Prävention sexualisierter Gewalt
Artikel Sport
Sexueller Missbrauch ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Auch im Sport ist interpersonale Gewalt Realität. Nicht erst seit dem Öffentlichen Hearing "Sexueller Kindesmissbrauch im Sport" der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs am 13. Oktober 2020 sind zahlreiche Fälle sexualisierter und interpersonaler Gewalt im Spitzen- und Breitensport bekannt geworden.
Besserer Schutz vor sexueller Gewalt
Machtmissbrauch in seinen verschiedenen sexualisierten, psychischen und physischen Formen gefährdet die Integrität des Sports und dessen Ansehen und Vertrauen in der Gesellschaft. Gewalt, in welcher Form auch immer, darf im Sport keinen Platz haben. Gewalt ist Unrecht, das mit aller Entschiedenheit bekämpft und verhindert werden muss.
Genauso wie andere gesellschaftsrelevante Organisationen sind Sportverbände und -vereine angehalten, Verantwortung zu übernehmen und für einen besseren Schutz gegen sexuelle Gewalt einzustehen.
Das Bundesinnenministerium hat klare Erwartungen an den deutschen Spitzensport formuliert Dieser muss umfassende Maßnahmen zur Prävention, Intervention und Sanktion ergreifen, diese regelmäßig überprüfen und weiterentwickeln.
Seit Ende 2018 fordert das Bundesinnenministerium von den Zuwendungsempfängern eine verbindliche "Eigenerklärung zur Prävention und Bekämpfung sexualisierter Gewalt" als Fördervoraussetzung für die Bewilligung von Bundesmitteln.
Unabhängiges Zentrum für Safe Sport
Gemeinsam mit anderen gesamtgesellschaftlichen Akteuren, wie dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, dem organisierten Sport, Athletenvertretern, der Wissenschaft, den Ländern sowie Betroffenen erarbeitet das Bundesinnenministerium Lösungsansätze im Rahmen seiner Zuständigkeit.
Ein solcher Lösungsansatz ist die Schaffung eines unabhängigen Zentrums für Safe Sport.
Hierzu beauftragte das Bundesinnenministerium Prof. Martin Nolte von der Deutschen Sporthochschule Köln mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie, die im Ergebnis die die Einrichtung eines Zentrums für Safe Sport aus wissenschaftlicher Sicht klar befürwortet.
Eine Einrichtung für sicheren und gewaltfreien Sport zu schaffen, ist ein klarer Handlungsauftrag des Koalitionsvertrages.
Unabhängige Ansprechstelle "Safe Sport e.V."
Bundesinnenministerin und Sportministerin Nancy Faeser hat am 11. Juli 2023 in Berlin gemeinsam mit Berlins Innensenatorin und Sportsenatorin Iris Spranger die unabhängige Ansprechstelle Safe Sport e.V. für Betroffene sexualisierter, psychischer und physischer Gewalt im Sport eröffnet.
Die Ansprechstelle ist ab sofort unter www.ansprechstelle-safe-sport.de zu erreichen.
Das Beratungsangebot von Safe Sport richtet sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die aktuell von sexualisierter, psychischer oder physischer Gewalt im organisierten Sport betroffen sind oder dies früher waren. Betroffene erhalten psychosoziale Unterstützung in Form einer unentgeltlichen Erstberatung oder akuter Krisenintervention. Außerdem besteht die Möglichkeit einer rechtlichen Beratung. Bei Bedarf können sich Angehörige, Partnerinnen und Partner von Betroffenen sowie Zeuginnen und Zeugen ebenfalls an das Team der Ansprechstelle wenden. Auf Wunsch kann die Beratung anonym erfolgen.
Getragen wird die Ansprechstelle durch den Verein "Safe Sport e.V.", der am Rande der 46. Sportministerkonferenz am 3. November 2022 gegründet wurde. Gründungsmitglieder des Trägervereins sind neben dem Bund, die 16 Länder, Athleten Deutschland e.V., eine Vertreterin aus dem Betroffenenrat bei der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs sowie ein Vertreter aus der Wissenschaft
Die unabhängige Ansprechstelle bildet den ersten Baustein eines geplanten "Zentrums für Safe Sport", das als Vorhaben im Koalitionsvertrag verankert ist. Das Zentrum soll perspektivisch noch weitere Aufgaben im Bereich der Intervention, Prävention und Aufarbeitung von Fällen sexualisierter und interpersonaler Gewalt im Sport übernehmen.
Gruppenfoto Eröffnung Ansprechstelle Safe Sport (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Bundesfoto Kurc
Stakeholder-Prozess Zentrum für Safe Sport
In einem zweiten Schritt wird unter Koordination des Bundesinnenministeriums seit Dezember 2022 die künftige Ausgestaltung des Zentrums für Safe Sport in einem ergebnisoffenen, moderierten Stakeholder-Prozess erarbeitet. Ziel ist es, über die Ansprechstelle hinaus schnell weitere tragfähige und wirksame Unterstützungsstrukturen für Betroffene sexueller, physischer und psychischer Gewalt im Sport in den Handlungsfeldern Prävention, Intervention und Aufarbeitung zu schaffen.
Der Kreis der Beteiligten des Stakeholder-Prozesses ist gesellschaftlich breit angelegt. Neben Mitgliedern des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, des Stabes der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, den Ländern, dem organisierten Sport (Deutscher Olympischer Sportbund, Deutsche Sportjugend im DOSB und Landessportbünde), Vertreterinnen und Vertretern von Betroffenen (u.a. der Betroffenenrat bei der UBSKM) und der Wissenschaft (Deutsche Sporthochschule Köln), sind diverse gesellschaftliche Interessenvertretungen in den Prozess involviert. So engagieren sich u.a. Athleten Deutschland e.V., der Behindertensportverband, der Berufsverband der Trainer/innen im deutschen Sport (BVTDS), der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, Transparency International, N.I.N.A. e.V. – Hilfe Telefon Sexueller Missbrauch und der Kinderschutz Bundesverband e.V. im Dialog-Prozess.
Quelle: BMI
Auf der Grundlage vorliegender wissenschaftlicher Erkenntnisse wird in den nächsten Monaten in mehreren Arbeitstreffen das künftige Aufgabenportfolio des Zentrums für Safe Sport festgelegt und, unter Hinzuziehung von Experten, organisatorische, finanzielle und rechtliche Fragestellungen erörtert.
Roadmap liegt vor
Nach acht Monaten des intensiven fachlichen Austausches steht seit dem 31.08.2023 der Fahrplan zur Einrichtung eines Zentrums für Safe Sport. Die von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis aus Politik, organisiertem Sport, Wissenschaft und Zivilgesellschaft entwickelte Roadmap bildet die Grundlage zur Umsetzung des Zentrums für Safe Sport. Sie enthält Angaben zum Aufgabenportfolio des Zentrums in den Handlungsfeldern Intervention, Prävention und Aufarbeitung, beinhaltet eine Kostenschätzung, eine Empfehlung zur Rechtsform sowie ein Stufenmodell für den Aufbau und den Betrieb des Zentrums.