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Am 01.07.2022 hat ein interdisziplinäres Forschungsteam mit der Forschung zum Thema "Zwangsadoptionen in der DDR/SBZ in der Zeit von 1945 bis 1989" begonnen. Unter dem Dach des Deutschen Instituts für Heimerziehungsforschung (DIH) arbeiten seitdem Sozialethiker, Erziehungswissenschaftler, Juristen, Psychologen und Medizinhistoriker unterschiedlicher Universitäten und Institute wissenschaftlich zu diesem Thema.
Die Studie
Das BMI stellt für die Studie rund 1 Millionen Euro zur Verfügung und ist für die Sicherung der für die wissenschaftlichen Arbeiten notwendigen Rahmenbedingungen zuständig. Die Laufzeit des Forschungsprojektes ist aktuell bis Ende 2025 vorgesehen. Die Ergebnisse der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden im Anschluss in Form einer sogenannten "Hauptstudie" der Öffentlichkeit präsentiert.
Die Grundlage
Grundlage für die Auswahl war eine Vor- bzw. Machbarkeitsstudie mit dem Thema "Dimensionen und wissenschaftliche Nachprüfbarkeit politischer Motivation in DDRAdoptionsverfahren 1966-1990", die im Januar 2017 durch den Beauftragten der Bundesregierung für die Neuen Bundesländer, beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Kooperation mit dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg (MBJS) beim Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) beauftragt und im Juli 2017 fertiggestellt wurde.
Eine unabhängige Expertenkommission hatte den interdisziplinären Forschungsverbund mit fünf wissenschaftlichen Instituten ausgewählt. Die Unabhängigkeit der Forschenden war ausschlaggebend für die Wahl einer Projektförderung im Zuwendungsverfahren (Grundlage hierfür sind §§ 23, 44 der Bundeshaushaltsordnung mit den entsprechenden Verwaltungsvorschriften). Dies sichert die freie und autarke Ausübung der wissenschaftlichen Arbeiten und unterstreicht den gesamtgesellschaftlichen Auftrag, das Thema ohne Einflussnahme und orientiert an international geltenden wissenschaftlichen Standards umzusetzen.
Der Forschungsauftrag
Erforschung von Bedeutung, Umfang und historischer Dimension von politisch motivierten Adoptionsverfahren im Unrechtsstaat der SED-Diktatur
Aufarbeitung der Umstände diesbezüglicher Vorgänge
Herauskristallisierung der verschiedenen Definitionen des Begriffs "Zwangsadoption" und deren wissenschaftlichen Überprüfung zur Entwicklung einer verbindlichen Definition
Klärung der Frage, ob im Rahmen von Adoptionsverfahren in der DDR ein systembedingtes Vorgehen nachzuweisen ist.
Die Forschungsarbeiten
Seit dem 1. Juli 2022 ist das Forschungsteam unter der Federführung des Deutschen Instituts für Heimerziehungsforschung (DIH) – An-Institut der Evangelischen Hochschule Berlin – an der Umsetzung des Forschungsauftrages im Einsatz. Die Halbzeit der Laufzeit des Forschungsprojektes ist inzwischen erreicht. Der Abschluss der wissenschaftlichen Arbeiten ist nach einer Verlängerung um sechs Monate durch das DIH kostenneutral bis Ende 2025 geplant. Seit Beginn fanden inzwischen vier Fachtage vor jeweils geladenem Fachpublikum statt. Dabei wurde der jeweils aktuelle Forschungsstand präsentiert und im offenen, wissenschaftlichen Diskurs erörtert.
Von der Petition zum Bundestagsbeschluss - Historischer Rückblick:
Die Suche nach Antworten auf die Frage nach politisch motivierter Kindeswegnahme in der DDR stellt eine komplexe und hochsensible Aufgabe im Gesamtkontext von Aufarbeitung von SED-Unrecht dar.
Der Begriff "Zwangsadoption in der DDR" sorgte in den 70er Jahren durch einschlägige Artikel im Wochenmagazin "Der Spiegel" für Aufsehen. Seitdem erscheint dieser Ausdruck bis heute immer wieder in den Medien auf, ohne fundierte wissenschaftliche Definition hierfür. Bis dieses Thema als gesamtgesellschaftlicher Auftrag zur Aufarbeitung von SED-Unrecht angenommen wurde, ist erhebliche Zeit vergangen.
Nach dem Abschluss der Vorstudie des ZZF und einer Petition einer Interessengemeinschaft aus dem Jahr 2018 nahm sich der Deutsche Bundestag der Thematik an. Am 25. Juni 2018 fand daraufhin eine Expertenanhörung statt, in der eine "klaffende Aufarbeitungslücke" festgestellt wurde. Es wurden dort u. a. die Autoren und Verfasser der Vorstudie des ZZF gehört.
Dies mündete in einen parteiübergreifenden Bundestagsbeschluss. Die Umsetzung liegt im Verantwortungsbereich des BMI.
Der Bundestagsbeschluss
Der Bundestag beauftragte die Bundesregierung mit der Umsetzung folgender Punkte:
das Leid der Betroffenen von Zwangsadoptionen in der ehemaligen SBZ/DDR als politische Opfer anzuerkennen. Dafür ist es erforderlich, auf den Forschungsarbeiten aufsetzend eine aussagekräftige und vor allem realitätsnahe Definition des Begriffs der Zwangsadoption zu schaffen,
eine zentrale Vermittlungsstelle auf Bundesebene einzurichten. Leibliche Eltern und mögliche zwangsadoptierte Kinder sollen sich an diese Stelle wenden können. Vorbild dafür soll die 1993 beim Berliner Senat gebildete Clearingstelle sein. Die Aufgabenbestimmung der Vermittlungsstelle verlangt nach einer sachgerechten Bestimmung der zu untersuchenden Fälle, (zur Webseite der ZAuV)
unter Einbeziehung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) eine datenschutzkonforme DNA-Datenbank einzurichten. Unter Berücksichtigung der Sensibilität der Daten ist eine verhältnismäßige Ausgestaltung notwendig, um auch in denjenigen Fällen, in denen Unterlagen nicht oder nicht mehr vorhanden sind, eine Aufklärung zu ermöglichen. Insbesondere sollen sich leibliche Eltern, deren Kind zwischen 1945 und 1990 zwangsadoptiert worden ist oder die fürchten, dass ihnen ein angeblich verstorbenes Kind entzogen worden ist, auf freiwilliger Basis registrieren lassen können. Möglicherweise adoptierte Kinder sollen sich ebenfalls in der Datenbank erfassen lassen können. Es soll ein Internetportal geschaffen werden, in dem die Geburtsdetails der vermissten Kinder verzeichnet werden können, um auf diese Weise einen niedrigschwelligen Zugang zu ermöglichen,
zu prüfen, inwieweit die bestehenden rechtlichen Grundlagen für die Betroffenen von Zwangsadoptionen in der ehemaligen SBZ/DDR, insbesondere zwangsweise adoptierte Kinder und deren leiblichen Eltern, verbessert werden können. Die Umstände der Adoption sind im Rahmen von Forschungen aufzuarbeiten. Dazu gehören der dauerhafte Erhalt der Akten und die Akteneinsicht, (weiterführende Infos),
die wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema durch erforderliche Gesetzesänderungen zu ermöglichen, (Informationen zu den im Vorfeld der Forschungsarbeiten erfolgten Gesetzesänderungen,
die Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema zu stärken.
Die Umsetzung
Die Umsetzung der aus dem Bundestagsbeschluss generierten Aufgaben an die Bundesregierung erforderte verwaltungsinterne Umstrukturierungen, wie die folgende Übersicht zeigt:
Errichtung der unselbständigen Projektgruppe „Aufarbeitung DDR-Zwangsadoptionen“ (PG DZA), angesiedelt im Referat HI8.
Erstellung des Projektplans für die zeitliche Abfolge der im BT-Beschluss aufgelisteten Aufträge.
Wegbereitung für die Forschung: Gesetzesänderungen zur Sicherung von Aktenzugang für die künftigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Die Regelung des Zugangs zu den Adoptionsvermittlungsakten zu Forschungszwecken (§ 9d Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AdVermiG a.F.; § 9 e Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AdVermiG n.F.), wurde ergänzt hinsichtlich Zugang zu den besonders geschützten Sozialdaten der Betroffenen in den Akten der DDR- Jugendhilfe u. a. im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz - KJSG - im Juni 2021.
Konzipierung und Errichtung einer zentralen Auskunfts- und Vermittlungsstelle (ZAuV) s. u., die angesiedelt wird beim BADV.
Konzipierung und Durchführung der Ausschreibung eines Interessenbekundungsverfahrens für eine Hauptstudie zum Thema.
Erlass des Zuwendungsbescheides durch die ZAuV im BADV nach Auswahl einer Forschungseinrichtung durch ein unabhängiges Expertengremium
Begleitende Öffentlichkeitsarbeit
Die Betroffenen im Blick:
Auf Basis des BT-Beschlusses wurde die Zentrale Auskunfts- und Vermittlungsstelle (ZAuV) im Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV), einer Bundesbehörde des BMI, eingerichtet. Auf deren Webseite erhalten Interessierte umfangreiche Informationen zur Thematik und zum Forschungsprojekt.
Die ZAuV ist insbesondere die zentrale Anlaufstelle für Menschen, die den Verdacht hegen, dass eine in der DDR durchgeführte „Annahme an Kindes Statt“ – also Adoption – aus politischen und nicht aus fürsorgerischen Gründen erfolgt sei. Die ZAuV zeigt Möglichkeiten für zielgerichtete, auf den Einzelfall abgestimmte Recherchen sowie passgenaue Beratungsangebote bei den bestehenden Behörden und Einrichtungen auf.
Sie hat somit eine "Lotsenfunktion“ inne und vermittelt bei Anfragen zu den geeigneten Ansprechpartnerinnen und -partnern. Hier finden sich auch aktuelle Informationen unter der Rubrik "Aktuelles", wie z. B. eine "Zwischenbilanz“ mit Einblick in die bisherigen Tätigkeiten des Forschungsverbundes.
Ausblick auf die Zukunft:
Die Laufzeit des Forschungsprojektes endet voraussichtlich zum Ende des Jahres 2025 mit darauf folgender Veröffentlichung der Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeiten – „Hauptstudie“ – in der Öffentlichkeit.
Auf Grundlage dieser Forschungsergebnisse wird die Projektgruppe zur Aufarbeitung DDR-Zwangsadoption (PG DZA) des BMI, unter Einbeziehung der verschiedenen Interessenvertretungen zu den noch offenen Punkten des Bundestagsbeschlusses (BT-Drucksache 19/11091) konkrete Lösungsvorschläge erarbeiten. Zudem werden Überlegungen anzustrengen sein, welche Wege grundsätzlich zu diesem Themenkomplex in Zukunft beschritten werden sollen.
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