Aufarbeitung der Nachkriegsgeschichte beider deutscher Innenministerien
Artikel Ministerium
Nachkriegsvergangenheit des Bundesministeriums des Innern und des Ministeriums des Innern der DDR
Die Innenministerien waren in der Bundesrepublik und in der DDR für Schlüsselbereiche von Politik und Verwaltung zuständig. Das Bundesministerium des Innern (BMI) prägte die Bundesrepublik als Verfassungs- und Verwaltungsministerium und als zentrale Institution für Sicherheits-, Gesundheits- und Kulturfragen. Dem Ministerium des Innern der DDR (MdI) unterstanden alle bewaffneten Einheiten sowie die wissenschaftlichen Dienste und die zivile Verwaltung mit Zuständigkeit für die gesamte staatliche Personalpolitik. Beide Ministerien formten maßgebliche Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in der jungen Bundesrepublik und der DDR.
Auch beim Aufbau einer neuen Ministerialverwaltung im Jahre 1949 kamen dem Bundesministerium des Innern in Westdeutschland und dem Ministerium des Innern der DDR Schlüsselrollen zu.
Start des Aufarbeitungsprojekts 2014
Doch wie stand es um die Nachkriegsvergangenheit des Bundesministeriums des Innern und des Ministeriums des Innern der DDR? Welche Personen prägten die Innenpolitik in den Nachkriegsjahren? Welchen Werten und Einstellungen waren sie verbunden? Welche Erfahrungen und Denkweisen brachten sie in ihre tägliche Arbeit ein? Welche Bezüge hatten sie zur Zeit des Nationalsozialismus? Und welche Auswirkungen hatte dies alles auf die Politik in den beiden neuen deutschen Staaten?
Um dieser Frage nachzugehen, rief der Bundesminister des Innern a. D., Dr. Thomas de Maizière, im Dezember 2014 das Projekt zur "Aufarbeitung der Nachkriegsgeschichte des Bundesministeriums des Innern und des Ministerium des Innern der DDR hinsichtlich möglicher personeller und sachlicher Kontinuitäten zur NS-Zeit" ins Leben.
Vorstudie und Hauptstudie
Das Projekt wird vom Institut für Zeitgeschichte München – Berlin und dem Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam durchgeführt. Unter Leitung der beiden Direktoren Prof. Dr. Andreas Wirsching und Prof. Dr. Frank Bösch untersuchen sechs Postdoktoranden und zwei Doktoranden das Bundesministerium des Innern und das Ministerium des Innern der DDR erstmals systematisch.
Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit sich gegenüber der Zeit des Nationalsozialismus personelle und politische Kontinuitäten oder Wandlungsprozesse ausmachen lassen. Das Forschungsprojekt vertritt dabei einen vergleichenden Ansatz. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich auf die Nachkriegszeit zwischen 1949 und 1970. Ein wissenschaftlicher Beirat bestehend aus renommierten Forscherinnen und Forschern berät und begleitet das Projekt mit seiner Expertise.
Eine Vorstudie wurde im November 2015 veröffentlicht. Für diese wurden über 1100 Biographien leitender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Ministerien untersucht.
Die Ergebnisse der Hauptstudie wurden im Juni 2018 in Buchform unter dem Titel "Hüter der Ordnung - Die Innenministerien in Bonn und Ost-Berlin nach dem Nationalsozialismus" veröffentlicht und auf einer Veranstaltung im BMI präsentiert. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse finden Sie hier.
Es sind weitere Monographien und Aufsätze zu verschiedenen Schwerpunktthemen geplant.
Nähere Informationen dazu, sowie zum Projekt allgemein, können Sie auf der Webseite des Forschungsteams abrufen.
Die virtuelle Ausstellung
Gefördert vom BMI haben sich außerdem Studierende über ein Jahr lang mit den Ergebnissen des Projekts auseinandergesetzt. Mit "Kontinuitäten, Brüche, Neuanfang - Umgang mit dem Nationalsozialismus in den beiden deutschen Innenministerien 1949 bis 1970" haben sie in enger Kooperation mit dem Forschungsteam eine virtuelle Ausstellung zu dem Projekt entworfen. Die virtuelle Ausstellung soll die Ergebnisse des Projekts fachwissenschaftlich abgesichert und gleichzeitig verständlich und anschaulich auch Fachfremden näher bringen.