Seehofer stellt Verfassungsschutzbericht 2019 vor

Typ: Pressemitteilung , Datum: 09.07.2020

Wachsam und wehrhaft zum Schutz von Freiheit und Sicherheit

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat heute gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2019 vorgestellt. Anders als in den letzten beiden Jahren ist die Zahl der politisch motivierten Straftaten 2019 wieder angestiegen. Bei der diesjährigen Zunahme um 14,2 % handelt es sich um den zweithöchsten Wert seit Einführung der Statistik im Jahr 2001. Rechtsmotivierte Delikte machen mit 54,3 % weiterhin mehr als die Hälfte aller registrierten Straftaten aus. Politisch rechtsmotivierte Straftaten sind um 9,4 % gestiegen. Auch bei der Hasskriminalität ist erneut ein Anstieg zu verzeichnen, ebenso wie bei den rechtsmotivierten fremden- und islamfeindlichen Straftaten.

Bundesinnenminister Horst Seehofer: "Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist derzeit die größte sicherheitspolitische Herausforderung in Deutschland. Dem stellen wir uns entschieden entgegen: Die Bundesregierung hat so viele Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus eingeleitet, wie keine Regierung zuvor. Auch die gesteigerte Gewaltbereitschaft im Linksextremismus und die weiterhin hohe Bedrohungslage durch den islamistischen Terrorismus behalten wir im Blick. Wir sind weiterhin wachsam und wehrhaft."

Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang: "Die gestiegene Gewaltbereitschaft in allen Extremismusbereichen erfordert eine intensive Bearbeitung durch den Verfassungsschutz. Nicht nur im Rechtsextremismus, sondern auch im Linksextremismus stellen wir eine gesteigerte enthemmte Gewalt fest und im islamistischen Terrorismus bleibt die Bedrohungslage für Deutschland auf einem hohen Niveau angespannt. Aber auch sicherheitsgefährdende Aktivitäten fremder Mächte haben im letzten Jahr an Brisanz gewonnen."

Eine Hand greift von einem Stapel nach einem Exemplar des Verfassungsschutzberichts. Eine Hand greift von einem Stapel nach einem Exemplar des Verfassungsschutzberichts. (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Henning Schacht

Das rechtsextremistische Personenpotenzial belief sich Ende des Jahres 2019 auf insgesamt 32.080 Personen (2018: 24.100). Damit ist ein neuer Höchststand erreicht. Weiterhin auf einem Höchststand ist auch die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten mit 13.000 Personen. In Verbindung mit der hohen Waffenaffinität des rechtsextremistischen Spektrums sind diese Zahlen bedenklich.

Im Bereich des Antisemitismus wurden den Sicherheitsbehörden im Berichtsjahr 2.032 Straftaten (+13 %) gemeldet. Mehr als die Hälfte davon machen Volksverhetzungen (56,7 %) aus, häufig im Internet, das als Propaganda- und Kommunikationsinstrument zur Verbreitung antisemitischer Ideologie genutzt wird. Wie in den Vorjahren waren diese Straftaten weit überwiegend dem Rechtsextremismus zuzuordnen (93,4 %). Der Antisemitismus bleibt ein wichtiges Ideologieelement in den meisten Spektren des Rechtsextremismus und ist auch tief im rechtsextremistischen Parteienbereich verwurzelt.

Deutschlandweit sind der Szene der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" im Jahr 2019 unverändert etwa 19.000 Personen zuzurechnen. Bei rund 950 von ihnen handelt es sich um Rechtsextremisten. Die hohe Waffenaffinität stellt nach wie vor ein erhöhtes Gefährdungspotential dar. Seit 2016 sind ca. 800 waffenrechtliche Erlaubnisse von Szeneangehörigen entzogen worden.

Das Personenpotential der linksextremistischen Szene ist im vergangenen Jahr weiter um 4,7 % auf insgesamt 33.500 Personen gestiegen. Davon sind 9.200 als gewaltorientiert einzuschätzen, jeder vierte Linksextremist. Es ist zu beobachten, dass die Hemmschwelle im linksextremistischen Spektrum, Gewalttaten zu verüben, zu sinken scheint und die Bereitschaft, lebensgefährliche Verletzungen ihrer Opfer in Kauf zu nehmen, gleichzeitig steigt. Dies zeigte sich anhand zweier versuchter Tötungsdelikte in 2019 sowie eines Angriffs auf eine Immobilienmaklerin in ihrer Privatwohnung.

Die Gefahr durch islamistische Terrorismus in Deutschland und Europa ist nach wie vor sehr hoch. Die Bundesrepublik steht unverändert im Blickfeld dschihadistischer Organisationen. Im vergangenen Jahr konnten erneut islamistisch motivierten Anschläge verhindert werden.

Deutschland befindet sich weiterhin im Fokus zahlreicher ausländischer Nachrichtendienste. Gerade in Krisenzeiten gewinnt die Beobachtung verstärkt initiierter Desinformation und Propaganda ausländischer staatlicher Stellen und staatsnaher Medien an Bedeutung Mit der voranschreitenden Digitalisierung und Vernetzung unserer Gesellschaft verschärft sich auch die Bedrohungslage durch Cyberspionage und Cybersabotage. Auch deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind aufgrund ihres Know-hows weiterhin für fremde Staaten und deren Nachrichtendienste interessant.

Den Verfassungsschutzbericht 2019 finden Sie hier:

Der Platz vor dem Dienstgebäude am Moabiter Werder

Bundesministerium des Innern und für Heimat
Alt-Moabit 140
10557 Berlin