DDR-Zwangsadoptionen: BMI ermöglicht Forschung zu hochsensibler Thematik

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Heimat & Integration

Am 01.07.2022 hat ein interdisziplinäres Forschungsteam mit der Forschung zum Thema "Zwangsadoptionen in der DDR/SBZ in der Zeit von 1945 bis 1989" begonnen. Unter dem Dach des Deutschen Instituts für Heimerziehungsforschung (DIH) arbeiten seitdem Sozialethiker, Erziehungswissenschaftler, Juristen, Psychologen und Medizinhistoriker unterschiedlicher Universitäten und Institute wissenschaftlich zu diesem Thema.

Die Studie

Das BMI stellt für die Studie rund 1 Millionen Euro zur Verfügung und ist für die Sicherung der für die wissenschaftlichen Arbeiten notwendigen Rahmenbedingungen zuständig. Die Laufzeit des Forschungsprojektes ist aktuell bis Ende 2025 vorgesehen. Die Ergebnisse der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden im Anschluss in Form einer sogenannten "Hauptstudie" der Öffentlichkeit präsentiert.

Eine unabhängige Expertenkommission hatte den interdisziplinären Forschungsverbund mit fünf wissenschaftlichen Instituten ausgewählt. Die Unabhängigkeit der Forschenden war ausschlaggebend für die Wahl einer Projektförderung im Zuwendungsverfahren (Grundlage hierfür sind §§ 23, 44 der Bundeshaushaltsordnung mit den entsprechenden Verwaltungsvorschriften). Dies sichert die freie und autarke Ausübung der wissenschaftlichen Arbeiten und unterstreicht den gesamtgesellschaftlichen Auftrag, das Thema ohne Einflussnahme und orientiert an international geltenden wissenschaftlichen Standards umzusetzen.

Die Forschungsarbeiten

Logos der Zentralen Auskunfts- und Vermittlungsstelle

Seit dem 1. Juli 2022 ist das Forschungsteam unter der Federführung des Deutschen Instituts für Heimerziehungsforschung (DIH) – An-Institut der Evangelischen Hochschule Berlin – an der Umsetzung des Forschungsauftrages im Einsatz. Die Halbzeit der Laufzeit des Forschungsprojektes ist inzwischen erreicht. Der Abschluss der wissenschaftlichen Arbeiten ist nach einer Verlängerung um sechs Monate durch das DIH kostenneutral bis Ende 2025 geplant. Seit Beginn fanden inzwischen vier Fachtage vor jeweils geladenem Fachpublikum statt. Dabei wurde der jeweils aktuelle Forschungsstand präsentiert und im offenen, wissenschaftlichen Diskurs erörtert.

Von der Petition zum Bundestagsbeschluss - Historischer Rückblick:

Die Suche nach Antworten auf die Frage nach politisch motivierter Kindeswegnahme in der DDR stellt eine komplexe und hochsensible Aufgabe im Gesamtkontext von Aufarbeitung von SED-Unrecht dar.

Der Begriff "Zwangsadoption in der DDR" sorgte in den 70er Jahren durch einschlägige Artikel im Wochenmagazin "Der Spiegel" für Aufsehen. Seitdem erscheint dieser Ausdruck bis heute immer wieder in den Medien auf, ohne fundierte wissenschaftliche Definition hierfür. Bis dieses Thema als gesamtgesellschaftlicher Auftrag zur Aufarbeitung von SED-Unrecht angenommen wurde, ist erhebliche Zeit vergangen.

Nach dem Abschluss der Vorstudie des ZZF und einer Petition einer Interessengemeinschaft aus dem Jahr 2018 nahm sich der Deutsche Bundestag der Thematik an. Am 25. Juni 2018 fand daraufhin eine Expertenanhörung statt, in der eine "klaffende Aufarbeitungslücke" festgestellt wurde. Es wurden dort u. a. die Autoren und Verfasser der Vorstudie des ZZF gehört.

Dies mündete in einen parteiübergreifenden Bundestagsbeschluss. Die Umsetzung liegt im Verantwortungsbereich des BMI.

Adoptionsurkunde aus DDR-Beständen

Der Bundestagsbeschluss

Die Umsetzung

Die Betroffenen im Blick:

Auf Basis des BT-Beschlusses wurde die Zentrale Auskunfts- und Vermittlungsstelle (ZAuV) im Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV), einer Bundesbehörde des BMI, eingerichtet. Auf deren Webseite erhalten Interessierte umfangreiche Informationen zur Thematik und zum Forschungsprojekt.

Die ZAuV ist insbesondere die zentrale Anlaufstelle für Menschen, die den Verdacht hegen, dass eine in der DDR durchgeführte „Annahme an Kindes Statt“ – also Adoption – aus politischen und nicht aus fürsorgerischen Gründen erfolgt sei. Die ZAuV zeigt Möglichkeiten für zielgerichtete, auf den Einzelfall abgestimmte Recherchen sowie passgenaue Beratungsangebote bei den bestehenden Behörden und Einrichtungen auf.

Sie hat somit eine "Lotsenfunktion“ inne und vermittelt bei Anfragen zu den geeigneten Ansprechpartnerinnen und -partnern. Hier finden sich auch aktuelle Informationen unter der Rubrik "Aktuelles", wie z. B. eine "Zwischenbilanz“ mit Einblick in die bisherigen Tätigkeiten des Forschungsverbundes.

Ausblick auf die Zukunft:

Die Laufzeit des Forschungsprojektes endet voraussichtlich zum Ende des Jahres 2025 mit darauf folgender Veröffentlichung der Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeiten – „Hauptstudie“ – in der Öffentlichkeit.

Auf Grundlage dieser Forschungsergebnisse wird die Projektgruppe zur Aufarbeitung DDR-Zwangsadoption (PG DZA) des BMI, unter Einbeziehung der verschiedenen Interessenvertretungen zu den noch offenen Punkten des Bundestagsbeschlusses (BT-Drucksache 19/11091) konkrete Lösungsvorschläge erarbeiten. Zudem werden Überlegungen anzustrengen sein, welche Wege grundsätzlich zu diesem Themenkomplex in Zukunft beschritten werden sollen.

Stand: 29.10.2024

Verwandte Themen

  • Staat und Religion

    Christliche Kirchen - Islam in Deutschland - Jüdische Gemeinschaft in Deutschland - Körperschaftsstatus - Religionsverfassungsrecht - Verträge mit Religionsgemeinschaften

  • Nationale und deutsche Minderheiten

    Deutsche Minderheiten - Institutionen, Gremien und Gesprächsformate - Minderheitenrecht - Nationale Minderheiten in Deutschland

  • Kriegsfolgen

    Kriegsfolgenrecht - Spätaussiedler

  • Netzwerk Sport und Politik

    Sport und Politik haben im Januar 2011 die gemeinsame Initiative "Foul von Rechtsaußen – Sport und Politik verein(t) gegen Rechtsextremismus" gestartet.