Jüdische Gemeinschaft in Deutschland

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Heimat & Integration

Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland ist heute die drittgrößte in Europa.

Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland ist heute die drittgrößte in Europa. In der Bundesrepublik gehören aktuell rund 95.000 Menschen einer jüdischen Gemeinde an. Vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahre 1933 zählten die jüdischen Gemeinden im Deutschen Reich rund 560.000 Mitglieder.

Nach der Shoah drohten jüdische Gemeinden auszusterben, im Jahre 1950 lebten nur noch etwa 15.000 Jüdinnen und Juden in der Bundesrepublik Deutschland. Durch die Zuwanderung aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion wuchs die jüdische Gemeinschaft wieder, seit 1990 sind mehr als 215.000 jüdische Migrantinnen und  Migranten mit ihren Familienangehörigen nach Deutschland gekommen.

Die Bundesregierung und die jüdische Gemeinschaft in Deutschland

Die Bundesregierung fühlt sich der jüdischen Gemeinschaft in besonderer Weise verpflichtet und wendet sich entschieden gegen Tendenzen des Vergessens oder Verschweigens des nationalsozialistischen Völkermordes an den Juden. Sie fördert die gesellschaftlichen Kräfte, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Wurzeln von Antisemitismus und Rassenhass zu beseitigen.

Die Bundesregierung unterstützt Organisationen, die der Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Christen und Juden dienen, u.a. den Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und den Internationalen Rat der Christen und Juden.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Union progressiver Juden

Die größte Vertretung der Jüdinnen und Juden in Deutschland ist der im Jahr 1950 in Frankfurt am Main gegründete Zentralrat der Juden in Deutschland (ZdJ). Er ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und der Dachverband von aktuell 105 Gemeinden. Nach seinem Selbstverständnis ist er für alle Richtungen innerhalb des Judentums offen. Zu den Aufgaben des Zentralrats gehört der Aufbau einer jüdischen Gemeinschaft in Deutschland, die Integration jüdischer Zuwanderinnen und Zuwanderer und die Erhaltung und Pflege des deutsch-jüdischen Kulturerbes. Ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt ist die Förderung von Verständigung und gegenseitiger Achtung zwischen jüdischen und nichtjüdischen Menschen. Darüber hinaus beteiligt sich der Zentralrat aktiv am politischen und gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland und vertritt die jüdischen Interessen gegenüber der Bundesregierung.

Eine weitere wichtige Vereinigung jüdischer Gemeinden in Deutschland ist die liberale Union progressiver Juden (UpJ). Aktuell gehören der UpJ 25 deutsche Gemeinden und Gruppen an. Viele von ihnen sind zugleich ZdJ-Mitglieder. Die Arbeit der UpJ wird ebenfalls von der Bundesregierung unterstützt.

Zusammenarbeit mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland

Die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen der Bundesregierung und dem Zentralrat der Juden in Deutschland wurden am 27. Januar 2003, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, auf eine dauerhafte vertragliche Grundlage gestellt. Durch den Vertrag verpflichtet sich die Bundesregierung, den Zentralrat bei der Erfüllung seiner überregionalen Aufgaben, bei der Erhaltung und Pflege des deutsch-jüdischen Kulturerbes und beim Aufbau der jüdischen Gemeinschaft sowie für seine integrationspolitischen und sozialen Aufgaben finanziell zu unterstützen. Mit der Erklärung des Zentralrats im Vertrag, er sei nach seinem Selbstverständnis für alle Richtungen innerhalb des Judentums offen, ist die Erwartung verbunden, dass die vereinbarten Leistungen der gesamten jüdischen Gemeinschaft zugutekommen. Seit dem Jahr 2023 beträgt diese Leistung 22 Millionen Euro jährlich.

Weitere Förderung gegenwärtigen jüdischen Lebens in Deutschland

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat unterstützt zahlreiche Initiativen und Institutionen zur Stärkung und Sichtbarmachung des jüdischen Lebens in Deutschland, den christlich-jüdischen Dialog und die Bewahrung des jüdischen Kulturerbes. Darüber hinaus fördert es mehrere Bauvorhaben der jüdischen Gemeinschaft, u.a. den Wiederaufbau der Synagoge in Dessau, den Bau einer Jüdischen Akademie in Frankfurt a.M. und die Errichtung des Pears Jüdischen Campus in Berlin.

Aufgrund einer Vereinbarung mit den Ländern und der jüdischen Gemeinschaft aus dem Jahr 1957 trägt der Bund gemeinsam mit den Ländern je zur Hälfte die Kosten für die Sicherung und Betreuung der unter die Vereinbarung fallenden Friedhöfe der ehemaligen jüdischen Gemeinden in Deutschland.

Eine Girlande aus Davidsternen Eine Girlande aus Davidsternen (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Adobe Stock/ Rafael Ben-Ari

Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus

Seit dem 1. Mai 2018 hat Dr. Felix Klein das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus inne, das im Bundesministerium des Innern und Heimat angesiedelt ist. Das Amt wurde auch als Reaktion auf die Zunahme des Antisemitismus in Deutschland eingerichtet.

Aufgabe des Beauftragten ist es, Maßnahmen der Bundesregierung ressortübergreifend zu koordinieren. Darüber hinaus ist er Ansprechpartner für jüdische Gruppen und gesellschaftliche Organisationen sowie Vermittler für die Antisemitismusbekämpfung durch Bund, Länder und Zivilgesellschaft. Darüber hinaus trägt er zur Sensibilisierung der Gesellschaft für aktuelle und historische Formen des Antisemitismus durch Öffentlichkeitsarbeit sowie politische und kulturelle Bildung bei.

Verstärkung von Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen in Deutschland

Nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019 verständigten  sich Bund und Länder am 5. Dezember 2019 darauf, die bisherigen umfangreichen Maßnahmen zum Schutz jüdischen Lebens und zur Bekämpfung des Antisemitismus zu ergänzen.

Die Bundesregierung und der Zentralrat der Juden in Deutschland unterzeichnetendaraufhin am 16. September 2020 eine Annexvereinbarung zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden. Auf deren Grundlage wurde dem Zentralrat ein Bundeszuschuss in Höhe von 22 Millionen Euro gewährt. Der Zentralrat verpflichtete sich, diese Finanzmittel für notwendige bauliche und technische Sicherheitsmaßnahmen an Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen in Deutschland zu verwenden, unabhängig von der Mitgliedschaft der Träger dieser Einrichtungen im Zentralrat. Der Zentralrat wird als bundesweiter Dachverband koordinierend für die einzelnen Einrichtungen im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden tätig. Für den materiellen und personellen Objektschutz sind die Länder zuständig. Die Bundesmittel dienen insofern lediglich der Ergänzung der jeweiligen Landesmittel. Mit der Annexvereinbarung bekräftigt der Bund seinen Anspruch, jeder Form von Antisemitismus als Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung entschlossen entgegenzutreten.

Nach dem bewaffneten Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder die Maßnahmen zum Schutz von Jüdinnen und Juden sowie von jüdischen und israelischen Einrichtungen in Deutschland an die Lage angepasst und, soweit erforderlich, weiter verstärkt.

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