicht mehr zwischen der deutschen und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden. Die sogenannte Optionspflicht besteht aber für Ius-soli-Deutsche, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind, weiter.

Neue gesetzliche Einbürgerungsvoraussetzungen: Geklärte Identität und Staatsangehörigkeit – Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse

Das Dritte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes trat am 09.08.2019 in Kraft. 

Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes war die Identität des Einbürgerungsbewerbers bereits zuvor vor jeder Einbürgerung in den deutschen Staatsverband zu klären; dieses Erfordernis wurde nun unter Einbeziehung auch der Staatsangehörigkeit des Einbürgerungsbewerbers gesetzlich verankert. Außerdem muss die Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet sein, insbesondere darf der Einbürgerungsbewerber nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet sein (§ 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 StAG).

Die Frist für die Rücknahme einer Einbürgerung, die durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde, beträgt nun nicht mehr fünf, sondern zehn Jahre.

Außerdem wurde mit dem Änderungsgesetz eine neue Verlustregelung eingeführt. Danach verliert ein Deutscher, der sich an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland konkret beteiligt, die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Verlust tritt aber nur ein, wenn der Betreffende noch eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt und volljährig ist (§ 28 StAG). 

Erleichterte Einbürgerung von NS-Verfolgten und ihren Nachfahren – Zehnjähriges Erklärungsrecht für die von früheren geschlechterdiskriminierenden Abstammungsregelungen Betroffenen

 Am 20. August 2021 ist das Vierte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes in Kraft getreten.

Das Gesetz gibt Personen, die im Zusammenhang mit nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben oder nicht erwerben konnten, aber nicht unter die Wiedergutmachungsregelung in Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes fallen, einen Anspruch auf Wiedergutmachungseinbürgerung. Das Gleiche gilt zeitlich unbefristet für deren Nachfahren. 

Das Gesetz schafft ferner eine gesetzliche Grundlage für ein zehnjähriges Erklärungsrecht zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit für alle ab Geltung des Grundgesetzes (24. Mai 1949) Geborenen, die aufgrund früherer geschlechterdiskriminierender Abstammungsregelungen vom Geburtserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ausgeschlossen waren und diese bisher nicht anderweitig erworben haben. Die Möglichkeit des Erklärungserwerbs besteht auch für ihre Abkömmlinge. 

Zudem wurde gesetzlich festgeschrieben, dass Personen, die wegen antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Taten verurteilt wurden, unabhängig vom Strafmaß von einer Einbürgerung ausgeschlossen sind.

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