Islamismus

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Sicherheit

Islamismus ist eine extremistische Bestrebung. Sie richtet sich gegen den demokratischen Verfassungsstaat und seine fundamentalen Werte, seine Normen und Regeln.

Islamismus ist eine Form des Extremismus. Unter Berufung auf den Islam zielt er auf die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ab und basiert auf der Überzeugung, dass der Islam Grundlage für das gesellschaftliche Leben und die politische Ordnung sein sollte. Islamismus postuliert die Existenz einer gottgewollten und allgemeingültigen Ordnung, die über den von Menschen gemachten gesellschaftlichen Regeln und Gesetzen steht. Damit stehen Islamisten insbesondere im Widerspruch zu den im Grundgesetz verankerten Grundsätzen der Volkssouveränität, der Trennung von Staat und Religion, der freien Meinungsäußerung und der allgemeinen Gleichberechtigung.

Ein wesentliches ideologisches Element des Islamismus ist außerdem der Antisemitismus. Antisemitisches Gedankengut bildet dabei in den meisten Fällen einen wesentlichen gemeinsamen Nenner in der Ideologie des islamistischen Spektrums. Die Reaktionen auf die Lage im Nahen Osten seit dem terroristischen Angriff der HAMAS auf Israel im Oktober 2023 zeigen zudem, dass eine feindliche Gesinnung gegenüber jüdischen Menschen und Israel inzwischen fast untrennbar Hand in Hand gehen. Die islamistische Propaganda fördert letzten Endes nicht nur antisemitisches Gedankengut, sie fordert dazu auf, den Gedanken auch Taten folgen zu lassen.

Weitere Informationen zum Thema Antisemitismus finden sich hier:

Strömungen im Islamismus

Der Islamismus umfasst verschiedene Strömungen, die sich hinsichtlich ihrer

  • ideologischen Auslegung
  • Strategien und Mittel
  • geografischen Orientierung

unterscheiden.

Eine detaillierte Erläuterung findet sich auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung.

Eine ideologische Strömung ist der Salafismus. Salafisten geben vor, sich in ihrem Denken und Handeln ausschließlich an einem wortgetreuen Verständnis von Koran und Sunna (zur Nachahmung empfohlene Handlungsweisen und Aussagen des islamischen Propheten Muhammad) sowie am Vorbild der Gefährten des Propheten zu orientieren. Damit lehnen sie nicht nur die freiheitliche demokratische Grundordnung ab, sondern negieren auch weitestgehend die Geschichte des Islam und der Muslime. Salafisten vertreten einen Exklusivitätsanspruch; sie sehen sich als die einzigen "wahren" Muslime. Unter dem Eindruck des Syrien-Konflikts war eine Hinwendung von Anhängern des Salafismus in Deutschland zu Gewalt legitimierenden, das heißt jihadistischen, Argumentationsmustern zu beobachten. Dadurch wurde eine Vielzahl an Personen aus der salafistischen Szene für jihadistische Aktivitäten in Syrien und im Irak geworben. Der Salafismus bleibt mit 10.500 Personen weiterhin die zahlenmäßig bedeutendste islamistische Strömung in Deutschland. Obwohl die Zahl der Anhängerschaft dieser Strömung in den letzten Jahren leicht zurückging, nahmen Aktivitäten der salafistischen Szene im Jahr 2023 wieder zu.

Anhänger des Jihadismus befürworten und nutzen Gewalt, um ihre Ziele zu erreichen: In ihrem Kampf für einen "Gottesstaat" sehen Gruppierungen wie der "Islamische Staat" (IS) und "al-Qaida" (AQ) in terroristischer Gewalt gegen "Ungläubige" und sogenannte korrupte Regime ein unverzichtbares Mittel. Mit der Verbreitung von Terror, sowohl durch Anschläge von Einzeltätern als auch durch groß angelegte, koordinierte Terroranschläge, zielen diese Netzwerke auf die Schwächung ihrer Gegner und die Durchsetzung ihres Herrschaftsanspruchs ab. Ihre terroristische Agenda ist global und bedroht auf internationaler Ebene viele Staaten.

In Abgrenzung zu jihadistischen Strömungen des Islamismus versuchen andere Organisationen wie zum Beispiel die "Millî Görüş"-Bewegung über politische und gesellschaftliche Einflussnahmen eine nach ihrer Interpretation islamkonforme Ordnung in Deutschland durchzusetzen. Zum Thema des politischen Islamismus wurde das BMI von 2021 bis 2022 vom "Expertenkreis Politischer Islamismus" beraten, der in dieser Zeit u.a. eine Begriffsdefinition "politischer Islamismus" erarbeitet hat.

In Abgrenzung zu international agierenden Organisationen sind islamistisch-terroristische Gruppierungen wie HAMAS und "Hizb Allah", zu deren Zielen vor allem die Vernichtung Israels zählt, auf ihre Herkunftsregionen fokussiert und wenden schwerpunktmäßig dort terroristische Gewalt an. Trotz dieses regionalen Fokus hat das Agieren dieser Gruppierungen Auswirkungen auf die Bedrohungslage in Deutschland und Europa. So haben sowohl der IS als auch AQ den terroristischen Angriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 und die darauffolgenden militärischen Auseinandersetzungen im Gazastreifen zum Anlass genommen, das Feindbild "Israel" und der "Juden" erneut massiv zu propagieren und zum "Jihad" gegen sie und ihre Verbündeten im Westen aufzurufen. Der Nahostkonflikt wurde somit sowohl von jihadistischen als auch von anderen islamistischen Gruppierungen instrumentalisiert und zu Rekrutierungszwecken genutzt. Die Gefährdung durch den internationalen islamistischen Terrorismus in Deutschland sowie für deutsche Interessen und Einrichtungen weltweit besteht fort und hat sich seit dem terroristischen Angriff der HAMAS auf Israel und den darauffolgenden militärischen Auseinandersetzungen im Gazastreifen insofern weiter erhöht. Die Bedrohung in Deutschland geht sowohl von jihadistisch motivierten Einzeltätern als auch von jihadistischen Gruppierungen aus. Neben den in den vergangenen Jahren dominierenden weniger komplexen Anschlägen auf vornehmlich "weiche" Ziele ist weiter auch mit komplexeren Anschlagsvorhaben zu rechnen.

Dieser Herausforderung stellt sich die Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von gesetzgeberischen und organisatorischen Maßnahmen zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus ergriffen.

Hierzu zählen erweiterte Befugnisse und die personelle sowie technische Stärkung der Sicherheitsbehörden. Insbesondere veränderte Kommunikationsmethoden terroristischer Netzwerke bedürfen einer sachgemäßen Anpassung des sicherheitsbehördlichen Aufklärungsinstrumentariums. Der islamistisch motivierte Terrorismus agiert transnational. Deshalb ist die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden mit ihren Partnern in der Europäischen Union (EU) sowie mit weiteren ausländischen Partnern von entscheidender Bedeutung.

Ein besonders wichtiges Instrument gegen den Islamismus ist das Vereinsrecht, das ermöglicht, extremistische Vereine zu verbieten. Weitere Informationen dazu finden sich hier

Diese und weitere Maßnahmen stehen zuvorderst für den Schutz der Bevölkerung und den Erhalt bestehender Lebensgewohnheiten und einer freiheitlichen Lebenskultur.

Weitere Informationen zum Themenfeld Islamismus sind in der aktuellen Ausgabe des Verfassungsschutzberichtes zusammen getragen.

Radikalisierungsprozesse

Islamismus kann insbesondere auf junge Menschen eine große Anziehungskraft ausüben. Seit einigen Jahren vollzieht sich insbesondere im Hinblick auf Social-Media-Kommunikation und die Mobilisierung durch populistische und identitätsbetonende Diskurse in der islamistischen Szene ein Wandel. Islamistische Influencer erzielen insbesondere auf TikTok hohe Reichweiten. Die islamistische Szene in Deutschland spricht auf diese Weise eine junge, identitätssuchende und zugleich leicht beeinflussbare Zielgruppe an. Dabei agiert die Szene taktisch zurückhaltend, reagiert flexibel auf Veränderungen und tritt an Interessierte mit einem nach außen manchmal kaum noch als islamistisch zu erkennenden Profil heran.

Radikalisierungsbiografien von Personen aus dem jihadistischen Spektrum nehmen oft ihren Anfang in der Hinwendung zu einem anfänglich scheinbar moderaten salafistischen Weltbild. Diese Wandlung vollzieht sich häufig - zumindest anfänglich - von der Öffentlichkeit unbemerkt ohne formale oder kommunikative Anbindung an bekannte islamistisch-terroristische Vereinigungen.

Radikalisierungen verlaufen individuell unterschiedlich. Elemente sind zumeist gescheiterte persönliche Identitätsfindungsprozesse, Orientierungslosigkeit, Sinnsuche, das Bedürfnis nach Stärke, nach einfachen Antworten auf komplexe Fragen oder nach Akzeptanz in einer Gruppe. Die betreffenden Personen haben oft Schwierigkeiten mit sozialen Bindungen etwa zu Gleichaltrigen, den Eltern oder Lehrerinnen und Lehrern. Personen, die keine belastbaren Strategien zur Bewältigung ihrer Probleme erlernt haben, sind besonders anfällig.

Die Radikalisierungsforschung gibt Hinweise darauf, dass diese genannten Risikofaktoren nicht nur für den Islamismus gelten, sondern für andere Extremismusformen, wie zum Beispiel den Rechtsextremismus, ebenfalls relevant sind.

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