Rechts­extremismus

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Sicherheit

Die Bekämpfung rechtsextremistischer Straf- und Gewalt­taten ist ein Kern­anliegen der Bundes­regierung. Ziel ist es, durch die Bündelung aller politischen und zivil­gesell­schaftlichen Kräfte diesen Erscheinungs­formen wirkungs­voll und entschieden entgegen­zutreten.

aktuelles Zitat:

Bundesministerin Nancy Faeser
"Der Rechtsextremismus ist unverändert die größte extremistische Gefahr für die Demokratie in Deutschland."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Juni 2023

Intoleranz, Rassismus, Anti­semitismus und Fremden­feind­lich­keit sind typische Merkmale rechtsextremistischer Ideologien und Verhaltens­weisen. Sie stehen im klaren Widerspruch zu unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung und bedrohen zudem den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die dieser Ideologie zugrundeliegende Menschenverachtung drückt sich dabei nicht allein in Worten, sondern auch in Gewalttaten, bis hin zur Tötung von Menschen, aus.

Die Bundesregierung bekämpft Rechtsextremismus und seine Erscheinungsformen daher mit aller Entschlossenheit. Hierzu zählen repressive und präventive Maßnahmen der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden ebenso wie Maßnahmen der politischen Bildung, der Demokratieförderung und Extremismusprävention.

Dieser Ansatz bildet sich sowohl im 2020 vorgestellten Maßnahmenkatalog des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus als auch im März 2022 vorgestellten Aktionsplan gegen Rechtsextremismus ab. Auch die sich gegenwärtig in Erarbeitung befindende Strategie für eine starke, wehrhafte Demokratie und eine offene und vielfältige Gesellschaft wird diesem Ansatz Rechnung tragen.

Schwerpunkte des Aktionsplans gegen Rechtsextremismus

1. Rechtsextreme Netzwerke zerschlagen

"Wir wollen rechtsextremistische Netzwerke zerschlagen. Dafür wollen wir sie schneller und besser identifizieren, ihre Strukturen durchschauen und wirkungsvoll bekämpfen. ... Denn ohne Finanzmittel gibt es keine Propaganda und keine Aktivitäten, um Menschen zu radikalisieren und zu rekrutieren. Indem wir die Finanzquellen austrocknen, können wir einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Rechtsextremismus entscheidend zu schwächen und terroristische Taten zu verhindern."

2. Rechtsextremisten konsequent entwaffnen

Waffen in den Händen von Rechtsextremisten sind eine Gefahr. Im Juli 2022 hat ein jährlich tagendes Bund-Länder-Forum "Entwaffnung von Rechtsextremisten" seine Arbeit aufgenommen, in dem alle betroffenen Akteure – d.h. die Innenministerien, der Verfassungsschutzverbund und die Waffenbehörden – ebenenübergreifend, auch unter Einbindung der Verwaltungsgerichte, gemeinsame Strategien und best practices für eine effektivere Entwaffnung von Rechtsextremisten diskutieren.
Zudem wollen wir den Waffenbesitz von Extremisten und auch von psychisch kranken Menschen wirksam verhindern, indem wir sicherstellen, dass den Waffenbehörden bei der Überprüfung von Zuverlässigkeit und persönlicher Eignung eines Antragstellers oder Erlaubnisinhabers relevante Kenntnisse anderer Behörden zur Verfügung stehen.

Meldung, 14.09.2023: Rechtsextremisten konsequent entwaffnen - Treffen des Bund-Länder-Forums

3. Hetze im Internet ganzheitlich bekämpfen 

Der Fall Telegram hat gezeigt, dass der Staat sich nicht allein auf die Provider verlassen darf, entsprechend der Gesetzeslage gegen strafbare Inhalte vorzugehen. Es muss noch deutlicher werden, dass unser Recht auch im Internet konsequent durchgesetzt wird und die Polizei auch im Netz aktiv ist. Wir werden die Strafverfolgung strafbarer Inhalte sowie die Löschersuchen gegenüber den Sozialen Netzwerken fortführen und wenn nötig gezielt verstärken. Dazu werden diese Netzwerke beobachtet, um aktuelle Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Außerdem wird die beim Bundeskriminalamt eingerichtete zentrale Meldestelle für strafbare Internetinhalte für unterschiedliche Partner sukzessive ausgebaut und angepasst.

4. Verfassungsfeinde aus dem öffentlichen Dienst entfernen

Für Verfassungsfeinde ist kein Platz im öffentlichen Dienst. Wer den Staat ablehnt, kann ihm nicht dienen. Auch wenn es sich gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten nur um ganz wenige Fälle handelt, ist jeder Fall einer zu viel. Das Beamten- und Disziplinarrecht verfügt über wirksame Mechanismen zum Vorgehen gegen extremistische Bestrebungen. Diese Instrumente wurden mit der im Aktionsplan gegen Rechtsextremismus enthaltenen Reform des Bundesdisziplinargesetzes weiter ausgebaut. Mit dem "Gesetz zur Beschleunigung von Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften" (BGBl. 2023 I Nr. 389) wird die Rechtslage so geändert, dass Disziplinarverfahren deutlich beschleunigt werden können. Statusrelevante Disziplinarmaßnahmen, wie die Entfernung aus dem Dienst, die Zurückstufung und die Aberkennung des Ruhegehalts, können künftig nach Abschluss des behördlichen Disziplinarverfahrens durch die Behörden selbst ausgesprochen werden. Insbesondere mit Blick auf Verstöße gegen die Verfassungstreue kann damit nach einem Disziplinarverfahren deutlich schneller auch eine Entfernung aus dem Dienst ausgesprochen werden. Die Ermittlungsführenden unterstützen wir mit Best-Practice-Empfehlungen, um einheitliches und konsequentes Handeln bei Dienstpflichtverletzungen mit verfassungsfeindlichem Bezug sicherzustellen.

Die Bekämpfung des Rechtsextremismus im öffentlichen Dienst wird im Verfassungsschutzverbund weiter intensiviert. Betroffenen Bundesbehörden bietet die beim Bundesamt für Verfassungsschutz eingerichtete Koordinierungsstelle umfangreiche Beratungs- und Informationsmöglichkeiten an.

Der dritte Lagebericht "Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden – 'Reichsbürger und Selbstverwalter', 'Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates'" wurde am 1. Juli 2024 veröffentlicht.

Die Lageberichte werden turnusmäßig weiter fortgeschrieben.

5. Verschwörungsideologien entkräften - Radikalisierung vorbeugen

Verschwörungsideologien können mit ihrem antidemokratischen Populismus Türöffner für Rechtsextremismus sein. Durch gezielte Aufklärung und Beratung wollen wir dieser Gefahr entgegenwirken. Hierbei stehen die Verschwörungsideologien im Fokus, die sich gezielt gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Hierzu soll auf Bundesebene (in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Trägern) ein zentrales Beratungsangebot für Menschen geschaffen werden, die in ihrem persönlichen Umfeld eine Radikalisierung aufgrund eines wachsenden Verschwörungsglaubens beobachten bzw. vermuten. Es soll damit als Anlaufstelle für das soziale Umfeld von Betroffenen (Angehörige, Lehrkräfte, Sportvereine, Freundeskreis etc.) dienen und diesen Hilfestellung im sozialen Umgang mit den Betroffenen bieten, sodass diese im Idealfall einen Deradikalisierungsprozess anstoßen. Das Aussteigerprogramm des Bundesamtes für Verfassungsschutz wurde auf den Bereich Verschwörungsideologien ausgeweitet. Hier erhalten diejenigen Hilfe, die sich aus dem Umfeld organisierter Verschwörungsanhänger - etwa seinerzeit der Corona-Leugner - lösen wollen und hierbei Unterstützung brauchen. Dafür wird den Hilfesuchenden ein unverbindlicher Kontakt sowie eine qualifizierte Beratung insbesondere bei der Hilfe zum Wiedereinstieg in die Gesellschaft und der Loslösung von extremistischem Gedankengut angeboten.
Darüber hinaus wird das Bundesministerium des Innern und für Heimat ein Forschungsprojekt in Auftrag geben, welches die Radikalisierungsprozesse im Rahmen der Corona-Pandemie untersucht. Auf dessen Grundlage wird ein Handlungskonzept für die weiteren Präventionsmaßnahmen erstellt werden.

6. Prävention gegen Extremismus – demokratische Streitkultur fördern

Prävention gegen Extremismus beginnt mit einer offenen, fairen und respektvollen Diskussionsund Streitkultur. Gesellschaftliche Debatten sind jedoch zunehmend von Polarisierung, Spaltung und gezielter Desinformation geprägt. Um dieser Entwicklung effektiv entgegenzutreten, müssen lokale Gesprächsformate der politischen Bildung, die die Konflikt- und Dialogfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger fördern, gestärkt werden.
Daher wurde das erfolgreiche Programm "Miteinander Reden" der Bundeszentrale für politische Bildung ausgebaut. Hierdurch sollen neue Gesprächsräume geschaffen, kontroverse Positionen und Meinungen zusammengebracht, aber auch Radikalisierungen und extremistischen Tendenzen in der politischen Meinungsäußerung begegnet werden. 100 Dialogprojekte werden im Rahmen der aktuellen Förderrunde bis Ende 2024 realisiert. Die daraus erwachsenden Erfahrungen vor Ort sollen aufbereitet und bundesweit zur Verfügung gestellt werden. Sie ermöglichen eine bewusste Auseinandersetzung mit eigenen Haltungen und Werten und beugen so präventiv Polarisierungen, Verschwörungserzählungen, extremistischen Strömungen und Hetze aktiv vor.

Weitere Informationen zu "Miteinander Reden".

7. Politische Bildung im Kampf gegen Rechtsextremismus stärken

Krisenhafte Entwicklungen und damit einhergehende Unsicherheiten sind der Nährboden für Verschwörungserzählungen, die einfache Erklärungen und "Sündenböcke" bieten. Die Sozialen Medien tragen zu ihrer ungefilterten Verbreitung bei; rechtsextreme Kräfte überführen Verschwörungserzählungen in ihre menschenverachtende Agenda. Hier besteht Handlungsbedarf. Schon heute werden bundesweit in Verantwortung der Bundeszentrale für politische Bildung mehr als 100 anerkannte Träger der politischen Bildungsarbeit gefördert. Sie sind auch in den gesellschaftlichen Krisen der Gegenwart verstärkt gefordert. Im Rahmen des Aktionsplans werden zivilgesellschaftliche Akteure in ihrer Arbeit verstärkt unterstützt, um gemeinsam Verschwörungserzählungen vor Ort und im Netz aufzudecken und zu bekämpfen. Mit dem neuen Förderschwerpunkt "Politische Bildung zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Verschwörungsideologien" fördern und qualifizieren wir dazu gezielt politische Bildungsträger. Mit Bildungs- und Beratungsangeboten tragen sie in ganz Deutschland entscheidend zu Aufklärung, Sensibilisierung und Qualifizierung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren an Schulen sowie in der Jugend- und Erwachsenenbildung bei.

8. Medienkompetenz im Umgang mit Desinformation, Verschwörungsideologien und Radikalisierung stärken

Die Digitalisierung hat die öffentliche Kommunikation in ihren Grundfesten verändert. Soziale Medien ermöglichen Austausch und Vernetzung, sie tragen aber auch zur Verbreitung von Desinformationen und Verschwörungserzählungen bei. Ihre Wirkung hängt von Verantwortungsbewusstsein und Kompetenz derer ab, die sie nutzen. Nicht erst die Corona-Proteste legen das große Mobilisierungs- und Radikalisierungspotenzial auch abseits der großen Social-Media-Plattformen offen. Die politische Bildung hat auf diese Verschiebung von Debatten(räumen) in halböffentliche und private digitale Kommunikationsformate mit der Weiterentwicklung ihrer Angebote reagiert. Mit dem Förderprogramm "Demokratie im Netz" der Bundeszentrale für politische Bildung werden neue und weitergehende Angebote der politischen Bildung geschaffen, die auf die Darstellungs- und Kommunikationslogiken der Plattformen ausgerichtet sind. Nutzerinnen und Nutzer sollen gezielt adressiert und dabei unterstützt werden, als 'mündige Netzbürger' Informationen kritisch zu hinterfragen und gegen Hass und Hetze sowie Desinformation einzutreten.

9. Schutz von Mandatsträgern

Amts- und Mandatsträger sind vermehrt Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt. 36 Prozent von über 1.800 befragten kommunalen Amtspersonen in Deutschland haben im Referenzzeitraum zwischen November 2023 und April 2024 Anfeindungen erlebt, wie die motra-Erhebung (Kommunales Monitoring) belegt. Die Zunahme von Hass, Bedrohungen und Straftaten gegen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zeigt: Es handelt sich längst nicht mehr um Einzelfälle, sondern um ein bundesweites Problem in allen Regionen und in allen Stadt- und Gemeindegrößen. Diese Angriffe drohen unser gesellschaftliches Miteinander nachhaltig zu stören und sind eine Gefahr für die Demokratie. Die aktuelle Lage zeigt, dass wir Konsequenzen ziehen müssen, um Amt- und Mandatsträger noch besser zu schützen. Deswegen hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat eine "Allianz zum Schutz kommunaler Mandatsträger" ins Leben gerufen, der kommunale Spitzenverbände, kommunalpolitische Vereinigungen, kommunalpolitisch Tätige sowie zuständige Behörden und zivilgesellschaftliche Organisationen angehören. Diese Allianz hat im Januar 2024 sechs konkrete Vorschläge zum verbesserten Schutz von kommunalpoltisch Aktiven erarbeitet. Die Innenministerin setzt sich für diese Vorschläge ein. Das Herzstück der Empfehlungen der Allianz, die Einrichtung einer bundesweiten Ansprechstelle zum Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträger, hat unter der Trägerschaft des Deutschen Forums für Kriminalprävention am 1. August 2024 als "starke Stelle" den Betrieb aufgenommen.

Die weiteren Vorschläge der Allianz werden gegenwärtig ebenfalls vollumfänglich im BMI und seinem Geschäftsbereich umgesetzt. Diese sind:

  • Aufbau dauerhafter Strukturen zum direkten Austausch zwischen Bund und kommunalen Akteuren
  • Stärkung der politischen Bildung
  • Dauerhaftes Monitoring
  • Maßnahmen zur Erhöhung der Wertschätzung kommunaler Politik sowie
  • Abbildung in der Strategie der Bundesregierung "Gemeinsam für Demokratie und gegen Extremismus", welche am 22.05.2024 vom Bundeskabinett beschlossen wurde.

 

10. Opfer von Rechtsextremismus nicht allein lassen

Die Anzahl der rechtsextremistischen Straftaten ist noch immer auf hohem Niveau. Und hinter jeder dieser Straftaten steht ein Schicksal, stehen ein Mensch und seine Angehörigen, die zu Opfern geworden sind. Ziel dieses Aktionsplans ist es, den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor rechtsextremistischen Taten zu erhöhen. Wo Bürgerinnen und Bürger dennoch zu Schaden kommen, setzt sich das Bundesministerium des Innern und für Heimat dafür ein, dass der Staat den Anliegen der Betroffenen einfühlsam und wohlwollend begegnet. Konkret unterstützen wir die Länder dabei, die besonderen Bedarfe von Betroffenen und Angehörigen in der polizeilichen Einsatzlage vor Ort noch besser berücksichtigen zu können. Das Bundeskriminalamt arbeitet gemeinsam mit den Ländern an der Weiterentwicklung der strategischen Zusammenarbeit und dem Aufbau eines speziellen Netzwerkes zur Opferfürsorge. Genauso stärken wir gemeinsam mit den Ländern die Polizeiausbildung: Wir wollen interkulturelle Kompetenzen noch stärker vermitteln und sorgen mit Schulungen für einen sensibleren Erstkontakt und für mehr Transparenz gegenüber Angehörigen.

Aktuelle Entwicklungen

Mit 20.967 Delikten im Jahr 2022, darunter 1.016 Gewaltdelikte, bewegt sich die Zahl rechtsextremistischer Straftaten auf einem hohen Niveau. Das rechtsextremistische Personenpotenzial betrug im Jahr 2022 38.800 Personen, davon gelten etwa 14.000 Personen als gewaltorientiert (Zahlen teilweise geschätzt und gerundet).

  • Rechtsextremistische Gewalttaten im Jahr 2023

  • 1.270

    Gewalttaten

    (1.170 im Jahr 2022)

  • 1.123

    Körperverletzungen

    (1013 im Jahr 2022)

Vor dem Hintergrund der aktuellen Krisenlagen nutzen Rechtsextremisten bürgerliche Proteste zur Kommunikation ihrer Ziele und Anwerbung neuer Mitglieder. Sie versuchen, in den nicht-extremistischen Teil der Gesellschaft hineinzuwirken, indem berechtigte Sorgen und Nöte in der Bevölkerung missbraucht werden. Eine zentrale Rolle nehmen in diesem Zusammenhang Gruppierungen der sogenannten Neuen Rechten und neu gegründeter rechtsextremistischer Parteien ein.

Im Fokus der Täter und Hetzer stehen dabei immer häufiger auch politische Gegner. Die Bedrohungslage zeigt sich gerade auf kommunaler Ebene: Anfeindungen von und Angriffe auf Personen, die in ihren Gemeinden ehrenamtliche Mandate übernommen haben, nehmen kontinuierlich zu.

Ebenso spielen realweltliche Aktivitäten und Vernetzungsmöglichkeiten wie rechtsextremistische Kampfsport- und Musikveranstaltungen weiterhin eine große Rolle für die rechtsextremistische Szene.

Rechtsextremistische Akteure und Gruppierungen agieren verstärkt online, um rechtsextremistisches Gedankengut zu verbreiten und sich zu vernetzen. Durch koordinierte Provokationen und die gezielte Verbreitung von Hassbotschaften über soziale Medien wird die Aufmerksamkeit auf eigene, rechtsextremistische Narrative gelenkt und der demokratische Diskurs manipuliert.

Bei der Radikalisierung Jugendlicher und junger Erwachsener nimmt das Internet ebenfalls eine zentrale Rolle ein. Beispielsweise erscheinen etliche Telegram-Gruppen als informelles Sammelbecken eines vielfältigen Nutzerkreises mit unterschiedlichsten Interessen. In diesen Gruppen bringen sie vor allem ihre Empörung zum Ausdruck. Menschenverachtende oder gewaltorientierte Äußerungen einzelner Mitglieder bleiben in diesen „Echokammern“ häufig unwidersprochen oder werden unterstützt. Hier gilt es, die digitale Zivilcourage zu stärken und weiter auszubauen.

Entwicklung rechtsextremistischer Gewalttaten

Die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten ist im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 12 Prozent gestiegen. Der Phänomenbereich PMK -Rechts- bildet nach wie vor einen der größten Phänomenbereiche der Politisch motivierten Kriminalität – so werden etwa mehr als 40 Prozent aller politisch motivierten Körperverletzungen als PMK -Rechts- eingestuft.

Rechts­extremistische Parteien und Vereinigungen sowie Verdachtsfälle

Auch wenn NPD (jetzt umbenannt in "Die Heimat"), "DIE RECHTE" und "Der III. Weg" als rechtsextremistische Parteien kaum Wahlerfolge aufweisen, leisten ihre Organisationsstrukturen einen wichtigen Beitrag für die szeneinterne Vernetzung und den inneren Zusammenhalt der rechtsextremistischen Szene. Zudem traten mit der Regionalpartei "Freie Sachsen" und der neonationalsozialistisch geprägten Kleinstpartei "Neue Stärke Partei" im Jahr 2022 zwei neue rechtsextremistische Parteien verstärkt in Erscheinung. Bundesrat, Deutscher Bundestag und Bundesregierung haben gemeinsam beim Bundesverfassungsgericht ein Verfahren zum Ausschluss von der Parteienfinanzierung gegen die NPD (inzwischen umbenannt in "Die Heimat") betrieben; es handelte sich um ein Pionierverfahren, da dieses Rechtsinstitut des Finanzierungsausschlusses erst 2017 eingeführt wurde. Das Verfahren fand seinen Abschluss durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Januar 2024. Das Bundesverfassungsgericht folgte den Antragstellern und sprach den Ausschluss von der staatlichen Parteifinanzierung mitsamt dem Entfallen der steuerlichen Begünstigung für die gesetzlich vorgesehene Dauer von sechs Jahren aus.

Mit noch nicht rechtskräftigem erstinstanzlichem Urteil vom 8. März 2022 bestätigte das Verwaltungsgericht Köln die durch das Bundesamt für Verfassungsschutz vorgenommene Einstufung der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) als Verdachtsfall einer rechtsextremistischen Bestrebung.

Im Jahr 2020 hat der Bundesinnenminister die rechtsextremistischen Vereine "Combat 18 Deutschland", "Nordadler" und "Sturm und Wolfsbrigade 44" verboten. Zuletzt hat die Bundesinnenministerin im September 2023 die neonazistische Vereinigung "Hammerskins Deutschland" und die rechtsextreme, sektenartige Vereinigung  "Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V." verboten. Diese beiden Verbote sind aktuell noch nicht rechtskräftig.

Förderung von Präventions­maß­nahmen

Von zentraler Bedeutung ist auch die gesamtgesellschaftliche Anstrengung zur Aufklärung und Prävention von rassistischen, antisemitischen und menschenfeindlichen Positionen und Aktionen. Eine Vielzahl von Initiativen belegt das große zivilgesellschaftliche Engagement gegen Rechtsextremismus.
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) stärkt die Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsbehörden und der Zivilgesellschaft mit der Durchführung einer jährlichen Vernetzungstagung sowie der Vergabe des Forschungsprojektes CONNECT, in welchem konkrete Handlungsempfehlungen zur Förderung der Zusammenarbeit entwickelt wurden.

Die Bundesregierung unterstützt zudem im Rahmen verschiedener Bundesprogramme und Maßnahmen der politischen Bildung zivilgesellschaftliches Engagement für demokratische Werte und gegen extremistische Einflüsse in der Gesellschaft. So fördert das BMI mit dem Bundesprogramm "Zusammenhalt durch Teilhabe" die Arbeit von Verbänden und Vereinen in ländlichen oder strukturschwachen Gebieten der Bundesrepublik.

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