Migrationspolitik in der Europäischen Union
Artikel Migration
Zahlreiche Menschen aus anderen Teilen der Welt möchten aus verschiedenen Gründen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern ) leben. Daher gibt es innerhalb der Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern eine abgestimmte und bewusst gesteuerte Einwanderungspolitik.
Gesetzgebung auf europäischer Ebene
Gesetzgebend ist die EU in vier Bereichen der Migrationspolitik tätig:
Die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union
Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU, also auch alle Deutschen, haben das Recht, nahezu ohne Beschränkungen und ohne besondere Erlaubnis in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu leben und zu arbeiten. Für sie gelten die gleichen Bedingungen wie für die Staatsangehörigen des jeweiligen Aufenthaltsstaates. Weil die Freizügigkeit ein Kern der Unionsbürgerschaft ist, hat sie einen sehr hohen Stellenwert und kann nur unter sehr engen Voraussetzungen eingeschränkt werden. Wer die Unionsbürgerschaft hat, lebt in der Europäischen Union auf Grund eines eigenen Bürgerrechts. Das Recht auf Freizügigkeit ist gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ein Grundrecht. Die Unionsbürgerschaft ist also ein grundsätzlicher Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten. Jegliche Beschränkung dieses Grundrechts ist eng auszulegen. In der Europäischen Union ist die Freizügigkeit im Einzelnen durch die Richtlinie 2004/38/EG geregelt. In Deutschland ist sie durch das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern umgesetzt.
Offene Grenzen im Schengen-Raum
Es handelt sich hierbei um ein sehr sichtbares Element der europäischen Einigung. Die Grenzen zwischen den Staaten, die zum Schengen-Raum gehören, die sogenannten Binnengrenzen, werden grundsätzlich nicht kontrolliert. Dies ermöglicht hunderttausenden Pendlerinnen und Pendlern pro Tag und Millionen Urlaubsreisenden im Jahr eine Bewegung innerhalb der Europäischen Union ohne Staus und Wartezeiten. Damit ein grenzkontrollfreier Schengen-Raum bestehen kann, müssen gemeinsame Regeln für Einreisen und Grenzübertritte bestehen. Dafür haben die Schengen-Staaten Ausgleichsmaßnahmen vereinbart, die den so genannten Schengen-Standard bilden.
- Harmonisierung und Verstärkung des Außengrenzschutzes: Die Vertragsstaaten führen an ihren jeweiligen Schengenaußengrenzen die Kontrolle und Überwachung nach gemeinsamen, hohen Schengen-Standards durch.
- Grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit: Polizeien dürfen zum Beispiel verdächtige Personen über die Binnengrenzen observieren oder ihnen nacheilen.
- Einrichtung eines automatisierten Personen- und Sachfahndungssystems: Das sogenannte Schengener Informationssystem (SIS)
- Gemeinsame Visa- und Asylpolitik: Hierzu gehört zum Beispiel die Einführung des Schengen-Visums und Entwicklung von gemeinsamen Regeln für die Einreise und den Aufenthalt. Es bestehen einheitliche Listen der Staatsangehörigen, die für Kurzaufenthalts visumfrei einreisen können. Visa werden nach einheitlichen Regeln erteilt und verwaltet. Die Dokumente für Visa und Aufenthaltstitel folgen demselben Layout. Und auch Asylgesuche müssen nach möglichst einheitlichen Regeln behandelt werden.
Benannt ist der Schengen-Raum nach dem luxemburgischen Grenzort Schengen. Dort wurde das erste Abkommen geschlossen, das einen Abbau der Grenzkontrollen in Europa vorsah. Auch wenn heute noch oft vom Schengener Abkommen die Rede ist, fällt das Schengen-Recht seit dem Jahr 1999 in die Regelungszuständigkeit der Europäischen Union. Die Schengen-Regeln werden daher durch die Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union gestaltet. Die Schengen-Staaten, die nicht Mitglieder der Europäischen Union sind, haben im Rat, einem der beiden Gesetzgebungsorgane der Europäischen Union, ausnahmsweise ein Stimmrecht, wenn eine Verordnung oder Richtlinie Schengen-Regeln betrifft.
Gemeinsame Asylpolitik
In der Europäischen Union gelten Mindeststandards dafür, wie Asylverfahren durchgeführt werden sollen und wie Asylsuchende untergebracht und versorgt werden. Grundlage dafür ist das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS). Das GEAS besteht aus Richtlinien und Verordnungen, die wahrscheinlich bekannteste ist die sogenannte "Dublin-Verordnung" zur Regelung des Aufenthaltsrechts in der EU. Nach langjährigen und intensiven Verhandlungen ist es gelungen, Reformen im GEAS umzusetzen. Am 14. Mai 2024 haben die Präsidentin des Europäischen Parlaments und der Präsident des Rates die Gesetzgebungsakte der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) unterzeichnet. Am gleichen Tag hatte der Rat der Europäischen Union grünes Licht gegeben. Das Europäische Parlament hatte den Reformvorschlägen bereits am 10. April 2024 zugestimmt.
Bei der Reform geht es um den Schutz von Menschen, die verfolgt sind, und für die das europäische Recht entweder den Schutz als Flüchtlinge oder aber den sogenannten subsidiären Schutz vorsieht. Bereits die Schutzzwecke zeigen: Ein Asylverfahren ist nicht der reguläre Weg einer Einwanderung. Andererseits sieht insbesondere die Genfer Flüchtlingskonvention, der weltweit zahlreiche Staaten beigetreten sind, das Prinzip der Nichtzurückweisung vor. Wer schutzbedürftig ist, darf nicht an der Grenze abgewiesen werden, so dass Schutz versagt wird.
Regelung und Steuerung der regulären Migration
Auf europäischer Ebene werden auch Sachverhalte geregelt, bei denen sich Bürgerinnen und Bürger aus Staaten, für die keine Freizügigkeit besteht (Drittstaaten), langfristig in den Mitgliedstaaten bleiben wollen. Anders als zumeist in den oben genannten Bereichen wird hier kein unmittelbar geltendes europäisches Recht gesetzt. Vielmehr werden sogenannte Richtlinien erlassen, die von den Mitgliedstaaten in ihr eigenes Recht umzusetzen sind. Dabei haben die Mitgliedstaaten, also auch Deutschland, gewisse Spielräume.
Geregelt werden durch Richtlinien der EU die folgenden Bereiche:
- Für akademische Fachkräfte: Die Blaue Karte EU ist der zentrale Aufenthaltstitel für akademische Fachkräfte. Das Recht zum Aufenthalt und zum Arbeiten ist grundsätzlich an einen bestimmten Mitgliedstaat gebunden. Die Richtlinie sieht vor, dass Inhaber der Blauen Karte vorübergehend auch in anderen Mitgliedstaaten tätig werden können, wenn der Job dies erfordert.
- Für Saisonarbeitnehmer: In einigen Wirtschaftsbereichen, wie der Landwirtschaft und im Tourismus, spielen Saisonkräfte eine bedeutsame Rolle. Sehr viele Saisonkräfte kommen aus anderen Staaten der EU und machen von ihrer Freizügigkeit Gebrauch. Andere Saisonkräfte kommen aber aus Staaten außerhalb der EU in die Europäische Union. Eine Richtlinie regelt, wie und unter welchen Bedingungen dies vonstattengeht.
- Für konzernintern Versetzte: Nicht nur große, sondern auch mittelständische Unternehmen sind oft grenzüberschreitend tätig und unterhalten in verschiedenen Ländern Tochtergesellschaften. Führungskräfte und auch Personen, die in einem Unternehmen eingearbeitet werden, werden oftmals in anderen Konzerngesellschaften länderübergreifend tätig. Hierzu sieht auch das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen der Welthandelsorganisation Erleichterungen vor. Die Richtlinie regelt solche Sachverhalte in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht.
- Für Studierende und Forschende: Der Aufenthalt von Studierenden und Forschenden aus Drittstaaten ist in einer wissensbasierten Gesellschaft von großer Bedeutung. Im gemeinsamen Interesse hat die EU daher eine Richtlinie für die Regelung entsprechender Aufenthalte von Drittstaatsangehörigen erlassen. Auch hier bezieht sich das Aufenthaltsrecht vornehmlich auf einen einzelnen Mitgliedstaat. Die Richtlinie sieht aber vor, dass vorübergehende Aufenthalte in anderen Mitgliedstaaten relativ bürokratiearm ermöglicht werden.
- Für Familien: Eine Richtlinie der EU schafft einen Rahmen, wie Familienzusammenführungen von Drittstaatsangehörigen zu solchen Drittstaatsangehörigen, die sich bereits rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, erlaubt werden können. Dabei haben die Mitgliedstaaten einen Spielraum: Sie können bspw. regeln, wie der Lebensunterhalt gesichert sein muss, und dass Integrationsleistungen gefordert werden. Deutschland hat diese Regelungsspielräume im Aufenthaltsgesetz genutzt.
- Nach fünfjährigem Aufenthalt: Bei der Erlaubnis zum Daueraufenthalt - EU nach § 9a AufenthG handelt es sich um einen unbefristeten Aufenthaltstitel, den Ausländer aus Drittstaaten nach fünfjährigem rechtmäßigem Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erhalten. Dieser Titel beinhaltet das Recht auf Weiterwanderung in einen anderen Mitgliedstaat und bietet, wie die Niederlassungserlaubnis, eine weitgehende Gleichstellung von Drittstaatsangehörigen mit deutschen Staatsangehörigen, z.B. beim Arbeitsmarktzugang und bei sozialen Leistungen.