Visumspolitik
Artikel Migration
Das europäische Recht regelt die Erteilung von Visa für Kurzzeitaufenthalte. Längerfristige Aufenthalte haben ihre Grundlage im nationalen Recht.
Aufenthalte von Nicht-EU-Bürgern von bis zu 90 Tagen (innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen) sind in den Schengen-Staaten (also auch in Deutschland) durch EU-Recht geregelt.
Visa für Kurzzeitaufenthalte von bis zu 90 Tagen
Kernstück der EU-Visumpolitik ist das einheitliche Schengenvisum, mit dem Inhaberinnen und Inhaber während des Gültigkeitszeitraums in den Schengenraum einreisen und sich dort aufhalten dürfen. Damit sind Aufenthalte wie touristische Reisen, der Besuch von Freunden oder Familie sowie zu Geschäftszwecken möglich.
Zur gemeinschaftlich geregelten europäischen Visumpolitik gehört vor allem eine gemeinsame Liste von Drittstaaten, deren Staatsangehörige der Visumpflicht unterliegen oder visumfrei einreisen können. Die Visumpolitik regelt darüber hinaus die Verwendung einer hochsicheren, einheitlichen Visummarke, die Fälschungen und Missbrauch vorbeugen soll, sowie einheitliche Kriterien der Antragstellung, Prüfung und Entscheidung über ein Visum.
Visa für längerfristige Aufenthalte
Längerfristige Aufenthalte von mehr als 90 Tagen haben ihre Grundlage im nationalen Recht. Sie erfordern einen bestimmten Aufenthaltszweck, wie zum Beispiel
- Nachzug zum Ehegatten
- einen Studienaufenthalt oder
- den Antritt einer Arbeitsstelle (insbesondere Forscher und Hochqualifizierte)
In jedem Fall sind anerkannte und gültige Reisedokumente eine wichtige Voraussetzung für die Erteilung von Visa wie auch für Einreisekontrollen.
Visaerleichterungsabkommen und Visaliberalisierung
Ein zentraler und wichtiger Bestandteil der europäischen Visumpolitik sind außerdem Visumerleichterungsabkommen mit verschiedenen Drittstaaten. Parallel dazu werden mit diesen Staaten Rückübernahmeabkommen ausgehandelt.
Die EU führt darüber hinaus Visumliberalisierungsdialoge mit ausgewählten Drittstatten, um mittelfristig die Visumfreiheit einzuführen.
Aussetzungsmechanismus
Die Europäische Union hat 2017 einen verstärkten Monitoring- und Aussetzungsmechanismus beschlossen, um auf Schwierigkeiten bei visafreien Reisen von Staatsangehörigen von Drittländern besser reagieren zu können. Dieser Mechanismus trat am 28. März 2017 in Kraft.
Der für alle visabefreiten Drittstaaten geltende Mechanismus kann nun einfacher ausgelöst werden und wurde um eine Monitoring-Komponente ergänzt, um die fortwährende Einhaltung der Kriterien für die Visaliberalisierung abzusichern. Die Visumpflicht kann mit diesem Mechanismus zunächst für gewisse Personengruppen und vorläufig wieder eingeführt werden, falls Verschlechterungen der Migrations- und/oder Sicherheitslage in Bezug auf die Staatsangehörigen eines visafreien Drittstaates eintreten.
Visa und Sicherheit
Das sogenannte Konsultationsverfahren als Teil des Visumverfahrens ist ein sicherheitspolitisches Instrument, das es den deutschen Auslandsvertretungen ermöglicht, sicherheitsbehördliche Überprüfungen von Visumantragstellern bestimmter Staatsangehörigkeiten im Vorfeld der Visumerteilung durchzuführen (§ 73 Abs. 1, 3 AufenthG).
Ein Polizist vorm Computerbildschirm (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: BPol
Dabei übermittelt das Bundesverwaltungsamt die Daten der Visumantragsteller an die im Gesetz benannten Sicherheitsbehörden, welche das Vorliegen von Sicherheitsbedenken prüfen. Im Anschluss bündelt das Bundesverwaltungsamt die Ergebnisse und stellt sie den Auslandsvertretungen zur Verfügung, die über die Versagung des Visums entscheiden. Dieses Sicherheitsabgleichverfahren wird bei bestimmten Fallgruppen durchgeführt, z.B. bei Staatsangehörigen bestimmter Staaten. In allen andern Fällen findet das Datenabgleichverfahren nach § 72a AufenthG Anwendung.
Darüber hinaus trägt das sog. Datenabgleichverfahrens den sicherheitspolitischen Interessen im Visumverfahren bei den Personen Rechnung, die nicht vom Konsultationsverfahren erfasst werden (§ 72a AufenthG). Dazu wurde beim Bundesverwaltungsamt eine besondere Organisationseinheit errichtet, bei der Daten aus dem Visumverfahren mit bestimmten Daten aus der Antiterrordatei automatisiert abgeglichen werden. Durch den automatisierten Abgleich wird eine Rückmeldung der Sicherheitsbehörden an die Visumbehörden ermöglicht, wenn Personen aus terroristischen Umfeldern beabsichtigen, nach Deutschland einzureisen.
Die Visa-Warndatei
Die Visumbehörden waren lange Zeit nur über die von ihnen selbst erkannten Missbrauchsfälle informiert. Erkenntnisse anderer Stellen, insbesondere anderer deutscher Auslandsvertretungen und Grenzbehörden, erhielten sie nur zufällig oder durch Nachfrage im Einzelfall. Daher waren die Visumbehörden nur begrenzt in der Lage, im Visumverfahren die Gefahr eines Missbrauchs vorab zu erkennen.
Mit der Einrichtung der Visa-Warndatei beim Bundesverwaltungsamt in Köln hat sich das geändert. Sie ist seit dem 1. Juni 2013 in Betrieb. Grundlage der Datei ist das "Gesetz zur Errichtung einer Visa-Warndatei und zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes".
Die Visa-Warndatei stellt migrationspolitische Aspekte in den Vordergrund. Sie dient daher in erster Linie der Unterstützung der Visumbehörden im Visumverfahren und damit der Bekämpfung der illegalen Einreise.
In der Datei gespeichert werden Visumantragsteller, Einlader und Verpflichtungsgeber, die im Verfahren falsche Angaben gemacht oder ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sind. Ebenso erfasst werden sonstige im Visumverfahren beteiligte Personen (sogenannte Referenzpersonen), sofern sie in der Vergangenheit bereits mit Verurteilungen wegen bestimmter Straftaten mit Bezug zum Visumverfahren oder sonstigem Auslandsbezug oder mit speziellen sonstigen rechtswidrigen Verhaltensweisen aufgefallen sind. Dazu gehören insbesondere falsche Angaben im Visumverfahren. Die Visa-Warndatei trägt auch zu einer Stärkung der inneren Sicherheit bei.